Vampirmelodie
sie Bon Temps auf der Suche nach Spuren von Barry durchkämmen wollten. Es war irgendwie schön, mal wieder einen Morgen für mich zu haben und nur für mich allein Frühstück zu machen. Es war Montag, und Sam hatte angerufen, um mir Bescheid zu sagen, dass Holly für mich einspringen würde. Ich hatte zu protestieren begonnen, dass ich arbeiten könnte, aber zum Schluss sagte ich einfach nur: »Danke.« Ich wollte keine Fragen über die Schießerei beantworten. Am besten würde ich noch eine Woche abwarten, bis die Aufregung abgeklungen war.
Ich wusste genau, was ich tun wollte. Ich zog meinen schwarz-weißen Bikini an, rieb ich mich mit Sonnenlotion ein und ging mit einer Sonnenbrille auf der Nase und einem Buch in der Hand nach draußen. Sicher, es war heiß, richtig heiß, und der blaue Himmel war nur mit ein paar zufälligen Wolken dekoriert. Insekten brummten und summten, und im Stackhouse-Garten blühten und gediehen Blumen und Früchte und alle möglichen Arten von Pflanzen. Es war wie in einem botanischen Garten, nur dass es keinen Gärtner gab, der den Rasen mähte.
Ich entspannte mich auf meinem alten Liegestuhl und sog die warme Sonne in mich auf. Nach fünf Minuten drehte ich mich um.
Da das Hirn immer schwer damit beschäftigt ist, einen davon abzuhalten, hundertprozentig zufrieden zu sein, kam mir plötzlich die Idee, dass es doch nett wäre, wenn ich meinen iPod dahätte, ein verspätetes Geburtstagsgeschenk von mir an mich. Doch den hatte ich im Spind im Merlotte’s liegen gelassen. Statt hineinzugehen und das alte Radio zu holen, lag ich da und ärgerte mich über das Fehlen meines iPods. Ich dachte: Wenn ich einfach ins Auto springe, kann ich in spätestens zwanzig Minuten schon wieder hier liegen und Musik hören. Nachdem ich ein paar Mal »Verdammt noch mal« vor mich hin gemurmelt hatte, lief ich schließlich ins Haus, streifte eine ärmellose hauchdünne Tunika über und knöpfte sie zu, schlüpfte in meine Flipflops und griff nach meinen Schlüsseln. Wie so oft kam mir auf meinem Weg ins Merlotte’s nicht ein einziges Auto entgegen. Sams Pick-up stand bei seinem Wohnwagen, aber er brauchte sicher genauso dringend etwas Ruhe und Erholung wie ich, dachte ich, und so ging ich nicht hin. Ich machte die Hintertür der Bar auf und ging zu meinem Spind. Mir begegnete niemand auf meinem Weg, und dem leisen Geräuschpegel und den wenigen Autos auf dem Parkplatz nach zu schließen, war dies ein ziemlich gemächlicher Tag. Nach kaum einer Minute war ich schon wieder draußen.
Ich hatte meinen iPod durchs offene Autofenster geworfen und wollte eben die Tür öffnen, als jemand sagte: »Sookie? Was machst du denn hier?«
Als ich mich umdrehte, entdeckte ich Sam. Er stand in seinem Garten, wo er Äste und Blätter zusammenharkte und sich gerade von seiner Arbeit aufgerichtet hatte.
»Ich hab meinen iPod geholt«, sagte ich. »Und du?«
»Der Regen hat einiges von den Bäumen runtergeholt, und heute hab ich endlich mal Zeit, es wegzuschaffen.« Er trug kein Hemd, und die rotblonden Härchen auf seinerBrust leuchteten hell im Sonnenlicht. Er schwitzte natürlich, aber er wirkte entspannt und friedfertig.
»Wie kommt’s, dass deine Schulter so gut aussieht?«, fragte er mit einem Nicken in meine Richtung.
»Pam war da«, erzählte ich. »Sie feiert ihre Ernennung zum Sheriff.«
»Na, das ist doch mal eine gute Neuigkeit«, sagte er auf dem Weg zu seiner Abfalltonne, in die er den Armvoll Laub fallen ließ. Ich sah meine Schulter an. Es waren immer noch rote Dellen zu sehen, und die Haut war dünn, doch die Wunde war ungefähr zwei Wochen weiter, als sie hätte sein sollen. »Mit Pam hast du dich ja immer gut verstanden.«
Ich ging hinüber zu seiner Hecke. »Ja, endlich mal eine gute Neuigkeit. Hmmm … deine Hecke sieht so hübsch und gleichmäßig aus.«
»Ich hab sie gerade etwas gestutzt«, sagte er verlegen. »Ich weiß, dass die Leute drüber lachen.«
»Sieht großartig aus«, versicherte ich ihm. Sam hatte aus seinem Wohnwagen ein richtiges Stückchen schmucke Vorstadt gemacht.
Ich ging durch die Pforte in der Hecke, meine Flipflops schlappten auf den Steinen, die Sam zu einem Weg angeordnet hatte. Er lehnte die Harke an den einzigen Baum in seinem Garten, eine kleine Eiche. Ich sah ihn etwas genauer an. »Du hast da was im Haar«, sagte ich, und er neigte den Kopf zu mir herunter. Sein Haar war immer ein so wildes Gewirr, dass er von selbst bestimmt nie gespürt hätte, dass etwas
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