Vampirmelodie
gelesen, aber ich hatte es eben erfahren. Ich wollte nicht alles genauestens erklären. Andy flippte immer ziemlich aus, wenn er daran erinnert wurde, wozu ich fähig war. »Aber ich weiß nicht, wen sie gemeint hat.«
»Weißt du, wo ihre Kinder sind?«, fragte Andy.
»Ja, das weiß ich.« Ich freute mich, noch mehr beitragen zu können. »Arlene sagte, sie hätten bei Chessie und Brock Johnson gelebt. Kennst du die? Sie wohnen neben dem Haus, wo Tray Dawson seine Reparaturwerkstatt hatte.«
Andy nickte. »Sicher. Aber warum denn bei den Johnsons?«
»Chessie ist eine geborene Fowler. Sie ist mit dem Vater der Kinder, Rick Fowler, verwandt. Deshalb hat Arlenes Freundin Helen die Kinder dort abgeliefert.«
»Und Arlene hat sie nicht abgeholt, als sie rausgekommen ist?«
»Das weiß ich nicht. Es klang nicht so, als wären sie bei ihr gewesen. Aber wir haben auch nicht gerade nett geplaudert. Ich habe mich nicht gefreut, sie zu sehen. Sie hat sich nicht gefreut, mich zu sehen. Sie dachte wohl, sie könnte mit Sam sprechen.«
»Wie oft war sie verheiratet?« Andy ließ sich endlich in einen von Sams Aluklappstühlen fallen, zog ein Taschentuch heraus und wischte sich über die Stirn.
»Nun. Hmm«, begann ich. »Mit John Morgan war sie ungefähr zehn Minuten zusammen, aber das hat sie nie gezählt. Dann Rene Lenier. Dann Rick Fowler, dann Doak Oakley, und dann wieder Rick. Jetzt weißt du alles, was ich weiß, Andy.«
Andy war nicht zufrieden damit, was ich schon erwartethatte. Also gingen wir das Gespräch, das ich mit Arlene geführt hatte, noch einmal von hinten bis vorne durch.
Ich warf Sam einen verzweifelten Blick zu, als Andy auf seine Notizen hinuntersah. Meine Geduld war so langsam aufgebraucht. Sam warf ein: »Warum war Arlene überhaupt draußen, Andy? Ich dachte, sie würde jahrelang in einer Zelle hocken!«
Vor Verlegenheit lief Andys Gesicht sogar noch röter an als wegen der Hitze. »Sie hat irgendwo einen guten Anwalt aufgetrieben, und der hat einen Antrag gestellt, sie vor der formalen Verurteilung auf Kaution rauszulassen. Er wies den Richter darauf hin, dass sie Mutter sei, quasi eine Heilige, die sich um ihre Kinder kümmern müsse. Er sagte: ›Oh, nein, sie war an dem Plan zum Mord nicht beteiligt, sie wusste nicht mal, dass er durchgeführt werden sollte.‹ Er hat quasi geheult. Die arme Arlene hatte doch gar nicht begriffen, dass ihre scheiß Freunde vorhatten, Sookie zu ermorden. Natürlich nicht. «
» Meine Ermordung«, sagte ich und richtete mich auf. »Der Mord an mir . Nur, weil sie nicht vorhatte, persönlich einen Nagel einzuschlagen …« Ich hielt inne und holte einmal tief Luft. »Okay, sie ist tot. Ich hoffe, der Richter freut sich jetzt darüber, dass er so viel Mitleid mit ihr hatte.«
»Du klingst ziemlich wütend, Sookie«, sagte Andy.
»Natürlich bin ich wütend«, schnauzte ich. »Das wärst du auch. Aber ich bin nicht mitten in der Nacht hergekommen und habe sie umgebracht.«
»Woher weißt du, dass es mitten in der Nacht war?«
»Tja, dir kann ich nichts verheimlichen, Andy«, sagte ich. »Jetzt hast du mich erwischt.« Ich holte noch mal tief Luft und mahnte mich selbst zur Geduld. »Ich weiß, dass es mitten in der Nacht passiert sein muss, weil das Merlotte’s bis Mitternacht geöffnet ist … und ich glaube nicht,dass irgendwer Arlene ermordet und in den Müllcontainer geworfen hätte, während die Bar noch voller Gäste war und die Köche in der Küche gearbeitet haben, Andy. Zu dem Zeitpunkt, als die Bar schloss, lag ich schlafend in meinem Bett, und da bin ich auch geblieben.«
»Oh, du hast also einen Zeugen?« Andy grinste süffisant. Es gab Tage, da mochte ich Andy mehr als an anderen. Heute war keiner von diesen Tagen.
»Ja«, sagte ich. »Hab ich.«
Andy wirkte leicht schockiert, und Sams Gesicht blieb auffällig ausdruckslos. Aber ich selbst war ziemlich froh, dass ich einen oder auch zwei nächtliche Besucher gehabt hatte. Ich hatte gewusst, dass dieser Augenblick kommen würde, während ich schwitzend dasaß und darauf wartete, dass Arlenes Leiche abtransportiert wurde. Ich hatte es gut durchdacht. Eric hatte zwar gesagt, dass sein Besuch ein Geheimnis bleiben sollte, aber von Karin war nicht die Rede gewesen.
»Wer ist dein Zeuge?«, fragte Andy.
»Eine … Frau namens Karin. Karin Schlächter.«
»Hast du etwa das Lager gewechselt, Sookie? Ist sie die ganze Nacht geblieben?«
»Es geht dich gar nichts an, was wir getan haben, Andy.
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