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Vampirmelodie

Vampirmelodie

Titel: Vampirmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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lang an, und ich spürte den Konflikt in seinem Inneren. Wäre ein Feuerwerk aus seinem Kopf hervorgeschossen, er hätte nicht stärker strahlen können. Doch dann verfinsterte sich seine Miene, und er wandte mir den Rücken zu und begann wie wild, eins der Gläser zu polieren. Ich wunderte mich nur, dass es nicht in seinen Händen zersprang.
    Zu behaupten, ich war verletzt und verblüfft, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Sam auf mich wütend war, weil ich verhaftet worden war; er war über irgendetwas anderes wütend. Alle anderen in der Bar und mindestens sechs der Gäste umarmten mich, nur Sam mied mich, als wäre ich der Ansteckungsherd einer gefährlichen Krankheit.
    »Das Gefängnis ist kein Bazillus«, sagte ich säuerlich, als ich zum dritten Mal an ihm vorbei zur Küchendurchreiche ging, um fertige Bestellungen abzuholen. Sam hatte sich abgewandt und studierte die Liste mit den Notfallnummern, so als würde dort irgendeine neue Information stehen, die er in den nächsten fünf Minuten auswendig lernen musste.
    »Ich … ich weiß«, erwiderte er und verkniff sich, was immer er hatte sagen wollen. »Schön, dass du wieder da bist.« An Norr kam, um einen Krug Bier zu holen, und das setzte unserem Gespräch ein vorzeitiges Ende … wenn man unseren Wortwechsel denn ein Gespräch nennen konnte. Ich tat meine Arbeit, kochte aber innerlich. Nicht zum ersten Mal hätte ich zu gern gewusst, was Sam dachte. Doch ich konnte nur spüren, dass seine Gedanken dunkel und frustriert waren.
    Da waren wir schon zwei.
    Positiv war, dass die Gäste der Bar sich nichts anmerkenließen, selbst wenn sie sich davor fürchteten, von einer Frau bedient zu werden, die wegen Mordes verhaftet worden war. Okay, sie waren an Kennedy Keyes gewöhnt, die nicht nur wegen des Todschlags an ihrem gewalttätigen Exfreund verhaftet worden war, sondern den Todschlag tatsächlich begangen und auch die Gefängnisstrafe dafür abgesessen hatte.
    Sam hatte quasi ein Wiedereingliederungsprogramm laufen.
    Beim Gedanken an Kennedy ging’s mir gleich besser, zumal sie eine der freundlichen Leute gewesen war, die am Morgen zuvor im Gerichtssaal erschienen waren. Und da ich schon von Kennedy spreche (wenn auch nur mit mir selbst), zwei Stunden später kam sie mit ihrem Schatz Danny Prideaux im Schlepptau herein. Wie immer sah Kennedy aus, als wäre sie gerade an der Rezeption eines Hotels eingetroffen, in dem am Wochenende ein Schönheitswettbewerb stattfinden würde: gepflegt von Kopf bis Fuß und bekleidet mit einem türkis-braun gemusterten Tanktop und braunen Shorts. Ihre türkisen Sandaletten machten sie noch einmal fünf Zentimeter größer. Wie machte sie das bloß? Ich konnte nur staunen.
    Nach kurzem Innehalten, damit auch alle ihren Auftritt registrierten (etwas, das sie fast immer tat), lief Kennedy quer durch die ganze Bar und schloss mich begeistert in die Arme, was sie vorher noch nie getan hatte. Offenbar waren wir jetzt Schwestern im Geiste. Auch wenn dieser Vergleich mir etwas unbehaglich war, konnte ich schlecht päpstlicher sein als der Papst – also erwiderte ich die Umarmung und dankte ihr für ihr Mitgefühl.
    Kennedy und Danny kamen auf einen Drink, bevor Danny zu seinem zweiten Job als Bill Comptons Mann für tagsüber aufbrach. Danny traf sich jeden zweiten Abend mit Bill, erzählte er mir, um seine Aufträge entgegenzunehmenund über die erledigten Aufgaben des Vortags zu berichten. Heute sollte er bei Bill zu Hause ein paar Handwerker beaufsichtigen.
    »Bill hält dich also auf Trab?« Ich fragte mich, was Danny für Bill wohl alles tun musste.
    »Oh, es läuft nicht schlecht«, sagte Danny, den Blick auf Kennedy gerichtet. »Heute muss ich nicht in den Baumarkt zum Arbeiten. Deshalb lass ich nachher die Typen von diesem Sicherheitsdienst in sein Haus und zeig ihnen, wo Bill die Alarmsensoren hin haben will. Und dann wart ich, bis die Dinger eingebaut sind.«
    Es kam mir komisch vor, dass Bill ein Sicherheitssystem anschaffte. Menschen brauchten doch eher eine Alarmanlage als Vampire, oder? Vielleicht sollte ich selbst mal daran denken, wenn Claudines Bank das Geld endlich rausrückte. Ein Sicherheitssystem war gar keine so schlechte Idee.
    Kennedy begann über die Ganzkörperenthaarung zu reden, die sie in Shreveport hatte machen lassen, und Dannys neuer Boss wurde zugunsten dieses viel interessanteren Themas ad acta gelegt. Doch im nächsten freien Augenblick, den ich hatte,

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