Vampirmelodie
oder so was.« Bob nahm sich noch ein paniertes Steak, wobei sein Handrücken nur knapp Mr Cataliades’ Gabel entging, der nach demselben Stück fischte.
»Ich habe dein Halstuch, Sookie«, sagte Diantha, die sehr langsam aß. Ihre Stimme und ihr Verhalten waren kaum mehr als ein fahler Schatten ihrer sonstigen Hyperaktivität. Sie redete sogar langsam genug, dass man sie verstehen konnte.
Schweigen herrschte rund um den Tisch, als wir sie alle ehrfürchtig ansahen. Mr Cataliades sah seine Nichte stolz an. »Ich wusste, dass es ihr gelingen würde«, sagte er zu uns, und ich fragte mich, ob er es wirklich vorhergesehen hatte oder einfach nur eine Menge Vertrauen in Diantha besaß.
»Wie das denn?«, fragte Amelia. (Amelia zögerte nie, wenn es darum ging, eine direkte Frage zu stellen.)
»Ich bin noch mal in die Polizeiwache hineingegangen«, sagte Diantha, »nachdem ich die dicke Polizistin gesehen hatte.«
Alle anderen sahen sie verständnislos an.
»Sie hat sich in Kenya Jones verwandelt«, erklärte ich. »Kenya ist eine Streifenpolizistin, die eine Weiterbildung in Ermittlungsarbeit gemacht hat.«
»Wir haben heute Vormittag in der Polizeiwache sehr lange warten müssen, Sookie«, erzählte Mr Cataliades.»Ich musste Detective Bellefleur persönlich befragen, und Detective Beck auch, da ich dank Miss Osiecki inzwischen beratender Co-Anwalt in Ihrem Fall bin. Und während unserer langen, langen Wartezeit konnten wir alle möglichen interessanten Informationen herausfinden. Wo zum Beispiel der Schrank mit den Beweisen steht und wer dort Sachen herausnehmen darf. Diantha ist so schnell und listig!«
Diantha lächelte schwach.
»Wie hast du das gemacht?«, fragte Amelia bewundernd.
»Ich hatte ein Halstuch in einem Plastikbeutel in meiner Tasche, das ziemlich genau so aussah wie das, was Sookie beschrieben hat. Das haben wir bei Tara’s Togs gefunden. Ich habe mich in Kenya verwandelt, und dann bin ich zu dem Schrank im Lagerraum gegangen. Dem Polizisten dort habe ich gesagt, dass ich das Halstuch noch mal anschauen muss. Und der alte Mann hat es mir in einem Plastikbeutel gebracht. Ich habe es angeschaut, und als er auf die Toilette ging, habe ich das Halstuch mit dem ausgetauscht, das ich gekauft hatte. Das habe ich ihm dann gegeben, als er zurückkam. Und dann bin ich gegangen.« Erschöpft griff sie nach ihrem Glas Eistee.
»Vielen Dank, Diantha«, sagte ich, sowohl glücklich, weil sie eine so kühne Tat vollbracht hatte, aber auch besorgt, weil sie ungesetzlich gehandelt hatte. Meine gesetzestreue Seite war entsetzt, dass wir mit echten Beweisen in einem echten Mordfall herumspielten. Doch meine selbsterhaltende Seite war erleichtert, dass wir etwas herausfinden könnten, jetzt, da wir das echte Halstuch hatten … wenn denn die Hellseherin ihrem Ruf gerecht wurde.
Diantha wurde munterer, als wir alle sie für ihre Hilfe gelobt hatten. Sie sprach und bewegte sich zwar immer noch langsam, doch nachdem sie alles auf dem Tisch aufgegessenhatte, was nicht auf dem Teller von jemand anderem lag, schien sie einen großen Schritt hin zu ihrer alten Stärke gemacht zu haben. Die Verwandlung, die sie vollbracht hatte, war offenbar ungemein kraftraubend gewesen.
»Es ist noch schwieriger, wenn sie der Person nicht nur gleichen, sondern auch als diese sprechen muss«, erklärte Mr Cataliades leise. Er hatte meine Gedanken gelesen. Er behandelte sie höflich und respektvoll, schenkte ihr Tee nach und reichte ihr immer wieder die Butter. (Ich merkte mir: Butter auf die Einkaufsliste setzen.) Barry hatte in der Bäckerei einen Kuchen gekauft. Meine Gran hätte zwar entsetzt die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen über einen gekauften Kuchen in ihrem Haus, doch so stolz war ich nicht, da ich keine Zeit zum Backen gehabt hatte. Diantha war eindeutig auf ein Dessert aus, das ich servieren würde, sobald der Tisch abgeräumt war.
Amelia war eine so deutliche Senderin. Gedankenverloren starrte sie quer durch die Küche Diantha an. Und so musste ich mir, während wir den Tisch abräumten, ihre Einschätzung von Dianthas Fähigkeiten und Cleverness anhören. Sie war wirklich beeindruckt von der halbdämonischen jungen Frau. Amelia dachte an Dianthas erstaunliche Dehnbarkeit und fragte sich, ob Diantha ihren eigenen Körper verwandelte oder eine Illusion erschuf. Dianthas Erfolg gab Amelia das Gefühl, selbst noch keinen Beitrag zur Lösung des Falls geleistet zu haben.
»Okay«, sagte Amelia plötzlich, »Bob
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