Vampirzorn
zuletzt abwarten?«
Es war, als habe er ihre Gedanken gelesen. Aber B. J. war klar, dass er sich in Wirklichkeit lediglich an das wenige erinnerte, das zu behalten sie ihm gestattet hatte. Dennoch schien er sehr viel zu wissen und akzeptierte es auch noch so bereitwillig!
»Harry, hör mir jetzt zu«, hatte sie ihn darauf, von panischer Angst erfüllt, angeknurrt. »Du wirst dich da raushalten! Oh, ich weiß, dass du gut bist – aber so gut nun auch wieder nicht. Damals hatten wir sehr viel Glück, oben in ...« Sie verstummte verwirrt. Denn hier handelte es sich um etwas, was sie aus seinem Geist gelöscht hatte – den fehlgeschlagenen Überfall der Drakuls. Jedenfalls hatte sie gedacht , sie hätte ihn gelöscht. Doch als sie die Asiaten erwähnte, die »nicht mehr diese verräterischen roten Gewänder« trugen, hatte er nicht einmal nachgefragt. Es war ihr einfach so herausgerutscht, aber er hatte nicht darauf reagiert. Man könnte glauben, er wisse tatsächlich darüber Bescheid! Was, zum Teufel, ging hier vor?
Abermals war ihr, als lese er ihre Gedanken:
»Diese tibetanischen Priester«, sagte er in merkwürdig unbeteiligtem Tonfall, der zeigte, dass er unter ihrem hypnotischen Einfluss stand (aber wie sehr? ). »Ich habe von Anfang an gemerkt, dass mit ihnen irgendetwas nicht stimmt. Seitdem zerbreche ich mir den Kopf darüber ...«
Vor Erleichterung seufzte B. J. hörbar auf, so laut, dass Harry es am anderen Ende der Leitung mitbekam. Auch ihm entfuhr ein erleichtertes Seufzen, allerdings lautlos, denn einmal mehr war es ihm gelungen, seine Fähigkeiten zu schützen.
»Nun ja«, fuhr B. J. nach kurzem Schweigen, in dem sie ihre Gedanken sammelte, fort, »mit denen haben wir es zu tun. Mit den Tibetern – die meiner Meinung nach Drakuls sind – und dem Späher und seinen Freunden, bei denen es sich wahrscheinlich um Ferenczys handelt. Leutnants oder gewöhnliche Knechte, vielleicht auch beides, das wissen wir nicht. In der Mehrzahl wohl Knechte, nehme ich an. Und was sie vorhaben: Ganz sicher können wir nicht sein, mit Gewissheit lässt sich nur sagen, dass sie auf der Suche nach Radu sind.« Im Grunde war ihr jedoch klar, was sie im Sinn hatten, schließlich hatten die Drakuls damals versucht, sie beide zu töten. Harry konnte das allerdings nicht wissen (oder vielmehr sich nicht mehr daran erinnern), so war es ihr lieber. Sie wollte nicht, dass seine beiden Bewusstseinsebenen wieder miteinander verschmolzen, und schon gar nicht zu einem Zeitpunkt wie diesem.
»Lass mich dir helfen«, entgegnete er. »Schieb’ mich nicht aufs Abstellgleis. Lass mich zu dir kommen und dich beschützen. Gemeinsam dürften wir eine größere Chance haben als einer allein. Und, B. J., in einem gebe ich dir recht: Ich bin ... wirklich gut in diesen Dingen.« Rasch, wie um zu erklären, was er gesagt hatte, fügte er hinzu: »Immerhin war genau dies mein Job, weißt du?«
»Ich habe gesehen, was du tun kannst«, erwiderte sie, »und weiß, wozu du in der Lage bist. Aber du hast nicht die geringste Ahnung, wozu die fähig sind! Aber wie dem auch sein mag, es ist entschieden. Nicht mehr lange, und wir werden nicht mehr da sein ... in B. J.’s Weinlokal, meine ich. Und, Harry, es wäre keine schlechte Idee, wenn du ebenfalls umziehen würdest, raus aus deinem Haus. Wenn sie zu dem Schluss gelangen, dass du eine Bedrohung darstellst – sollten sie auch nur annehmen, dass du mehr bist als bloß mein Geliebter ...«
»Bin ich das?«, unterbrach er sie. »Dein Geliebter? Und du bist meine Geliebte, B. J.? Liebst du mich?«
»Weißt du das denn nicht?«, seufzte sie. Diesmal klang ihr Seufzen völlig anders, es war ein vollkommen menschlicher Laut. »Ob ich dich liebe? Harry, ich sehne mich danach, dich zu sehen, ich bete die Luft an, die du einatmest, und den Boden, auf dem du gehst, ich liebe es, dich zu spüren, auf meiner Haut und in mir – allein der Gedanke an dich macht mich wahnsinnig! Ich weiß nicht, weshalb, aber ich liebe dich!«
»Trotzdem willst du nicht, dass ich dir beistehe?«
»Nein, das verbiete ich dir! Und denke daran, wenn ich dich abstelle, Harry: Du darfst dich nicht einmischen! Du wirst nichts unternehmen, es sei denn, ich befehle es dir, oder falls es zu deinem Selbstschutz nötig ist, wenn ich nicht da bin. Ist das klar?«
»Ja«, antwortete er, abermals mit ausdrucksloser, roboterhafter Stimme. »Vollkommen klar. Aber wenn du von hier wegziehst und ich ebenfalls, wie soll ich dann wissen,
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