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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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zusammengekniffenen Augen ab, denn noch nicht einmal der Necroscope vermochte zu begreifen, dass eine Tonne in voller Fahrt dahinrasenden Metalls einfach so, mir nichts, dir nichts, auf sein Geheiß verschwinden konnte. Und darüber vergaß er, das Tor wieder in sich zusammensinken zu lassen.
    Einhundert ... zweihundert ... dreihundert ...
    ... dann ein gedämpftes Donnergrollen und eine Explosion wie aus weiter Ferne; ein Laut oder vielmehr ein Gefühl, das eher seinem Geist entsprang als der wirklichen Welt. Und dann vernahm Harry ein sehr reales Geräusch, ein kreischendes metallisches Scheppern und Klappern.
    Er öffnete die Augen. Über der Straße schoss in einem Ring aus Rauch eine Stichflamme empor und verlosch. Und durch die Luft flog, sich überschlagend, ein vollkommen verbeulter, noch schwelender Kotflügel des Mercedes, der ein letztes Mal auf der Straße aufschlug und wieder abprallte, um wie eine Sense durch die am Straßenrand stehenden Bäume zu fegen. Das war alles.
    Den Necroscopen überlief ein Schauder, als er daran dachte, dass der Wagen bis in alle Ewigkeit wie ein Meteorit durch die endlose Nacht des Möbius-Kontinuums rasen würde – ein allmählich verlöschender Feuerball, der eine aus Plastik, Stahl, Fleisch und Blut bestehende Trümmerwolke hinter sich herzog, unterwegs ins Nichts, und dies auf ewig ...
    Eine halbe Stunde zuvor ...
    ... waren der Alte John Guiney, Alan-vom-Moor und Garth Trevalin auf der verwitterten, bröckeligen, von tiefen Furchen gezeichneten Felskuppe über dem Höhlensystem von Radus Feste angelangt. Unter Gesteinsbrocken verborgen wiesen ihnen rostige, noch immer brauchbare Felshaken den Weg. In einen finsteren, hallenden Schlund ließen sie Seile hinab und glitten an diesen in die unheiligen Höhlen im Innern des Berges hinunter.
    In der düsteren, von Kavernen durchzogenen Welt, die sich vor ihnen auftat, führte der Alte John sie tiefer in das geheime Herz des Berges – zu Radu Lykans Ruhestatt.
    Am Sarkophag des Hunde-Lords, der am höchsten Punkt einer Erhebung aus Granitblöcken stand, stieg John mit den beiden anderen hinauf zum Rand, damit sie ihn anblicken konnten. Unter der rissigen, verstaubten gelben Kruste waren seine Konturen in dem klebrigen, halb flüssigen Harz nur vage und undeutlich zu erkennen. Doch an der Stelle, an der sie seinen Kopf ausmachten, glommen zwei rote Punkte in der Düsternis.
    »Es ist wie eine Art Gebärmutter«, erklärte der Alte John in einem kehligen Flüstern. »Unser Gebieter ist von einer dünnen Flüssigkeitsschicht umgeben, die sich ständig erneuert, indem sie dem Harz dessen Essenz, die konservierenden Kräfte, entzieht.«
    »Und er lebt?«, fragte der junge Garth ehrfurchtsvoll. »Nach all den Jahren?«
    »Er hat doch die Augen offen, oder?«, antwortete der Alte John nicht minder ehrfürchtig. »Er hat doch zu dir gesprochen, zu uns allen, und wir haben seinen Ruf vernommen! Oh, ja, er lebt, Bürschchen, aye. Heute Nacht ... wird er auferstehen, und wir werden dabei sein, seine ihm treu ergebenen Untertanen, für alle Zeit – Unsterbliche unter den gewöhnlichen Menschen! Aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Also los, an die Arbeit!«
    Damit kehrte Leben in ihn ein. Er entzündete die Fackeln in den Halterungen rings um den Sockel von Radus steinernem Sarg und ermahnte den jungen Garth: »Das ist jetzt deine Aufgabe, Garth. Du wirst die Fackeln hier im Auge behalten. Und wenn das Harz warm wird und anfängt, aus den Rinnen zu tropfen, musst du aufpassen, dass die Flammen nicht überspringen. Dieses Harz ist nämlich das Zeug, das dafür sorgt, dass alte Kiefernscheite plötzlich auflodern ... Es braucht nicht viel, und alles brennt lichterloh. Aber dafür ist es ein gemütlicher Job, du brauchst nicht viel zu tun. Du kannst ein bisschen was aus deinem Rucksack essen, und dann habe ich hier noch etwas, was dich aufwärmen wird. Einen kleinen Schluck Rotwein. Der geht ins Blut, aye, das tut er ...«
    Seinem eigenen Rucksack entnahm John eine Flasche Wein, entkorkte sie, schenkte die schwere, harzige Flüssigkeit in die Trinkbecher seiner Gefährten ein und brachte einen Toast aus, während sie den Inhalt hinunterstürzten: »Auf Radu! Er hat lange gewartet, und lang möge er herrschen!«
    »Auf Radu!«, wiederholten die beiden. Ihnen entging der fiebrige Glanz in den gelben Augen des Alten John. Dabei hatte er für sich selber nur einen winzigen Schluck eingeschenkt und selbst diesen kaum angerührt ...
    Alan

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