Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
sofern er, Harry, sich nicht dort befand. Ihm war klar, dass er und sein Heer professioneller Ermittler, das er angeheuert hatte, sie, wollten sie gefunden werden, auch ausfindig gemacht hätten. Aber allem Anschein nach wollten sie dies nicht und blieben verschwunden. Doch da er mittlerweile von seiner Suche besessen war, musste er einfach weitermachen.
    Alles war so unwirklich – alles, bis auf B. J. Und er wählte bereits ihre Nummer!
    Ich laufe ihr nach wie ein junger Hund, dachte er bei sich und musste – wenn auch ziemlich humorlos – lachen, weil der Vergleich so passend schien. Doch dann verstummte er. Ein junger Hund? Was war daran denn passend!?
    Eines ihrer Mädchen, Zahanine, nahm den Hörer ab. Er erkannte sie an ihrer langsamen, sinnlichen Art zu reden. »B. J.«, sagte er, und Zahanine fragte noch nicht einmal, wer da am Apparat war. Und dann hatte er auch schon B. J. am Hörer.
    »Harry?« (Schwang da so etwas wie Verlangen in ihrer Stimme mit?)
    »Aye«, ahmte er den Akzent nach, den sie, wie er wusste, so pflegte. »Ich bin’s, dein Geliebter!« (Dein kleiner, verdammter Welpe!)
    »Ist irgendwas?«, fragte sie nach einem Augenblick nachdenklichen Schweigens. »Bist du mir ... böse?« Der sehnsuchtsvolle Ton in ihrer Stimme war blanker Neugier gewichen.
    Harry schüttelte den Kopf, blinzelte und stellte sich selbst die Frage: Bin ich ihr böse? Oder gab er ihr (schon wieder) einfach die Schuld an etwas, wofür sie überhaupt nichts konnte? An etwas, was er nicht begriff, was aber unmöglich ihre Schuld sein konnte, da sie ja unschuldig war?
    »Nein«, erwiderte er, »nicht böse. Ich bin nur völlig fertig.«
    Wieder Schweigen. »Möchtest du darüber reden?«
    »Radu«, entfuhr es ihm beinahe automatisch. Das Wort, oder vielmehr der Name, kam ihm einfach so über die Lippen. Auf einmal war er da, tauchte schlagartig aus den tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins auf, unaufhaltsam wie ein Sektkorken, wenn man die Flasche zu sehr geschüttelt hat. Und Harry vermochte beim besten Willen nicht zu erklären, weshalb er das gesagt hatte! Doch tief in seinem Innern brodelte etwas. Der Sekt, dachte er. Nur dass er schon vor langer Zeit zu Essig geworden ist, bitter wie Galle. Mit einem Mal war ihm übel, ohne dass er wusste, warum.
    Am anderen Ende der Leitung befand B. J. sich in ihrem Lokal. Zwei ihrer Mädchen waren bei ihr und räumten auf. Indem sie den Finger an die Lippen legte, bedeutete sie ihnen, leise zu sein.
    »Vergiss, was du gerade gesagt hast, Harry«, sagte sie, so natürlich sie nur konnte. »Du darfst nicht darüber sprechen, noch nicht einmal daran denken. Wenn dir das zu schaffen macht, kannst du mit mir darüber reden, wenn wir uns sehen. Sagen wir: in einer Stunde? Ist das in Ordnung?«
    »Dann sehen wir uns heute Abend?«, antwortete er nach einigen Augenblicken wie aus weiter Ferne. Er klang benommen. »Ich ... ich habe dich wirklich vermisst, B. J.«
    Und damit war ihr klar, was geschehen sein musste. Es war schon eine geraume Weile her, dass sie die posthypnotischen Befehle, die seine beiden Bewusstseinsebenen voneinander trennten, aufgefrischt hatte, und vor einer Woche hatte sie sich das letzte Mal mit ihm in Verbindung gesetzt. Aber Harry war kein gewöhnlicher Mann. Wenn man nicht auf ihn aufpasste, versuchte sein Geist die Kluft zu überbrücken. Und ganz allmählich, wenn auch äußerst langsam, sickerte etwas von der einen in die andere Ebene hinüber. Sollte sich dieser Prozess beschleunigen und die beiden Ebenen einander überlagern, war ... es sogar möglich, dass er in einen katatonischen Schockzustand verfiel.
    Harry, ein geistiger Krüppel! B. J.’s Harry!
    Nein, verbesserte sie sich sofort, Radus Harry! Der Mann mit den zwei Gesichtern gehörte ihrem Gebieter. Ihre schräg stehenden Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, gleichzeitig entrang sich ihrer Kehle ein tiefes Knurren.
    »B. J.?«, erscholl blechern Harrys Stimme aus noch größerer Ferne. Er klang traurig, einsam, verloren. Mit einem Mal hatte sie Angst – um ihn und nichts sonst, obwohl es alles Mögliche gab, was ihr Sorgen bereitete. »Ich komme zu dir, sobald ich kann«, erwiderte sie. »Weshalb legst du dich jetzt nicht hin und ruhst dich ein bisschen aus? Warte einfach auf mich!«
    »Ja«, sagte er. »Okay.« Und eine Sekunde später: »B. J.?«
    »Ja?«
    »Ich glaube, ich habe geträumt.«
    »Wir werden gemeinsam träumen«, versprach sie ihm. »Bald!« Sie lauschte dem Klicken,

Weitere Kostenlose Bücher