Vanhelsing 01 - Schreckensgalerie
Richtung entwickelt..."
"Wie kann ich den Künstler erreichen?"
"Ich fürchte gar nicht. Er lebt sehr zurückgezogen..."
"Hier in London?"
"Ja, aber..."
"Ich muß mit ihm sprechen, Mrs. Sounders." Ich versuchte, meiner Stimme, einen sehr eindringlichen Klang zu geben. Auf die Geschehnisse in der Waters-Villa kam ich nicht zu sprechen. Noch nicht...
"Wie ich schon sagte", erwiderte Evelyn Sounders, deren Gesicht jetzt wie aus Stein gemeißelt wirkte. "Mr. Brennan lebt sehr zurückgezogen. Und ich kann mir kaum vorstellen, daß er sich mit Ihnen unterhalten möchte - ganz gleich, wie kunstsinnig Sie sein mögen. Um es ganz offen zu sagen, Mr. Brennan ist ein etwas verschrobener Mann, der der Welt fast völlig entrückt ist." Sie deutete mit weit ausholender Geste auf die lange Reihe der großformatigen Öl-Gemälde. "Wo sie auch hinschauen, wenn Sie auf die Strichführung achten, dann werden Sie feststellen, daß dieser Mann wie ein wahnsinniger arbeiten muß. Sehr schnell und wie von einer unheimlichen Kraft vorangetrieben. Einem Besessenen gleich... Aber nur so kann wahrhaftige Kunst entstehen, Miss Vanhelsing!" Sie atmete tief durch. Die tiefe Bewunderung, die die Galeristin für das Werk dieses Malers empfand, war deutlich herauszuhören.
"Mein Interesse hat einen sehr persönlichen Grund", erklärte ich. "Ich kenne den Mann, der Mr. Brennan offenbar Modell gestanden haben muß... Allerdings hielt ich ihn bislang für tot, aber wenn er zu dem Zeitpunkt, der bei der Signatur des Bildes vermerkt ist, noch gelebt hat..."
"Mr. Brennan malt, soweit ich weiß, nie nach Vorlage."
"Bitte, ich muß diesen Strohhalm ergreifen!"
Evelyn Sounders seufzte hörbar.
"Gut", sagte sie schließlich. "Ich werde Ihnen die Adresse geben. Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich mit Mr.
Brennan einen Exklusivvertrag habe. Es hat also keinen Sinn, wenn Sie meine Gutmütigkeit auszunutzen versuchen, um unter Umgehung unseres Hauses direkt mit dem Künstler ins Geschäft zu kommen!"
"Keine Sorge", versprach ich.
"Dann kommen Sie..."
Wir folgten ihr in ein kleines, ziemlich enges Büro, in dem sich ein penibel aufgeräumter Schreibtisch befand. Mit einer sehr kleinen Handschrift schrieb sie die Adresse auf einen Zettel und reichte ihn mir.
"Seien Sie nicht zu enttäuscht, wenn Mr. Brennan sich weigert, Sie zu empfangen..."
"Da wäre noch etwas."
"Und das wäre?"
"Vielleicht haben Sie es noch nicht gehört, aber ein Käufer eines Brennan-Bildes ist ermordet worden... Mr. Ray Waters!"
Das Gesicht der Galeristin blieb unbewegt. Sie war sichtlich darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.
"Ich habe in den Radionachrichten davon erfahren.
Allerdings wüßte ich nicht, in welchem Zusammenhang dieser Mord mit meiner Galerie steht."
"Sie haben Waters ein Bild verkauft."
"Ja..."
"Haben Sie eine Fotographie?"
"Ich wüßte nicht, was Sie das angeht, Miss Vanhelsing!"
Die Abwehr war deutlich herauszuhören. Warum ist sie auf einmal so abweisend? ging es mir durch den Kopf. Eigentlich bestand dazu kein Grund.
"Auf dem Gemälde war eine dämonische Kreatur abgebildet", erklärte ich. "Aber nach dem Mord hing nur noch eine grundierte Leinwand am Haken, die jedoch zweifellos von Allan Brennan signiert war! So als wäre das Ungeheuer aus dem Bild herausgestiegen..."
Ich hatte eigentlich erwartet, daß sie mich postwendend für verrückt erklärte oder wenigstens, daß sie ein erstauntes Gesicht machte. Aber das tat sie nicht.
Ihr Blick war nach innen gerichtet.
Einige Sekunden lang schien er völlig abwesend zu sein, wie in einem tranceähnlichen Zustand.
Sie weiß mehr, als sie zugibt, Patti!
Ein Ruck ging durch ihren Körper.
"Sagen Sie, sind Sie die Patricia Vanhelsing, die mit ihren Berichten von außergewöhnlichen Phänomenen von sich reden macht?"
"Ja, die bin ich."
Sie schwieg einen Moment.
"Bitte gehen Sie jetzt", murmelte sie dann. "Ich kann Ihnen in dieser Sache nicht weiterhelfen..."
Bleich war ihr Gesicht geworden.
In dieser Sekunde hätte ich viel darum gegeben, zu wissen, was in ihren Gedanken vor sich ging.
*
Du hättest es ihnen sagen sollen! durchzuckte es sie wie ein greller Blitz. Evelyn Sounders durchschritt jenen hohen Raum, der vollkommen dem Werk von Allan Brennan gewidmet war.
Sie rieb die Hände gegeneinander.
Kalt war ihr geworden.
Aber das konnte nicht an der tatsächlich in den Räumen der Galerie herrschenden Temperatur liegen, denn auf den Thermostat der Zentralheizung
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