Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
Funktioniert großartig.«
Laura nimmt meinen Rat lächelnd zur Kenntnis. Gemeinsam betrachten wir die Kräne im Hafen, die langen, trüben Wolkenbänder über den Frachtschiffen in der Bucht. Ich setze die Brille wieder auf. Ihr Handy ertönt mit einem Klingelton, der mich an Bandiera Rossa oder die Internationale erinnert.
Dann höre ich eine Reihe von: »Nein, nein, gar nicht«, gefolgt von zwei oder drei: »Jaja, ist klar«. Ich tue so, als würde ich in meiner vermeintlichen Diensttasche herumkramen, während sie immer leiser flüstert.
Sie spricht von einem Problem in der Schule, das alle kennen und keiner anpacken will. Handyfotos pornografischen Inhalts. Mindestens zwei, drei Mädchen der Klasse stecken da mit drin. Alle minderjährig. Es gibt spezielle Websites für so etwas, das hat sie recherchiert. Manche Mädchen drehen sogar kurze Videos, im Gegenzug bekommen sie das Handy aufgeladen. Die Schule möchte nicht involviert werden, und dann gibt es auch noch das Problem, wie man sich den Eltern gegenüber verhalten soll. Laura ist sich sicher, dass diese Geschichte der Grund für den ganzen Ärger ist. Klassenkameradinnen, die einander damit drohen, sich wechselseitig in die Pfanne zu hauen.
Ich schlitz dir die Kehle auf, du Schlampe.
»Mir ist schon klar, dass ich mal wieder die Nervensäge bin, aber ich schreibe einen Bericht, und außerdem beantrage ich einen freien Tag«, endet Laura. Erst jetzt merke ich, dass die Mokkakanne schon seit einer ganzen Weile Kaffee auf das weiße Email spuckt. Ich schalte den Herd aus und suche schnell einen Lappen.
10
K ontakte.
Zwielichtige Verbindungen. Beziehungen. Der große Magnani hat etwas zu verkaufen. Das beschäftigt dich, denn unterm Strich macht genau das den Unterschied aus.
»Aber bitte nicht im Rathaus!«, lautete die Bedingung des Beamten. Also musst du wieder kilometerweite Ödnis, Sträucher und gelbes Felsgestein hinter dich bringen, bis du zu dem grauen Steinhaus im hintersten Winkel der Colline Metallifere gelangst.
Nur um dann zu hören, dass es Probleme gebe. Das Buch habe zahlreiche Mängel, und die Termine seien nicht eingehalten worden. Du gibst dich untröstlich, bittest um Entschuldigung, machst ihm Komplimente zu seinem schönen, großen Bauernhaus, das eingerichtet ist wie ein Gebrauchtmöbellager. Überall Fotos von seinem Sohn beim Radsport und der Geruch von getrockneten Pilzen.
»Hier sind die Originale zurück, Dottor Bellopede«, sagst du. Als er einen interessierten Blick darauf wirft, legst du den großen weißen Umschlag auf den Tisch: »Bitte sehen Sie doch nach, ob sie vollständig sind.«
Bellopede sieht nach, und du wartest darauf, dass er weich wird. Du hast auf einen Teil deiner Provision verzichtet und dafür seine Beteiligung erhöht. Und du hast dafür gesorgt, dass die Aggradis es erfahren.
Doch Bellopede kratzt sich am Bart, Fotos und Geldscheine verschwinden wieder im Umschlag, und du bist gezwungen, das Schweigen weiter in die Länge zu ziehen. Du siehst ihm ins Gesicht. Ein distinguierter Herr mit einer zu großen und aus der Mode geratenen Brille, der dich in Trainingsanzug und Mokassins empfängt. Man erzählt sich, er horte in seinem Keller einen wahren Schatz an etruskischen Fundstücken, die sein Vater durch Grabraub an sich gebracht habe. Und dass er so krankhaft daran hinge, dass er sie nicht einmal unter der Hand und für viel Geld verkaufen würde.
»Ich habe mir erlaubt, Ihnen bereits einen Vorschuss für den nächsten Band zukommen zu lassen.«
»Ich fürchte, ganz so einfach ist das nicht.«
»Wir gewähren Ihnen ein Skonto von zehn Prozent. Und wenn Sie möchten, können wir das Honorar für Ihre Herausgebertätigkeit noch erhöhen.«
Mit dem Vorschuss meinst du das Geld, das du zu den Fotos in den Umschlag gelegt hast. Bellopede ist ein Mensch mit Würde, der auf die äußere Form achtet. Er ist zwar Beamter im Kulturressort, neigt aber zu der Ansicht, dass er für die Veröffentlichungen der Kommune zusätzlich bezahlt werden müsste. Da die Kommune gar nicht daran denkt, erledigt er diese Aufgabe außerhalb der Dienstzeit, verweigert beleidigt die Nennung seines Namens auf dem Einband und unterstützt nur Verlage, die ihn bezahlen. Und zwar auf die einzig mögliche Weise, indem sie den Vorschuss durch ein Schmiergeld aufbessern.
Inzwischen lebt Bellopede zurückgezogen in diesen Hügeln, wo im Winter der Nebel in die alten Erzgruben kriecht, im Sommer die Zugvögel nicht mehr verweilen
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