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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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zwei Jahren. Es ist das erste Mal, dass sie etwas wirklich will. Die Reise nach England ist für sie so etwas wie ein Lebenssinn geworden.«
    »In der Schule Leistung zu zeigen, das sollte ihr Lebenssinn sein.«
    Doch Laura pocht hartnäckig auf die Beantwortung ihrer Frage. Mein Schwager unterbindet den kläglichen Versuch seiner Frau, sich an der Diskussion zu beteiligen, und will die Partie gegen Laura beenden, indem er ankündigt, Caterina von der Schule zu nehmen.
    »Tun Sie das nicht. Caterina kann es noch schaffen.«
    »Können Sie mir das versprechen ?«
    »Sie wissen selbst, dass Sie da zu viel von mir verlangen.«
    »Wenn das so ist, ziehe ich es vor, ihr die eventuelle Demütigung zu ersparen.«
    »Haben Sie doch Vertrauen.«
    »In wen? In Caterina? Die Sie immer behandelt haben wie eine geistig Minderbemittelte?«
    »In den vergangenen vier Wochen hat Caterina gezeigt, dass sie Großartiges zu leisten vermag. Sie brauchte nur einen Motivationsschub.«
    »Ist das auf Ihrem Mist gewachsen, oder haben Sie das von den Idioten vom Gesundheitsamt?«
    Ich kann Laura nicht sehen, stelle mir aber vor, wie sie tief Luft holt, ihre Augen jäh die Farbe verlieren, ihre zarten Hände sich an den Schreibtisch klammern.
    »Die Idioten vom Gesundheitsamt haben bereits im September darauf hingewiesen, dass Caterinas Abulie ganz klar das Symptom einer Depression ist.«
    »Ich möchte Sie mal sehen, wenn Sie das durchgemacht hätten, was Caterina hinter sich hat. Haben Sie noch mehr solche Gedankenblitze?«
    »Ja, Dottor Domini. Sie sollten einen Psychologen aufsuchen. Aber alle drei gemeinsam.«
    Ich höre ein Stühlerücken, mein Schwager scheint aufgesprungen zu sein.
    »Verstehst du, Vanna? Jetzt sind wir plötzlich das Problem.«
    Laura versucht wieder das Wort zu ergreifen, doch es gelingt ihr nicht. Ich ziehe mich in Richtung Toilettentür zurück.
    »Wir sind das Problem, aber natürlich! Während dieser Mistkerl längst wieder frei herumläuft! Keine zehn Jahre hat er gesessen. War auf einer kleinen Insel in der Sommerfrische, zum Tomatenernten. Auf unsere Kosten!«
    Ich höre, wie meine Schwägerin ihren Mann bittet, sich zu beruhigen. Ich vergewissere mich, dass die Tür zum Toilettenraum offen ist.
    »Und dann wird der arme Kerl auch noch mit einem Job versorgt. Ist das nicht eine Schweinerei? Na los, bringen Sie doch mal den Mut auf, ehrlich zu sagen, wie Sie das finden!«
    Dazu kann Laura nur sagen, dass sie seine Wut verstehe, dass dieses Thema aber nichts mit ihr und ihrer Arbeit zu tun habe. Doch Mariano hört nicht auf.
    »Oder gehören Sie etwa zu denen, die meinen, so einen müsse man wieder eingliedern ? Einen, der eine junge Frau umgebracht hat, dreißig Jahre alt, eine strahlende Schönheit, die Mutter seiner Tochter? Na, was sagen Sie dazu! Was halten Sie von so einem? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Welt auf solche Menschen verzichten kann, oder müssen Sie da auch erst die Psychologin vom Gesundheitsamt fragen?«
    Die folgenden Geräusche kann ich nicht einordnen. Ich warte darauf, dass die blaue Tür aufspringt, doch Laura flüstert nur: »Beruhigen Sie sich, Dottor Domini.«
    »Ich habe es allen gesagt, auch der Polizei und dem Richter. Schmeißt den Schlüssel weg, ist besser so. Vor allem für ihn. Stattdessen kommt er nach nicht mal zehn Jahren frei. Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun, wenn er mir morgen auf der Straße begegnet? Was ist, wenn ich ihm die Kehle durchschneide wie einem Schwein? Schicken Sie mich dann auch ins Gefängnis?«
    Ich öffne die Tür, schlüpfe in eine Toilettenkabine und schließe mich vorsichtig ein, damit es niemand hört.
    »Wartest du schon lange?«, fragt Laura.
    »Bin gerade gekommen.«
    »Entschuldige, ich hatte einen richtigen Scheißtag.«
    Das Chaos in ihrem Auto ist noch größer als beim letzten Mal: Schuhe, Bücher, eine zusammengerollte Isomatte, Tüten mit frisch gewaschenen Klamotten. Aus der Reinigung, nicht aus einem der Waschsalons, die ich nutze. Sie fragt, wie es mir gehe, ich käme ihr komisch vor.
    »Alles in Ordnung«, sage ich, spüre aber zum ersten Mal, dass mein Lächeln nicht mehr so geschmeidig ist wie früher.
    Wir nehmen die Schnellstraße Firenze –Pisa –Livorno, die einst Elisas und meinen Wohnort bestimmt hat. Diese verdammte Straße, aus der ich für meine Tochter die kleine freche Hexe Fipilì schuf.
    Und genau über Caterina spricht Laura jetzt. Über die Unterhaltung, der ich gelauscht habe.
    »Dieser Onkel

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