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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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wenn sie auf dich gehört und sich gleich ausgezogen und zugedeckt hätte, würde es ihr jetzt schon besser gehen. Du gibst ihr einen Kuss auf die Wange, dann wischst du auch von ihr den Schweiß ab.
    Gegen Mitternacht kommt Caterina aus ihrem Zimmer getrappelt, sie habe von den Truskern ohne Augen geträumt und wolle bei Mama im großen Bett schlafen.
    »Mama muss sich ausruhen, wir dürfen sie nicht wecken«, erklärst du ihr. Dann kuschelst du dich an sie und erzählst ihr, die Trusker seien alle tot und auch ihre Monster gebe es schon ganz lang nicht mehr.
    »Und warum waren sie dann in meinen Träumen?«, fragt deine Tochter.
    »Träume sind nicht wahr«, sagst du und schließt sie in deine Arme, krümmst dich wie ein Fötus in ihrem kleinen Bett zusammen.
    »Mach den Engel an.«
    »Nein.«
    »Warum nicht, Papsi? Es ist so dunkel.«
    »Darum. Erzähl mir, wie Pegasus alle Trusker umbringt.«
    Die genaue Uhrzeit könntest du nicht sagen, aber irgendwann gehst du wieder nach unten. Du wartest noch zehn Minuten, bevor du wieder zum Telefon greifst.
    Im Laufe der Nacht rufst du elf Mal bei ErreEmme an. Dein Ton wird immer schärfer. Am Ende kündigst du sogar rechtliche Schritte und Schadensersatzforderungen an. Wäre das Band des Anrufbeantworters nicht voll gewesen, hättest du auch noch mit Brandstiftung gedroht.
    Als man dir das später alles noch einmal vorspielt, wirst du deine Stimme kaum wiedererkennen.

35
    D rei Tage sind vergangen. Es ist sechs Uhr, ich sitze auf einer Bank im Bahnhof von Cascina, und die Lösung, die ich Caterina versprochen habe, ist mir immer noch nicht eingefallen.
    Zehn nach sechs, Laura ist spät dran. Und auch die Lösung will sich einfach nicht einstellen.
    Um Viertel nach sechs ruft Laura aus der Schule an.
    »Die Eltern rauben mir den letzten Nerv. Würde es dir etwas ausmachen, mich hier abzuholen?«
    Kein Problem. Im Gegenteil. Eine halbe Stunde mehr Zeit und ein kleiner Spaziergang, dann wird mir die zündende Idee schon kommen.
    »Hast du einen schweren Koffer dabei?«
    »Wetten, dass deiner dreimal so groß ist?«
    »Ob für einen Tag oder einen Monat, es gibt nun mal Dinge, die …«
    »… unverzichtbar sind, ich weiß.«
    Laura lacht und bittet mich, den Hintereingang der Schule zu benutzen, er sei nur angelehnt. Dann rechts den Gang runter, letzte Tür.
    Obwohl es nicht einmal sieben ist, kommt mir die Wand gegenüber zu nah vor, und durch die Fenster rechts im Gang fällt nur noch ein schwacher Lichtschein.
    Ich begegne keinem Menschen, nicht einmal ein Hausmeister läuft mir über den Weg. Kein Ort wirkt so ausgestorben wie eine leere Schule. Ich erreiche das Ende des Korridors, die letzte Tür ist blau. Grelles, weißes Licht sickert unter der Ritze durch.
    Die letzte Tür . Ich sage mir, dass dies die letzte Tür ist, hinter der ich stehe und etwas bespitzle. Sei es nun mein Glück oder mein Elend.
    »Soll ich Ihnen mal etwas sagen? Das ist der erste Bericht, den ich in fünfzehn Jahren geschrieben habe. Kein Lehrer schreibt gern Berichte. Ganz im Gegenteil!« Die Stimme von Laura.
    »Nun regen Sie sich nicht gleich auf, das hat ja auch niemand behauptet«, erwidert die Stimme meines Schwagers.
    Ich sollte wieder gehen. Stattdessen klebe ich an der Wand, als wollte ich darin verschwinden.
    »Signor Domini …«, hebt Laura zu einem Vortrag an.
    » Dottor Domini …«
    Laura hält inne, ohne sich zu korrigieren.
    »… ich versuche gern, mich noch klarer auszudrücken. Wir haben drei Probleme: ein disziplinarisches, ein kognitives und ein psychologisches. Können Sie mir folgen?«
    »Sie sprechen nicht mit einem Maurer.«
    »Schade. Ich bräuchte nämlich dringend einen.« Die gute Laura. »Okay, lassen Sie uns die ersten beiden mal ausklammern.«
    »Und warum? Wir sind doch hier, um über Noten und Zeugnisse zu reden.«
    »Warum? Weil Sie an Caterinas Noten nicht das Geringste ändern können. Ebenso wenig, wie Sie hier hereinkommen und mir vorschreiben können, ob ich einen Bericht schreibe oder nicht. Außerdem sind die disziplinarischen und kognitiven Probleme nur die Auswirkungen.«
    Es gibt eine kurze Pause, die ich so deute, dass mein Schwager versucht haben muss, sie erneut zu unterbrechen. An diesem Knochen wird sich das Genie der Familie allerdings die Zähne ausbeißen.
    »Dürfte ich erfahren, wie Sie in der Sache mit dem Sprachurlaub in England entschieden haben?«
    »Warum?«, geht die große Leuchte gleich in die Luft.
    »Ich begleite Caterina nun seit

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