Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
doppelstöckige Schatulle heraus, entriegelte sie und fragte Robin, „was gefällt dir denn hiervon am besten?“ Robin betrachtete mit runden, großen Augen die Vollkommenheit der Meisterstücke und zeigte schließlich auf einen kleinen Stern aus gehämmertem Gold, in dessen Mitte ein Herz aus Saphiren leuchtete. „Das ist eine wundervolle Arbeit“, murmelte er. „Derjenige, der dieses Kleinod erhält, muss etwas ganz Besonderes sein.“ Beim Hinausgehen nahm Goldor heimlich den kleinen Stern heraus und steckte ihn in seine Hosentasche.
„Und jetzt“, verkündete Goldor stolz, „zeige ich dir noch unsere Schürfstellen.“ Robin stiefelte hinter Goldor her, der ihn weiter bergab lotste. Dicke Baumstämme, die in den Boden gerammt waren, stützten die Felswände und die Decke ab, um die Arbeiter vor herabstürzenden Felsbrocken zu schützen. Sand, Geröll und kleine abgehauene Felsstücken lagen herum. Überall dort, wo sie hergingen, wirbelten ihre Schritte kleine Staubwölkchen auf. Robin hielt sich die Nase zu. Er musste immerfort niesen.
„Und hier“ wies Goldor auf einen verrußten Raum, befindet sich unsere Schmelze. Kleine Öfen, die mit Holzkohle befeuert wurden, verströmten eine unglaubliche Hitze. „Was macht ihr denn hier?“ fragte Robin. „Wenn wir genügend Gestein zusammen haben, befördern wir es in die Öfen. Durch die Hitze löst sich das Gold heraus. Wir fangen es dann in Pfannen auf, um es später weiter zu verarbeiten.“
Robin war von den vielen Eindrücken überwältigt. „Nun, wie hat es dir gefallen“ fragte ihn Goldor. Robin war so in seinen Gedanken versunken, dass er die Frage gar nicht gehört hatte. Goldor sah in fragend an. “Verzeih mir“ stotterte Robin, „was hast du gefragt?“ Goldor schmunzelte: „Ich glaube, jetzt wird es höchste Zeit, zurückzukehren. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich von ganz fern das Klingen eines Glöckchens gehört. Das war bestimmt Winzig, der zum Abendessen ruft.“ Goldor verschloss sorgfältig alle Türen und sie machten sich auf den Heimweg. Je höher sie kamen, desto intensiver stieg ein verführerischer Bratenduft in ihre Nasen. Flugs bogen sie um die letzte Ecke, polterten die Treppe hinauf und standen heißhungrig und voller Vorfreude auf das gute Essen in der Stube. Plumps, ließen sie sich auf die Stühle fallen und griffen nach den Schöpflöffeln. Sie hatten jedoch nicht mit Winzig gerechnet. Der kam aus der Küche, sah die ungewaschenen Schmierfinken an seinem gedeckten Tisch sitzen, holte tief Luft und schimpfte dann wie ein Rohrspatz. „Entschuldige“ sagte Goldor, „Robin und ich hatten so großen Hunger, dass unsere Mägen bereits knurrten. Kommt niiiiie wieder vor, versprochen“ und beide hoben zum Schwur die rechte Hand, wobei sie hinterm Rücken die Finger der linken Hand kreuzten. Verschwörerisch blickten sich die beiden lächelnd an. Kurz darauf hörte man nur noch lautes Besteckgeklapper und wohliges Stöhnen. Die Gerichte waren so schmackhaft, dass jeder noch einmal zugriff, obwohl ihre Bäuche bereits rund und prall waren. „Hilfe“, keuchte Robin, „ich kann nicht mehr. Ich bekomme meine Hose nicht mehr zu. So einen wunderbaren Festschmaus gibt es auf dem Mond nicht. Ich glaube, ich verpasse die Mondfähre öfter.“ Alle lachten und applaudierten dem stolzen Küchenchef.
„Geht schon mal vor ins Kaminzimmer“, verkündete Goldor, „ich komme gleich nach.“ Trubador, Mutig, Listig und Musikus verschwanden im Kaminzimmer, während Robin sich freiwillig bei Winzig zur Mithilfe bei der Küchenarbeit meldete, was dieser gern annahm.
„Der Holzvorrat geht zu Ende“ meldete sich Listig. „Wer geht raus, und holt Holz?“ Freiwillig meldete sich natürlich niemand. „Also, ziehen wir Stöckchen. Wer das kürzere zieht, muss vor die Tür.“ Das Los fiel auf Musikus. Nicht gerade begeistert erhob er sich, griff nach dem Korb und zog ab. Die Holzscheite vor der Hütte waren auch ziemlich mickrig, so dass er beschloss, noch ein wenig weiter in den Wald zu gehen. Er schulterte die Holzkiepe, griff nach der Axt und verschwand, ein Pfeifchen schmauchend, kurz darauf im nachtdunklen Forst. Es herrschte eine beklemmende Ruhe im Wald, nur unterbrochen von kratzenden und scharrenden Geräuschen der Nachtjäger. Von weither ertönte ein „schuhu, schuhu“. Rufina war ebenfalls auf Jagd. Mühsam arbeitete er sich durch dichtes Gehölz. Dort, das wusste er, lagerten die meisten trockenen Zweige und
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