Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
Vom Netzwerk:
Verbi n dungsmann der Kripo fungieren, bis Luther gefaßt ist.«
    Globus schnaubte. »Das wird nicht nötig sein.«
    »O doch, wird es. Verwenden Sie ihn klug, Globus. Er hat Köpfchen. Halten Sie ihn unterrichtet. Jäger: Sie kö n nen zum Dienst zurückkehren.«
    Jäger sah erleichtert aus. Globus schien etwas sagen zu wollen, überlegte es sich dann aber doch noch. »Begleiten Sie mich zu meinem Wagen, März. Ihnen einen guten Tag, Globus.«
    Als sie um die Ecke waren, sagte Nebe: »Sie haben uns nicht die Wahrheit berichtet, nicht wahr? Oder wenigstens nicht die ganze Wahrheit. Das ist gut. Steigen Sie ein. Wir müssen reden.«
    Der Fahrer salutierte und öffnete die Hintertür. Nebe manövrierte sich schmerzvoll auf den Hintersitz. März stieg auf der anderen Seite ein.
    »Heute morgen um 6 Uhr ist das durch Kurier bei mir zu Hause eingetroffen« Nebe schloß seine Aktentasche auf und zog eine Akte heraus, einige Zentimeter dick. »Das ist alles über Sie, Sturmbannführer. Ganz schön schmeiche l haft, soviel Aufmerksamkeit zu erregen, oder nicht?«
    Die Fenster des Mercedes waren grün getönt. In dem Halblicht sah Nebe wie eine Eidechse im Reptilienhaus aus. »Geboren Hamburg 1922; Vater seinen Verwundu n gen erlegen 1929; Mutter durch britischen Bombenangriff getötet 1942; in die Marine eingetreten 1939; zu den U-Booten überstellt 1940; wegen Tapferkeit ausgezeichnet und befördert 1943; 1946 bekamen Sie Ihr eigenes U-Boot-Kommando - einer der jüngsten U-Boot-Kommandanten des Reiches. Eine glänzende Ka r riere. Und dann fängt alles an, schiefzugehen.«
    Nebe blätterte durch die Akte. März starrte auf den gr ü nen Rasen, in den grünen Himmel.
    »Bei der Polizei seit zehn Jahren keine Beförderung. 1937 geschieden. Und dann fangen die Berichte an. Der Blockwart: ständigeWeigerung, für das Winterhilfswerk zu spenden. Parteibeamte am Werderschen Markt: ständige Weigerung, der NSDAP beizutreten. In der Kantine hat man gehört, wie Sie abschätzige Bemerkungen über Himmler gemacht haben. In Bars hat man gehört, i n Re s taurants hat man gehört, auf Korridoren hat man g e hört ...«
    Nebe zog Seiten heraus.
    »Weihnachten 1963 - Sie fangen an, Fragen nach i r gendwelchen Juden zu stellen, die mal in Ihrer Wohnung gelebt haben. Juden! Sin d Sie verrückt? Dann liegt hier eine Beschwerde Ihrer Ex-Frau vor; und eine von Ihrem Sohn . . «
    »Von meinem Sohn? Mein Sohn ist gerade zehn Jahre alt...«
    »Also alt genug, sich ein Urteil zu bilden, auf das man auch hört - wie Sie wissen.«
    »Darf ich fragen, was ich ihm angeblich getan haben soll?«
    »Hat mangelhafte Begeisterung für seine Parteiarbeit gezeigt, Der Punkt ist, Sturmbannführer, daß diese Akte zehn Jahre lang in de r Gestapo-Registratur herangereift ist - ein bißchen hier, ein bißchen da, jahrein, jahraus wie ein Tumor im Dunklen gewachsen.
    Und jetzt haben Sie sich einen mächtigen Feind g e macht, und er will das verwenden.«
    Nebe schob den Aktenordner zurück in seine Aktent a sche.
    »Globus?«
    »Globus, ja. Wer denn sonst? Gestern Abend hat er g e fordert, Sie vors Kriegsgericht der SS ins Columbia-Haus zu bringen.« Da s Columbia-Haus war das SS-eigene G e fängnis in der General-Pape-Straße. »Ich muß Ihnen sagen, März, daß es hier genug gibt, um Si e ins KZ zu stecken. Und dann kann Ihnen keiner mehr helfen - weder ich noch sonst jemand.«
    »Und was hat ihn aufgehalten?«
    »Um ein Kriegsgerichtsverfahren gegen einen Kr i po-Beamten im Dienst einzuleiten, braucht er zunächst einmal die Genehmigun g Heydrichs. Und Heydrich hat das an mich verwiesen. Also habe ich zu unserem geliebten Reichsführer gesagt: >Dieser Knabe Globu s hat offenbar Angst, daß März etwas gegen ihn in der Hand hat, und de s halb will er ihn aus dem Weg räumen. >Ich verstehe, sagt de r Reichsführer, >was schlagen Sie also vor?< >Warum<, sage ich, >sollen wir ihm nicht Zeit bis zum Führertag g e ben, um seinen Fal l gegen Globus zu bewe i sen? Das sind noch vier Tage.< >In Ordnung, sagt Hey d rich. >Aber wenn er bis dahin nichts ausgegraben hat,
    kann Globus ihn haben.«
    Nebe lächelte zufrieden. »So werden die Affären des Reichs zwischen Kollegen erledigt, die sich seit langem kennen.«
    »Ich denke, ich muß dem Herrn Oberstgruppenführer danken.«
    »O nein, danken Sie nicht mir.« Nebe war heiter. »Heydrich fragt sich nämlich ernsthaft, ob Sie irgendwas gegen Globus in der Han d haben. Und wenn, würde er das gerne wissen. Ich übr i

Weitere Kostenlose Bücher