Vatikan - Die Hüter der Reliquie (German Edition)
ich immer noch nicht.«
»Das merke ich.« In Miguels Stimme schwang Sarkasmus mit. »Sie sind ein zweifelnder Geist, Comitti. Darum habe ich Sie in mein Herz geschlossen.« Miguel drehte sich zu dem Pater um. Er hatte sich erholt. »Jetzt ist es an mir, Sie zu fragen, wie es Ihnen geht. Sind Sie müde und wollen sich hinlegen? Hat sich Ihr Blutdruck wieder beruhigt?«
»Es geht schon.« Comitti war müde, er wollte es nur nicht zugeben. Sich nicht und Miguel erst recht nicht. Er war nicht nur einfach müde – er war erschöpft. Erschöpft von der Angst, die ihn nicht mehr verlassen hatte von dem Moment an, als ihm der Sicherheitschef mitgeteilt hatte, dass er beurlaubt war.
»Wir können gern eine Pause machen und Sie legen sich ein paar Stunden hin. Ich hätte auch noch ein paar Sachen zu regeln.« Miguel sah auf seine Armbanduhr. »Ich habe es nicht so gut wie Sie, Comitti, und bin nicht beurlaubt.«
Comitti sandte ihm einen vernichtenden Blick. »Machen Sie sich nicht lustig über mich.«
»Das würde ich nicht wagen, alter Freund. Aber wie ist es, wollen Sie sich ein wenig ausruhen?«
Comitti schoss eine Welle der Hoffnung durch die Brust. Das war vielleicht eine Möglichkeit, diesem Wahnsinnigen zu entkommen. Miguel las in seinen Gedanken und lächelte.
»Ich muss Sie enttäuschen.« Er trat auf ihn zu. »Wollen Sie noch irgendetwas trinken oder essen? Brauchen Sie noch irgendein Medikament?«
Comitti schüttelte den Kopf.
»Dann bitte ich Sie, mir meine Vorsichtsmaßnahmen zu verzeihen.« Mit schnellen Bewegungen hatte Miguel den alten Pater geknebelt. »Es bleibt mir leider keine andere Wahl. Wenn Sie nun so gut wären und sich aufs Bett legen?« Er streckte einladend die Hand Richtung Bett aus. Comitti kochte. Er warf die Tasche mit seinen Einkäufen auf den Boden und legte sich hin. Miguel fesselte ihn ans Bettgestell.
»Ich hoffe, es ist Ihnen nicht allzu unangenehm und Sie können in dieser Lage ein wenig Ruhe finden. Ich sehe später nach Ihnen.« Mit einem kurzen Nicken verabschiedete Miguel sich von seinem Gefangenen und verließ den Raum.
Comitti versuchte zu schreien, gab es aber innerhalb weniger Augenblicke wieder auf. Auch das Zerren an den Handschellen führte zu nichts. Er schloss die Augen und fühlte nur noch eins: Wut. Wut und Entschlossenheit. Wenn es Apollonia wirklich gab und sie, wie sie schrieb, den Vatikan schon seit Jahrhunderten bewachte, dann würde sie merken, was sich hier abspielte. Sollte sie sich einmischen, dann würde er ihr zur Seite stehen. Er würde ihr helfen, diesen Wahnsinnigen von seinem Plan abzubringen. Auch, wenn er ihn töten müsste.
Comitti wurde ganz ruhig und betete an die heilige Apollonia, Schutzheilige der Zahnärzte. Er betete und hoffte, dass sie ihn hörte.
»Haben Sie sich zwischenzeitlich ein wenig erholen können?« Comitti öffnete erstaunt die Augen. War er eingeschlafen? Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war, dass er gebetet hatte.
Miguel trat an ihn heran und löste die Handschellen. »Verzeihen Sie mir, dass ich das tun musste.« Er nahm ihm den Knebel mit einem charmanten Lächeln ab. Nichts erinnerte mehr daran, dass dieser Mann noch vor wenigen Stunden schwer verwundet gewesen war. Miguel hatte sich in der Zwischenzeit umgezogen, wie Comitti feststellte. Er trug ein frisches Hemd – unbefleckt und ohne Riss.
»Besser, nicht? Ich sollte die Einwohner der Vatikanstadt nicht erschrecken, was denken Sie? Jedenfalls jetzt noch nicht.« Er lächelte abermals sein feines Lächeln und wandte sich dem Tisch zu.
»Sehen Sie, was ich uns mitgebracht habe: Lasagne. Frisch zubereitet. Ich dachte mir, eine kleine Stärkung, bevor wir weiterlesen, könnte nicht schaden.«
Comitti lief das Wasser im Munde zusammen. Es duftete herrlich.
»Freut mich, dass Sie mit meiner Wahl einverstanden sind.
Ich dachte, mal etwas Warmes zur Abwechslung könnte nicht schaden.« Mit gewandter Bewegung teilte Miguel die Lasagne auf die beiden bereitstehenden Teller aus. Wie lange mochte er sich schon im Raum aufhalten? Comitti spähte auf seine Uhr.
»Noch nicht so lange, aber ich wollte Sie noch ein wenig schlafen lassen, die letzten Nächte waren doch etwas kurz, nicht?«
Ohne die Antwort abzuwarten, hob Miguel sein Glas und prostete dem Pater zu. »Auf die letzten Kapitel.«
»Auf die letzten Kapitel«, wiederholte Comitti automatisch und hob sein Glas. Dabei tastete er vorsichtig nach dem Blister mit den Tabletten, das sich immer noch
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