Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
solltest diesen Vogel füttern und dich um ihn kümmern.«
Sie lieà das Telefonbuch fallen und sah ihrer Freundin leichenblass ins Gesicht.
»Was hast du da gesagt?«
»Er wird dich retten, dieser Vogel. Doch erst musst du ihm Nahrung geben.«
»Nein, ich meine das, was du eben über Suriel gesagt hast.«
»Oh. Ja, klar. Er dachte, er befände sich in deinem Traum, aber dann stellte er fest, dass es nicht so war.«
»Wie bitte? Was meinst du damit?«
Rowan seufzte und schloss die Augen. »Ein naheliegender Fehler, Mairi. Ich lag ja schlieÃlich auch in deinem Bett.«
Plötzlich hörte sie eine vertraute Stimme. Eine Stimme aus ihrer Kindheit, die sie früher immer gehört hatte, wenn sie unter ihrem Bett versteckt war, weil ihr Vater das Haus wieder einmal in betrunkenem Zustand demolierte.
»Du brauchst keine Angst zu haben, Mairi. Ich passe auf dich auf.«
»Hier, probier das mal.«
Bran beobachtete Mairi neugierig, wie sie Rowan ein Stück WeiÃbrot wegnahm und es zwischen ihren Fingern zerrieb, so dass seine Kiste nachher voller Brotkrumen war.
»Alle Vögel mögen Brotkrümel«, sagte Mairi zu ihrer Freundin.
Nur dieser hier nicht, dachte er.
»Er wird schon noch fressen. Früher oder später muss er ja.«
Mairi stand auf und ging zum Küchenschrank, wo sie sich auf die Zehenspitzen stellte und nach einer blauen Schachtel mit weiÃer Aufschrift griff. »Wie wärâs mit Cornflakes?«
»Kann nicht schaden.«
Sie zerkrümelte die Cornflakes und streute sie über die Brotkrümel.
Warum nur bestand sie immer darauf, alles zu zerkrümeln?
»Komm schon«, sagte sie sanft und stupste ihn mit der Hand an. »Das wird dir schmecken.«
Bestimmt nicht. Ihm wäre ein Steak oder ein wenig von dem Essen in den weiÃen Behältern auf dem Tisch wesentlich lieber gewesen. Es roch köstlich. Chinesisch, so hatten sie das genannt. Er hatte noch nie etwas dergleichen gegessen, doch die kleine Wohnung duftete überall danach. Widerwillig gab er zu, dass er das Essen der Sterblichen mittlerweile sehr gern mochte. Für einen Sidhe, der die Elemente zu beherrschen wusste, war er jedoch gar nicht auf Nahrung angewiesen, um sich zu stärken. Er nährte sich allein von Magie. Doch die vielen Jahre, die er nun schon regelmäÃig bei den Sterblichen verbrachte, hatten ihn gelehrt, sich an gewissen kulinarischen Freuden zu ergötzen und auch ein Verlangen danach zu verspüren. Doch Brotkrumen und Zerealien konnten ihn nicht locken.
»Vielleicht hätte er ja lieber eine Frühlingsrolle?«, meinte Rowan und kratzte die Reste von ihrem Teller in den Müll. »Er ist immerhin groà genug, um sie als Ganzes runterzuschlucken.«
Mairi schnitt eine Grimasse. »Du glaubst doch nicht etwa, dass er Mäuse frisst, oder? Oder Müll?«
Bran flatterte mit seinem unversehrten Flügel und hüpfte aufgeregt in seinem Kistchen herum. Wenn sie ihm wirklich eine Maus gegeben hätte, wäre er ernsthaft beleidigt gewesen.
»Blöde wählerische Krähe«, grummelte Mairi, während sie ihm noch ein paar Cornflakes hinwarf.
»Ich glaube nicht, dass es ihm besonders gefallen würde, wenn man ihn eine Krähe nennt.«
Er legte den Kopf schief und dankte der Göttin für eine Frau wie Rowan. Auch wenn er sich auf eine wundersame, wenn auch beängstigende Weise sexuell zu Mairi hingezogen fühlte, war es doch Rowan, die ihn in seiner animalischen Form besser zu verstehen schien.
Sie beugte sich nach vorn und berührte ihn mit dem Finger. »Er hat eine wunderschöne Zeichnung auf dem Gefieder. Ich frage mich nur, wo er die herbekommen hat.«
»Ich mach mir eher Sorgen, weil er nicht frisst.«
Sein Herz wurde ganz warm, als er den besorgten Ausdruck auf Mairis Gesicht sah.
»Er wird schon noch fressen. Irgendwann.«
Mairi nickte und wischte sich die Hände an der Hose ab. »Du siehst erschöpft aus.«
»Das bin ich auch«, gab Rowan leise zu. »Ich hab Dillon angerufen, damit er mich abholt. Er wird jede Minute hier sein.«
»Das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich hätte dich auch heimfahren können.«
Bran sah zwischen den beiden Frauen hin und her und fragte sich, wer zum Teufel wohl Dillon sein mochte. Sayer wusste das bestimmt längst, da er Rowan verzaubert hatte und in ihr Gedächtnis eingedrungen
Weitere Kostenlose Bücher