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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Tisch in einer Ecke des Saales führte, sondern zu einem, der für die bevorzugten Gäste reserviert war, worauf er Mr. Yardley höchstpersönlich eine große Speisekarte reichte. Der Maître d'hôtel und Mrs. Hendred stellten miteinander ein höchst gediegenes Mahl zusammen, an dem Mrs. Hendred ohne die geringsten Skrupel teilnehmen konnte, weil sie gerade am selben Tag Mr. Rogers getroffen und er sie über Lord Byrons Abmagerungsdiät richtig aufgeklärt hatte: Seine Lordschaft hatte keinen Essig, sondern Sodawasser getrunken, und welche Diät war leichter zu befolgen, wenn man sich ohnehin nichts aus Wein machte? Daher verlief das Dinner sehr erfolgreich, und wenn auch Veneria nur wenig zum Gespräch beitrug, so antwortete sie zumindest mit ihrem lieblichen Lächeln auf jede Bemerkung, die an sie gerichtet wurde. Wahrscheinlich gab sich Mr. Yardley damit zufrieden, denn er hatte seinen Gästen so ungeheuer viel über die verschiedenen Stätten von historischem Interesse mitzuteilen, die er besucht hatte, dass ohnehin keine der beiden Damen Gelegenheit hatte, mehr zu sagen als: „Nein, wirklich?" oder „Wie interessant, wirklich!"
    Mrs. Hendreds Londoner Kutsche brachte sie zum Theater. Edward hatte eine Loge besorgt, und Mrs. Hendred war froh, als sie sah, dass Veneria alle seine besorgten Bemühungen, dass sie auch gut säße, mit einer süßen, wenn auch leicht geistesabwesenden Nachgiebigkeit aufnahm. In Wirklichkeit überlegte Venetia einen neuen und äußerst gewagten Plan; den ganzen ersten Akt hindurch saß sie da und fragte sich, ob sie wohl den Mut aufbringen würde, sich kühn der ältesten Tante Damereis vorzustellen, ihr die ganze Geschichte zu enthüllen und sie um ihre Unterstützung zu bitten. Es war ein verzweifelter Plan, und als der Vorhang fiel, hatten sich sehr viele Einwände gegen ihn erhoben. Sie tauchte aus ihrer tiefen Versunkenheit erst auf, als Edward sie fragte, wie ihr das Stück gefiele. Sie gab eine höfliche Antwort, saß dann stumm da und schaute sich müßig im Theater um, während er sich über seine eigene wohlbedachte Meinung verbreitete.
    Ihre Aufmerksamkeit wurde fast unverzüglich von einer Loge gegenüber angezogen. Sic war bis zum Aufgehen des Vorhangs leer gewesen, war jetzt aber von einer Dame und einem Herrn derart modischer Erscheinung besetzt, dass sich nicht nur Venetias Augen auf sie richteten. Keiner der beiden stand mehr in der ersten Jugend, und der Gentleman hatte sogar eine starke Ähnlichkeit mit dem Prinzregenten. Er hatte die gleichen vorstehenden blauen Augen und den blühenden Teint; er trug einen Rock von übertrieben modischem Schnitt, eine prächtige Weste, und seine Beinkleider spannten sich glatt über einem Embonpoint nobler Proportionen. Er hatte sein Monokel auf Venetia gerichtet, aber nach einem flüchtigen Blick auf ihn hatte diese ihre Augen auf seine Begleiterin geheftet.
    Wenn schon der Gentleman prächtig wirkte, so fiel die Dame noch mehr auf. Eine Spur Kupferrot in ihren exquisit angeordneten Locken mochte die Hand eines gewogenen Coif-feurs verraten, das zarte Rot auf ihren Wangen aus einem teuren Rougetöpfchen kommen, aber ihre Gestalt, von einem sehr tief ausgeschnittenen Kleid verführerisch enthüllt - aus einer so weichen und durchsichtigen Seide, dass es sich ihrer Gestalt wie Spinnwebe anschmiegte -, verdankte der Kunst genauso wenig wie ihre großen strahlenden Augen, ihre klassisch gerade Nase oder der liebliche Umriss ihres Gesichts. Diamanten hingen von den Ohrläppchen, blitzten auf ihrem weißen Busen und an ihren Armen; ein Hermelinmantel lag sorglos über die Lehne ihres Stuhls geworfen. Sie lehnte etwas vorgeneigt an der Logenbrüstung, den Blick, wie der ihres Begleiters, auf Venetia gerichtet. Um ihre geschminkten Lippen lag ein leichtes Lächeln; sie bewegte einen Fächer, der mit Diamantensplittern besetzt war, langsam auf und ab, aber als Venetia sie mit großen Augen anstarrte, hob sie die andere Hand in einer winzigen Geste des Grußes.
    Mrs. Hendred, die nach ihrem üppigen Mahl schläfrig geworden war, hatte friedlich den ersten Akt des Stückes durchgedöst, hörte nun verschlafen Edwards gemessenem Diskurs zu und wünschte, dass sich der Vorhang endlich über dem zweiten Akt höbe und ihr damit erlaubte, wieder einzunicken. Edwards Stimme war derart monoton, dass es ihr schwerfiel, wach zu bleiben. Aber sie wurde davor gerettet, wieder einzuschlafen, als Venetia plötzlich fragte: „Tante, wer ist jene Dame

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