Venezianische Verfuehrung
Platz auf Erden verwandelt. Und ihre Müdigkeit war wie weggeblasen.
Schließlich wählte sie die Nummer ihrer Mutter. Sie wollte ihr noch bestätigen, dass sie, wie vereinbart, unmittelbar vom Flughafen aus zu ihr kommen und das Wochenende bei ihr verbringen würde. Von London-Heathrow direkt nach Stavely zu fahren, war zweifellos die praktischste Lösung, denn tags darauf musste sie ohnehin dort sein. Samstagabend sollte Fens Junggesellinnenabschied stattfinden.
Beschwingt eilte Laura wenig später zur Locanda Verona zurück. Sie wusste bereits, was sie anziehen würde. Ihr mit goldbraunen Schmetterlingen bedrucktes cremefarbenes Chiffonkleid war wie geschaffen für den warmen Sommerabend.
Auf die Minute pünktlich meldete Domenico ihr seine Ankunft. „Ich bin sofort unten“, erklärte sie rasch, nahm ihre Handtasche und zwang sich, die Treppe in einem gesetzten Tempo hinunterzugehen. Als sie ihn im dunklen Anzug, mit weißem Hemd und ihrer Krawatte an der Rezeption erblickte, schlug ihr aufgeregtes Herz noch einmal höher. Am liebsten wäre sie auf ihn zugelaufen und hätte sich in seine Arme geworfen.
„ Buona sera, Laura.“ Er lächelte sie an. „Du schaust bezaubernd aus.“
„Vielen Dank.“ Sie reichte ihren Schlüssel Signora Rossi, die ihnen einen schönen Abend wünschte, und verließ mit Domenico das Gästehaus.
„Erzähl mir, was du heute gemacht hast.“ Nebeneinander schlenderten sie über die Brücke.
„Nachdem ich das Päckchen im Hotel abgeliefert hatte, war ich im Guggenheimmuseum.“
„Du klingst nicht so, als hätte es dir dort wirklich gefallen.“
„Es war interessant“, antwortete sie zögerlich und beschrieb ihm ihren Ausflug am Morgen in die Moderne und am Nachmittag in die Renaissance. Als sie den Markusplatz erreichten, blieb sie stehen und sah ihn an. „Ich war nicht mit Freude dabei. Wegen gestern Abend fühlte ich mich den ganzen Tag über unglücklich und habe eigentlich nur die Zeit totgeschlagen.“
Er fasste ihre Hand. „Ich war auch bedrückt … Bis ich heute Nachmittag dein Geschenk erhielt.“
„Ich habe es schon am frühen Vormittag abgegeben.“
„Als ich dich anrief, war ich gerade erst im Hotel eingetroffen.“ Er winkte einem Passanten grüßend zu und schritt schneller aus. „Komm, wir nehmen ein Wassertaxi.“
„Wohin wollen wir?“
„In einen Park im Stadtteil Castello. Ich dachte, du würdest vorm Essen vielleicht gern etwas spazieren gehen. Oder bist du vom vielen Laufen heute geschafft?“
„Überhaupt nicht.“
Die Fahrt mit dem schnittigen Wassertaxi dauerte kaum eine ganze Minute. „Dieses kurze Stück hätten wir auch zu Fuß zurücklegen können“, sagte sie lachend, als er ihr von Bord half.
„Du sollst nicht erschöpft zu deiner Arbeit und deiner Familie zurückkehren“, antwortete er, während er sie in eine herrliche Grünanlage führte, die Laura nie in Venedig vermutet hätte. „Während der Biennale wird hier in den Pavillons zeitgenössische Kunst ausgestellt. Aber sie findet nur alle zwei Jahre statt“, erklärte Domenico mit einem Augenzwinkern. „Ein weiterer Ausflug in die Moderne bleibt dir also erspart.“
„Dem Himmel sei Dank. Obgleich ich ihn mit dir zusammen genossen hätte. Wie wahrscheinlich auch den Besuch des Guggenheimmuseums“, fügte sie ehrlich hinzu. „Doch heute hat mir nichts Spaß gemacht, weil ich allein und unglücklich war.“
Schnell blickte er sich um, bevor er sich zu ihr beugte und sie in die Arme nahm, um sie kurz verlangend zu küssen. „Selbst wenn es dir in der Öffentlichkeit vielleicht peinlich ist, habe ich das jetzt gebraucht.“
Laura schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. „Hoffentlich habe ich dich mit meinem Auftauchen im Hotel nicht in Verlegenheit gebracht.“
„Nein. Ich war überrascht und erfreut, als ich hörte, dass eine Laura Green etwas für mich abgegeben habe.“
„Ich dachte, dass die Kollegen dich möglicherweise aufgezogen haben und du lieber mit dem Wassertaxi hergefahren bist, damit wir nicht am Forli Palace vorbei mussten.“
Domenico spielte den Beleidigten. „Es ging mir einzig und allein um dein Wohlergehen.“
Laura lachte, und er strich ihr sanft über die Wange, bevor sie Hand in Hand weiterschlenderten. Nur zu gern hätte sie sich nach seiner Arbeit im Hotel erkundigt. Doch sie war viel zu erleichtert über ihre Versöhnung, als dass sie das Thema noch einmal anschneiden mochte. Sie wollte nicht riskieren, mit ihrer Frage seinen
Weitere Kostenlose Bücher