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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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irgendjemanden  schicken, ein Gespräch führen werden», sagte Schertzenlechner.
    «Ich habe ein Gespräch mit Ihnen geführt. Weiteren Gesprächsbedarf sehe ich nicht.»
    «Ich denke schon.» Schertzenlechner griff in die Innentasche seines Gehrocks und förderte einen leicht zerknitterten  Umschlag zutage, auf den eine kleine goldene Krone geprägt war.
    Tron beugte sich über den Tisch. «Was ist das für ein  Brief?»
    «Ein Brief an Sie , Commissario. Der eigentliche Grund meines Besuches. Jemand bittet Sie um Hilfe. Lesen Sie ihn.»
    Tron erbrach das Siegel und faltete den Brief auseinander. Die Botschaft enthielt nur ein paar lakonische Zeilen.
    Sie lauteten:

    Lieber Conte,
    ich würde Sie gerne sprechen, um mich in einer
    heiklen Angelegenheit Ihres Rates und Ihrer
    Unterstützung zu versichern. Mein Sekretär
    Schertzenlechner wird Ihnen Zeit und Ort
    mitteilen.

    Ich bin Ihr sehr ergebener
    Maximilian

    Der Erzherzog ging also in die Offensive. Ob dieses Manö ver mit Spaur abgestimmt war? Wahrscheinlich nicht.
    Tron sagte: «Können Sie mir verraten, um welchen  Dienst es sich handelt, den ich dem Erzherzog erweisen  soll, Signor Schertzenlechner?» Nicht, dass er es nicht bereits ahnte.
    «Das hat sich Seine Hoheit ausdrücklich selbst vorbehalten.» Schertzenlechners Miene blieb ausdruckslos.
    «Ich werde dem Erzherzog über den Rahmen meiner  Dienstpflichten hinaus nicht zur Verfügung stehen können.»
    Schertzenlechner griff nach seinem Zylinderhut, den er  neben sich auf den Boden gestellt hatte, und erhob sich von seinem Stuhl. «Seine Hoheit erwartet Sie morgen um zwölf Uhr auf Schloss Miramar. Der Erzherzog wird Ihnen ein Angebot machen, das Sie unmöglich ablehnen
    können.» Er wandte sich zur Tür, blieb aber nach zwei  Schritten plötzlich stehen und drehte sich um. «Commissario?»
    «Ja?»
    «Hier ist noch etwas, das Sie interessieren dürfte.» Wieder griff Schertzenlechner in die Innentasche seines Gehrocks, aber diesmal zog er ein zusammengefaltetes Stück Papier und eine runde, in der Mitte durchgeschnittene Photographie heraus.
    Tron erstarrte, als er das Photo erkannte – hoffentlich, dachte er, nicht lange genug, um Schertzenlechner misstrauisch zu machen. Wann hatte er vor ein paar Tagen schon einmal das Gefühl gehabt, plötzlich in einen grotesken Traum geraten zu sein? Richtig – als der eifersüchtige Spaur ihn dazu aufforderte, sein Gereimsel im Emporio della Poesia zu veröffentlichen.
    Trons Stimme klang gepresst. «Was ist das?»
    «Irgendjemand hat das Medaillon gefunden, das Seine  Hoheit Anna Slataper zum Geburtstag geschenkt hatte.»
    Schertzenlechner lächelte verächtlich. «Es enthielt eine Photographie des Erzherzogs. Offenbar versucht man, mich mit einer Hälfte der Photographie zu erpressen. Ich könnte die andere Hälfte des Bildes kaufen. Für hundert Lire. Das lag heute Morgen in meinem Hotel.»
    «Weiß man, wer das abgegeben hat?»
    «Ein Dienstmann hat dem Hotelportier einen Umschlag  übergeben.»
    Tron stellte die Frage, die Schertzenlechner wahrschein lich von ihm erwartete. «Halten Sie es für sinnvoll, in dieser Angelegenheit etwas zu unternehmen?»
    Schertzenlechner schüttelte den Kopf. «Dieser Versuch,  mich zu erpressen, ist so kolossal einfältig, dass man ihn ignorieren sollte. Lächerliche hundert Lire.»
    Tron schluckte. «Wer könnte dahinter stecken?»
    «Vermutlich diese Signora, die bei Anna Slataper geputzt hat.»
    «Signora Saviotti?», fragte Tron.
    «Ich glaube, so hieß sie.»
    «Möchten Sie, dass ich einen Sergente bei Signora Saviotti vorbeischicke?»
    «Campo Santa Margherita um Mitternacht! Zur Geister stunde!» Schertzenlechner winkte ab und verdrehte die Augen. «Das hat sie aus irgendeinem Dienstbotenroman.» Er zog verächtlich die Mundwinkel nach unten, bevor er sich wieder zur Tür wandte. «Wissen Sie, was das für mich ist, Commissario?»
    Tron hob fragend die Augenbrauen.
    «Ein typischer Putzfraueneinfall.»

19

    Angelina Zolli sah erleichtert zu, wie Signora Zuliani mit schweren Schritten den Mittelgang von Santa Maria Zobenigo entlangstapfte, vor dem Hochaltar eine fast militärische Drehung nach rechts vollführte und auf die Tür zumarschierte, die auf den kleinen Hof an der Westseite der Kirche führte. Einen kurzen glücklichen Augenblick lang hoff te sie, dass Signora Zuliani in der Pfütze, die sich bei Regen immer vor der Tür bildete, ausrutschen und sich das Genick brechen würde

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