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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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quittierte diese Frage mit einem verständnislosen  Blick. «Wie dir bekannt sein dürfte, können alle Mitglieder des Großen Rates zu Dogen gewählt werden. Damit stehen sie Fürsten gleich. Das ist seit über tausend Jahren so und ist in allen europäischen Staatskanzleien nie anders gesehen worden.»
    Die Principessa verdrehte die Augen. «Wie dir bekannt sein dürfte, Tron, gibt es die Republik seit 1797 nicht mehr. Das heißt: keine Republik, kein Großer Rat, kein Doge. Wir leben im Jahre 1863, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest.»
    «Und zweitens», fuhr Tron unbeirrt fort, «gibt es die  Trons schon ein paar hundert Jahre länger als die Habsburger. Schon von daher gesehen wäre es lächerlich, mir eine Rangerhöhung anzubieten.»
    «Die du ablehnen würdest.»

    Tron überhörte die Ironie in der Stimme der Principessa. Er sagte: «Selbstverständlich.»
    «Also keine Rangerhöhung und kein Orden. Aber was  dann?»
    «Dass ein Österreicher Polizeipräsident von Venedig ist», sagte Tron, «galt immer als Notlösung. Und der Baron ist nicht mehr der Jüngste. Maximilian könnte mir den Posten des Polizeipräsidenten in Aussicht stellen. In Absprache mit seinem Bruder. Ich weiß, dass die Österreicher lieber einen Venezianer als Polizeipräsidenten hätten. Solange er loyal ist.»
    « Bist du loyal?»
    «Der Stadt gegenüber schon. Und ich bin weder als Anhänger Garibaldis noch als Parteigänger Turins bekannt. Mit dem Anschluss des Veneto an Italien habe ich nichts am Hut. Das dürfte für eine Ernennung reichen», sagte Tron.
    Er lehnte den Oberkörper ein wenig zur Seite, damit ihm Moussada (Massouda?) einen Servierlöffel Erbsen auf den Teller häufen konnte.
    Die Principessa betrachtete Tron plötzlich mit einem  Gesichtsausdruck verwirrter Konzentration. «Willst du damit sagen, dass du bereit wärst, dich auf solch einen Handel einzulassen?»
    Ein Handel, der der Principessa eigentlich gefallen müsste, dachte Tron. Maximilian geht unbehelligt nach Mexiko, ihre Anleihen steigen, und ihr Gatte wird Polizeipräsident.
    Was irritierte sie also daran? Er sagte: «Gestern hast du mir lang und breit erklärt, dass du bankrott bist, wenn deine mexikanischen Staatsanleihen nicht bald anziehen. Und dass sie nur dann anziehen, wenn Maximilian nach Mexiko geht.»
    «Ich habe dich zu nichts gedrängt», sagte die Principessa.

    Nein, sie hatte ihm lediglich vor Augen geführt, dass er für ihren Bankrott verantwortlich wäre, wenn sich herausstellen sollte, dass Maximilian tatsächlich in diesen Mord verstrickt war.
    «Abgesehen davon», fuhr die Principessa fort, «dass ich immer noch nicht davon überzeugt bin, dass es sich hier um einen Mord im Auftrag Maximilians handelt.» Ihre Serviette rutschte zu Boden, ohne dass sie es bemerkte.
    Tron lehnte sich über den Tisch. «Und die Einladung  nach Miramar? Das Angebot, das ich nicht ablehnen kann?
    Das ist alles ziemlich eindeutig.»
    Was die Principessa insgeheim wahrscheinlich ebenso  sah, denn sie brach das Gespräch ab. «Wann musst du gehen?»
    Tron warf einen Blick auf seine Repetieruhr. «Die Erzherzog Sigmund legt um Mitternacht ab. Ich muss vorher noch in den Palazzo Tron, und ich will vor dem Ablegen noch mit Commandante Landrini reden. Eine Stunde habe  ich noch Zeit.»
    «Das ist gut.»
    «Warum?»
    «Weil ich gleich einen Besucher erwarte. Ich möchte,  dass du ihn kennen lernst. Es ist ein alter Freund von mir, der sich zurzeit in Venedig aufhält. Wir kennen uns aus Gambarare.»
    Tron hob überrascht den Blick von seinem Filet. Gambarare war das Nest in der terra ferma, aus dem die Principessa stammte. Es war außerordentlich selten, dass sie davon sprach.
    «Du hast diesen Freund nie erwähnt», sagte Tron.
    Die Stimme der Principessa klang gleichgültig. «Wir haben uns vor vier Jahren zufällig in Paris wiedergesehen. Er  ging vor zehn Jahren nach Mexiko und musste ins Exil, als Juárez an die Macht kam. Jetzt ist er wegen Gutiérrez nach Venedig gereist. Er hat etwas herausgefunden, das du wissen solltest.»
    «Was?»
    «Das wird er dir selber sagen.» Die Principessa hob lauschend den Kopf. Dann hörte Tron Schritte in der sala, und die Tür des Speisezimmers öffnete sich. «Er ist gerade gekommen», sagte die Principessa.
    Tron runzelte die Stirn. Einen kurzen Moment lang hatte sich die Principessa wie eine Frau angehört, die er nicht kannte – wie eine Debütantin vor ihrem ersten Ball. Irritierend war auch, dass sie

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