Venezianische Versuchung
ernst.“
„O ja. Jane, ich bin kein junger Mann mehr. Aber ich kann dir alles geben, was eine Frau sich wünscht. Ich versichere dir, dass du niemanden finden wirst, der dich mehr liebt als ich.“
Tränen liefen ihr über die Wangen. „Ich bin so glücklich“, flüsterte sie. „O Richard, ich liebe dich mehr als alles auf der Welt.“
Jetzt glitzerten auch in seinen Augen Tränen. „Jane“, sagt er gerührt, „mein Herz, mein Leben, meine über alles geliebte Jane …“
Signor di Rossi war schlecht gelaunt.
Die kleine englische Jungfrau war ihm nun schon zum zweiten Mal entwischt. Und es war ihr noch nicht einmal schwergefallen. Verflucht, das war wirklich demütigend!
Als er gehört hatte, dass dieser englische Trottel mit ihr an dem Ridotto teilnehmen wollte, war er der festen Meinung gewesen, das würde ihm die Verwirklichung seiner Pläne sehr erleichtern. Längst hatte er in Erfahrung gebracht, dass Jane Wood ein unabhängiges Wesen besaß und deshalb nicht ständig an der Seite ihres Begleiters blieb. Er würde also nur ein wenig Geduld aufbringen müssen. Und wenn die Gelegenheit günstig war, konnte er die verführerische kleine Engländerin ergreifen.
Ah, sie hatte hinreißend ausgesehen in ihrem Kostüm. Obwohl er im Grunde ihre strenge Gouvernantentracht bevorzugte, hatte ihm die verführerische Colombina gefallen. In ihrem rosaroten mit grünen Bändern geschmückten Kleid erinnerte sie ihn an eine reife Frucht, die nur darauf wartete, gepflückt zu werden.
Aber er hatte sie nicht gepflückt. Er hatte sie entkommen lassen. Statt sie zu unterwerfen, hatte er sich sanft und geduldig gezeigt und ihr somit die Flucht ermöglicht. Dabei wusste er natürlich, dass Jungfrauen nicht leicht zu verführen waren, insbesondere wenn sie Angst hatten. In solchen Fällen gab es nur eine Lösung: Man musste sie mit Gewalt nehmen. Dass Jane sich gegen seine Umarmung und gegen seinen Kuss gewehrt hatte, hatte sein Verlangen angestachelt. Er hatte den wundervollen Augenblick, da er sie sich ganz und gar untertan machte, hinauszögern wollen. Und das war sein Fehler gewesen. O Gott, er ärgerte sich, dass er die Situation so falsch eingeschätzt hatte!
In seinem Zorn hatte er zwei Schurken angeheuert, die den Duke überfallen, ausrauben und töten sollten. Er war so sicher gewesen, dass Miss Wood sich gern von ihm hätte retten lassen. Wer sonst hätte ihr Hilfe anbieten können, wenn dieser Engländer tot war?
Ein unfehlbarer Plan, so hatte er geglaubt – und sich schon wieder geirrt. Der Duke hatte sich der beiden Verbrecher erwehren können, obwohl er nicht mehr jung war. Er hatte sogar den einen Schurken lebensgefährlich verletzt.
Unfassbar, dachte di Rossi, dass der andere die Dreistigkeit besessen hat, noch einmal zu mir zu kommen und Geld für den misslungenen Überfall zu fordern!
Natürlich musste der Mann beseitigt werden. Di Rossi hatte seinen vertrauenswürdigsten Diener damit beauftragt, den Kerl aus dem Weg zu räumen, damit der keine Geheimnisse ausplaudern konnte.
Doch das genügte nicht, um seinen Zorn zu dämpfen. Di Rossi stieß ein wütendes Schnauben aus und schenkte sich noch einmal Wein nach. Die kleine Engländerin übte eine seltsame Macht über ihn aus. Wie ein Gift, gegen das nur ein einziges Gegenmittel existierte, hatte sie von seinem Denken und Fühlen Besitz ergriffen. Er würde nicht mehr lange warten können, ehe er dieses Gegenmittel anwendete. Er musste sie zu der Seinen machen!
Diesmal würde er seine besten Leute beauftragen, Miss Wood zu entführen und zu jenem Haus zu bringen, dass er speziell für solche Gelegenheiten gekauft hatte. Dort würde er sich die Kleine gefügig machen. Wie sehr würde er ihre ängstlichen Bitten, ihre Schmerzensschreie und ihr Stöhnen, wenn sie sich endlich fügte, genießen!
Er lächelte böse. Wenn dieser Duke „seine“ Miss Wood danach noch wollte, dann sollte er sie mit den besten Empfehlungen zurückbekommen.
21. KAPITEL
J ane hatte sich eng an Richard geschmiegt. Sie genoss seine Nähe und seine Wärme. Seit einiger Zeit schon hielt er sie im Arm, was bewirkte, dass sie sich beschützt und sicher, vor allem aber geliebt fühlte. Ein glückliches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Inzwischen war es Morgen geworden. Da in der vergangenen Nacht niemand daran gedacht hatte, die Vorhänge zu schließen, fanden die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster ihren Weg ins Zimmer. Jane mochte die Augen noch nicht öffnen, doch
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