Veni, Vidi, Gucci
wenn es mich umbringt.«
Summer lächelt mich schwach an. »Du machst das schon. Das weiß ich.«
»Aber der Punkt ist doch, wenn einem Versager wie mir der Auftrag seines Lebens einfach so in den Schoß fällt, dann stell dir bloß mal vor, welche Rollen auf eine erfahrene Schauspielerin wie dich noch warten. Opfere das Baby nicht, Summer, du kannst nämlich beides haben.«
»Oh Mann, Fran, was ist mit dir passiert? Du klingst ja wie ... ich .«
»Dann solltest du besonders gut zuhören. Schließlich sind deine Ratschläge immer super. Vergiss die Arbeit, und vergiss Laurence. Wenn du dich für das Kind entscheidest, tust du genau das Richtige, weil, nun ... weil es das Richtige ist. Vielleicht siehst du das jetzt noch anders, aber in ein paar Tagen wirst du mir recht geben. Wenn du das hier jetzt durchziehst, wirst du es hinterher furchtbar bereuen.«
Meine Worte schweben durch die Luft, auf Summer zu.
Ich widerstehe dem Bedürfnis, auf meine Uhr zu schauen. Thomas . Ob sie schon da sind?
Ich widerstehe auch dem Bedürfnis, Summer an den Schultern zu packen und kräftig durchzuschütteln. Ich habe einfach recht. Warum erkennt Summer das nicht?
Aber ich täusche mich, und die Tränen in Summers Augen verraten mir, dass sie es hatte kommen sehen. Sie brauchte lediglich eine Bestätigung. Jetzt rutscht sie von der Mauer und klammert sich an mich.
»Ich will das Kind ja ... Aber ich habe so furchtbare Angst, Fran«, sagt sie flüsternd.
»Das ist doch völlig normal«, tröste ich sie. »Das gehört zum Programm.«
»Ich glaube trotzdem nicht, dass ich das alleine packe«, schluchzt Summer los, und mein Gesicht wird feucht von ihren Tränen.
»Aber du bist nicht alleine«, sage ich. »Und du wirst auch nie alleine sein.«
Und wenn Sie dachten, dass das eben Weinen war, vergessen Sie’s. Das hier nenne ich Weinen. Ich lasse Summer sich an meiner Schulter ausheulen. Gleichzeitig hebe ich unauffällig den linken Arm und spähe verstohlen auf meine Uhr. Viertel vor zwölf. Thomas’ Probetraining beginnt in fünfzehn Minuten. Wenn ich mich innerhalb der nächsten fünf Minuten aus Summers Umklammerung befreie, zum Wagen renne und wie eine Geistesgestörte nach Beckenham rase, kann ich vielleicht noch das Ende sehen.
»Ich gehe mal wieder rein und hole meine Sachen«, sagt Summer. »Hast du Lust, was essen zu gehen?«
»Eigentlich schon, aber ich muss nach Beckenham.«
»Nach Beckenham? Warum?«
»Thomas hat dort heute sein Probetraining.«
»Um Himmels willen, Fran, warum hast du das nicht gesagt? Um wie viel Uhr fängt es an?«
»Äh, in fünfzehn Minuten.«
»In fünfzehn Minuten? Scheiße. Was machst du dann noch hier, verflucht? Geh schon! GEH!«
»Bist du sicher, dass du klarkommst?«
»Natürlich, dumme Frage«, fährt Summer mich an.
Das ist die alte Summer.
»Möchtest du, dass ich mitkomme, Fran? Dann kann ich dich lotsen.«
Summer und mich lotsen? Summer ist eine Diva. Sie fährt nie selbst. Vielmehr nennt sie dem Taxifahrer ihr Ziel, schließt die Augen und macht sie erst wieder auf, wenn sie angekommen ist. Aber natürlich sage ich zu ihr: »Ja, das wäre klasse.«
Scheißtechnik. Was macht ein Navigationsgerät für einen Sinn, wenn es einen nicht einmal richtig durch London lotsen kann? So ein Ding bringt doch nur was, wenn es sagen kann: »Bei der nächsten Möglichkeit links abbiegen ... Nicht hier. Das ist eine Tankstelle ... Die nächste links ... An der Ampel ... Hier ... Hier! REISSEN SIE DAS VERDAMMTE LENKRAD NACH LINKS!« Dann würde es sich lohnen, sich so ein Ding anzuschaffen. Und wenn es dann noch die feuchte Stirn des Fahrers mit einem weichen Tuch abtupfen könnte, wäre das ein zusätzlicher Vorteil.
Aber natürlich kann Richards Navigationsgerät nichts davon. Es steckt einfach nur im Armaturenbrett. Stumm. Wahrscheinlich schmollt es mit mir. Wahrscheinlich sagt es sich leise: »Es ist ja wohl kaum meine Schuld, wenn die blöde Kuh am Steuer nicht mal die einfachsten Anweisungen kapiert, oder?«
Wo sind wir hier, verflucht? Sind wir nicht vor fünf Minuten schon einmal an dieser Kneipe vorbeigefahren?
Summer? Absolut keine Hilfe. Sie klammert sich gerade am Armaturenbrett fest, sodass ihre Knöchel weiß hervortreten, während ich den Wagen zur Straßenmitte lenke, um zu sehen, ob ich den großen Lieferwagen überholen kann, der unverschämt langsam vor uns herzockelt. Ich werfe einen Blick auf Summers Gesicht. Sie ist kreideweiß. Und sie hat seit zwanzig
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