Veni, Vidi, Gucci
gefragt, und die Werbebranche riss sich förmlich um mich. Sie wollten für eine Bank werben? Ich konnte sehr vertrauenswürdig klingen. Oder für ein Parfüm? Wie sinnlich dahingehaucht hätten Sie es denn gerne? Lebendiges Cockney, knorrige Nordlichter, Schönheiten aus dem Süden ... das gehörte alles zu meinem Repertoire. Ich habe für die BBC Naturdokumentationen synchronisiert und Radiosketche für Radio Four gemacht ... Und ich habe sogar bei einer frühen Folge der Simpsons mitgewirkt. Da damals die Hautevolee von der Satire nicht verschont wurde, war meine Maggie Thatcher dementsprechend begehrt. (Heute erledigt das der echte Tony Blair ganz von selbst, den kann man gar nicht mehr parodieren.)
Und dann das viele Geld! Nicht für Die Simpsons oder Spitting Image, sondern von Sony und Procter & Gamble. Wenn ein Werbespot verlängert wurde und immer weiter Tantiemen abwarf, konnte ich mit einer halben Stunde Arbeit in der Aufnahmekabine ein Vermögen verdienen.
Vor zwölf Jahren hatte Richard sein Studium beendet und verdiente zunächst gerade so viel, dass es für die Miete reichte. Nachdem wir ein halbes Jahr zusammen waren, zog er bei mir ein. Aus praktischen Gründen, wie wir uns sagten, aber wir wussten beide, dass mehr dahinter steckte. Wir waren bis über beide Ohren verliebt. Ich kann mich noch an die Zeiten erinnern, als wir – ha, nennen Sie uns liebestoll – zusammen in der Badewanne lagen. Wir waren zwar eingequetscht wie die Ölsardinen, und das Wasser schwappte ständig über den Wannenrand und durchnässte unsere Kleider, die achtlos auf dem Boden verstreut waren, aber wen kümmerte das? Wir waren, wie gesagt, toll vor Liebe.
Heute haben wir zwei Badezimmer und eine zusätzliche Dusche, sodass wir freie Wahl haben. Keiner muss mehr das Bad mit dem anderen teilen. Aber das war nicht der Sinn der Sache, oder? Müssen wir getrennte Bäder haben? Früher wollten wir immer alles zusammen machen.
Warum verstreuen wir unsere Klamotten nicht mehr wild auf dem Boden, ohne uns darum zu kümmern, dass sie nass werden oder wir darauf herumtrampeln? Wo ist die Spontaneität geblieben?
Komm her, ich will, dass du es mir jetzt besorgst, gleich hier auf dem Küchentisch, und mir ist egal, ob uns jemand dabei zusieht, aber besser, ich lege vorher dieses Messer hier zur Seite, und oh, die Vase stelle ich auch besser weg. Da fällt mir ein, ich muss noch eben kurz das Fleisch zum Auftauen herauslegen. Dabei könnte ich auch noch schnell die Spülmaschine anstellen, aber dann werde ich hemmungslos über dich herfallen, usw.
Nicht gerade, wie in Wenn der Postmann zweimal klingelt , oder?
Aber so ist es nun mal. Während die Leidenschaft mit der Zeit nachlässt, entwickelt sich eine innige Liebe, die wie ein Krebsgeschwür wächst. Leidenschaft erzeugt Liebe erzeugt Verachtung. Wie traurig.
Für ein paar Jahre lebte Richard mehr oder weniger auf meine Kosten. Dann machte er auf der Karriereleiter einen Sprung nach oben, und sein Gehalt ebenso. Bevor wir wussten, wie uns geschah, gab es eine große Hochzeitsfeier und schicke Autos und exotische Urlaubsreisen und schließlich die Kinder. Inzwischen sind vierzehn Jahre vergangen. Es ist Samstagmorgen: Richard ist bei seiner Forschungsgruppe in Bristol, und ich bin mit den Kindern alleine. Wieder einmal. Aber ich kann ihm keinen Vorwurf machen. Ich vermute, er geht mir aus dem Weg wegen der Sache am Montag, als ich nicht dort war, wo ich hätte sein sollen.
Ich habe Summer kurz gesimst, dass ich hoffe, dass sie sich auf der Party gestern gut amüsiert hat. Mein schlechtes Gewissen trieb mich dazu – weil ich keinerlei Anstrengungen unternommen hatte, um dorthin zu gehen. Doch selbst wenn ich einen Babysitter aufgetrieben hätte, was hätte ich dann anziehen sollen?
Ein neues Outfit! Meine Geburtstagsfeier ist in einer Woche, und der Gedanke, dass ich nichts zum Anziehen habe, versetzt mich in Panik. Dabei dachte ich, eine Lösung gefunden zu haben. Morgen, Sonntag – Richards freier Tag und damit auch mein freier Tag – wäre ideal, um in Ruhe shoppen zu gehen, während Daddy die Kids beschäftigt. Aber dann fiel mir zu meiner großen Enttäuschung ein, dass Richards Schwester morgen Geburtstag hat. Ich werde den ganzen Tag auf einer Familienfeier festsitzen.
Was soll ich bloß tun? Der Gedanke quält mich schon den ganzen Tag, und ich muss mich dringend auf etwas anderes konzentrieren.
Thomas hat schlechte Laune und zieht ein Gesicht, als wäre er des
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