Veni, Vidi, Gucci
-Anzug, der attraktivste und einflussreichste Mensch, den ich kenne, und alles, worüber er sich im Moment Gedanken macht, ist, wie er mich aus meinem Trott herausholt. Richard liebt mich, kein Zweifel. Summer täuscht sich gründlich in ihm – so gern ich sie auch habe, aber sie erfüllt manchmal wirklich ganz das Stereotyp einer männerhassenden Lesbe. Richards einziges Interesse ist, mich wieder zum Leben zu erwecken.
»Ich dachte, du hättest mich aufgegeben«, sage ich jetzt zu ihm. »Nach meinem, äh, kleinen Ausfall am Montag.«
»Ach, das? Das sind doch olle Kamellen. Schon längst vergessen.« Richard lächelt mich an.
Ich schlinge die Arme um seinen Hals und koste es einen Moment lang aus, mich an ihm festzuhalten. Dann hebe ich den Kopf zu seinem Gesicht und küsse ihn sanft auf die Lippen. Ich bin zwar nicht sicher, was ich erwartet habe, als ich mich von Richard wieder löse, aber sicher nicht denselben gequälten Blick wie vorhin im Schlafzimmer.
»Denkst du, wir finden sie wieder?«, frage ich, die Arme immer noch um seinen Hals geschlungen, weil ich nicht loslassen will.
»Was meinst du?«
»Die Leidenschaft. Kannst du dich noch erinnern? Du weißt schon, Knutschen, Schmusen, S-E-X.«
»Ich glaube, du bist betrunken«, entgegnet Richard. Er lächelt immer noch, aber es geschieht automatisch. Er nimmt meine Hände von seinen Schultern und hält sie zwischen uns, sodass sie eine Barriere bilden. Sein Blick schweift nervös durch den Raum. »Reiß dich zusammen, Fran. Harvey sieht gerade her.«
»Okay, aber mach dir mal nicht ins Hemd.« Ich klinge eine Spur zu bockig. Besser, ich mache mal langsamer mit dem Schampus. Wenn ich nicht aufpasse, saufe ich mich noch auf meiner eigenen Geburtstagsparty bewusstlos.
Richard lässt meine Hände los, was den Moment nicht so beendet, wie ich mir das gewünscht hatte. Aber er bemerkt meine Enttäuschung nicht, weil Fiona sich in diesem Augenblick auf ihn stürzt. Wo kommt die denn auf einmal her? Und wer hat sie eingeladen?
»Hey, Schwesterherz!« Richard umarmt Fiona, als wäre der vergangene Sonntag schon eine ganze Ewigkeit her. Als wäre sie extra aus Australien eingeflogen worden.
Sie wirft mir mein Geschenk praktisch zu, schickt einen Kuss durch die Luft hinterher und schleift ihren Bruder zu Leuten, bei denen ich mich nicht erinnern kann, sie eingeladen zu haben. Wie bei der Hälfte aller Anwesenden hier. Wer zum Teufel sind diese Leute? Scheiß drauf. Ich trinke mein Glas leer und tausche es gegen ein volles.
»Tja, die böse Vier vor der Null. Wie fühlt es sich denn an?« »Wie bitte?«
Wer ist der Kerl und wovon redet er?
»Die böse Vier ... vierzig ... Das ist doch praktisch ein neuer Lebensabschnitt, oder nicht?« »Ich bin nicht vierzig«, fauche ich. »Heute ist erst mein siebenunddreißigster Geburtstag.« »Oh Gott ... das tut mir wirklich leid. Ich habe gedacht ... du weißt schon, so eine Riesenfeier, das kann nur
ein rundes Jubiläum sein«, versucht er sich herauszuwinden.
Nein, du Blödmann, du hast gedacht, ich sehe wie vierzig aus . Wer zum Geier ist das? Ich starre ihn an, zu betrunken, um darauf Rücksicht zu nehmen, dass er sich offensichtlich unwohl fühlt. »Wer sind Sie?«, frage ich eine Spur zu aggressiv.
»Wie bitte?«
»Wie heißen Sie? Ich kann mich nicht an Sie erinnern.«
»Ich bin Chris ...«
Ich starre ihn ausdruckslos an.
»Chris Sergeant ... Head of TV ... Saatchi.«
Chris Sergeant, Head of TV bei Saatchi & Saatchi ... Scheiße. Wie konnte ich dieses Gesicht nur vergessen? Chris war früher mein bester Auftraggeber. Er hat mich für alles gebucht, wofür jemand mit Akzent benötigt wurde ... Hunderte von Aufträgen, Tausende von Sprüchen ... Sergeant Chris! Ein toller, ein hinreißender, ein fabelhafter Mann. Gut, er war schon mal schlanker, aber waren wir das nicht alle? Ich selbst habe Richard gebeten, Chris auf die Gästeliste zu setzen. Oh Gott, jetzt ist es an mir, verlegen zu sein.
»Chris!«, rufe ich mit piepsiger Stimme aus. »Es tut mir ja so leid.«
»Schon okay. Hör mal, Fran, ich hole mir kurz ein neues Glas«, erwidert er. »Bin gleich wieder da.«
Ich beobachte, wie Chris sich einen Weg durch die Partygäste bahnt, bis ich ihn nicht mehr sehen kann. Ich fühle mich schrecklich. Wie gerne würde ich mit Chris reden, über alte Zeiten plaudern ... Wahrscheinlich würden wir die ganze Nacht durchquatschen, vorausgesetzt, er kommt noch mal wieder.
Ich will gerade los, um Chris zu
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