Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

Titel: Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Meier
Vom Netzwerk:
habe ich keine besonders auffälligen Begabungen gefunden, nur den übliche Kram.«
    Tim betrachtete seinen Cousin. Um die graublauen Augen fand sich eine leichte Rötung. Sein Blick glitt zum Bett. Es war unberührt. Loki hatte also tatsächlich nicht geschlafen. Bevor Tim allerdings fragen konnte, was er stattdessen in der vergangenen Nacht getrieben hatte, sagte Loki: »Hast du die Listen kopiert?«
    »Klar. Alles in der Mappe da. Geschossen hat übrigens keiner auf mich, aber die alte Sekretärin hat mich manchmal so angeschaut, als hätte sie’s vor.«
    Loki nahm die Mappe, setzte sich auf das Bettende und fing an, sie durchzublättern. »Wo ist die Liste mit dem Jahrgang des Direktors?«
    »Verbrannt.«
    » Verbrannt ?« Loki sah auf.
    »Ja. Chester, der Schülersprecher, hat’s mir grade eben gesagt. Vorletztes Jahr gab es einen Brand in den Archiven.«
    Loki sah nachdenklich aus, schwieg ein paar Momente. »Ich verspüre Hunger.« Er machte die Mappe zu und ließ sie auf dem Bett liegen. »Lass uns in die Stadt fahren.«
    Tim sprang auf die Beine. »Fabelhafte Idee!«
     

8
    CHEST
     
    ›… ein Notfall. Ich würd dich ja weitermachen lassen, aber du wolltest es so.‹
    Einen Moment lang wusste Chest nicht, ob er Horas Stimme nun in der Imagination, der Vergangenheit hörte, oder im Jetzt. Nur langsam kehrte seine Aufmerksamkeit in die Gegenwärtigkeit zurück. Schwerfällig, wie durch Watte sackte sein Geist durch die Zeitschichten.
    Er schlug die Augen auf.
    Hora stand mitten im Raum, in der gegürteten Hand hielt er das kleine schwarze Täschchen. Auf seinem ebenmäßigen Gesicht lag das altbekannte Grinsen. »Es wird spannend, was?«, fragte er.
    Chest war flau im Magen. ›Verfickte Scheiße‹, fluchte er in Gedanken. ›Hol mich nie wieder einfach so zurück! Ich hätte mich in der Zeit verlieren können.‹
    Hora warf ihm das Täschchen auf den Schoß. »Blödsinn. Ich hatte alles unter Kontrolle. Wir müssen los.«
    »Warum?«
    »Das Signal stand hoch am Himmel. Im Zodiak des unbelehrbaren Gimpels fraß es sich in die Umlaufbahn und hinterließ beim Abbiegen eine Scheißespur auf der Kreuzung der Milchstraße.« Hora lachte schallend.
    Chest war speiübel, doch er musste schmunzeln. Schweigend kam er auf die Beine, zog sich sein Hemd und sein T-Shirt über den Kopf und schnallte sich das Täschchen um den Bauch. Danach zog er sich wieder an.
    Als er den Blick hob, hielt ihm Hora einen Stick unter die Nase. Chest nahm ihn und ließ ihn in die Hosentasche gleiten. Er prüfte mit geschulten Daumenbewegungen die Schlagringe in ihren Halterungen, vergewisserte sich, dass sie korrekt saßen, und folgte schließlich Horas Beispiel, schlüpfte in seine Turnschuhe und in seine Jacke.
    Sie verriegelten alle fünfzehn Schlösser und verließen den Wohnblock.
    Fünf Uhr nachmittags. Die kommende Dunkelheit lag in der Herbstluft, aber noch war es taghell.
    Eine Straße von ihrer Wohnung entfernt zog Chest den Stick heraus, steckte ihn zwischen die Lippen und zündete ihn an. Sie bogen nach links ab und gingen auf die eiserne Brücke zu, ein winziger, schmaler Fußgängersteg, der über die größtenteils unbenutzten und verrosteten Gleise zehn Meter weiter unten führte.
    ›Links von dir‹, hörte er Hora denken.
    Ohne den Kopf zu drehen, konnte Chest eine Gestalt im Gebüsch unter ihnen ausmachen, die dort zusammengekauert saß, als würde sie scheißen. Die leeren Augen des Mannes stierten verstohlen zu ihnen herauf, das bleiche Gesicht war übersät mit blutenden Geschwülsten.
    Sie gingen schweigend weiter, den Blick immer starr nach vorne, scheinbar ins Nichts gerichtet.
    ›Tonight make me unstoppable‹, sang Hora in Gedanken. Das war sein Lieblingssong: The Prayer von Bloc Party. ›I will charm, I will slice.‹ Er kicherte. Sein Gesicht war ohne jede Regung. Das wusste Chest.
    Der Mann verfolgte ihre Schritte über die Brücke. Er drehte den Kopf nur langsam, er glaubte, die beiden hätten ihn nicht entdeckt.
    ›Rechts‹, sagte Hora.
    Ein Kind. Eines der Augenhöhlen leer, eingefallen wie ein verdorrter Apfel. Es stand am Pfeiler am Ende der Brücke im Schatten, so schlecht versteckt wie es nur Kinder tun konnten. An einem seiner Füße fehlte ein Schuh.
    ›Fünf oder sechs?‹, fragte Hora.
    ›Sieben‹, antwortete Chest. ›Hinter uns.‹
    ›Lord, give me grace and dancing feet‹ , sang Hora. Und dann meinte er: ›Mindestens drei hinter uns.‹
    Noch ein paar Schritte, dann waren sie bei

Weitere Kostenlose Bücher