Venus 01 - Piraten der Venus
Serum lange leben. Körper pflege, richtige Ernährung und viel Bewegung wirken Wunder.
Aber ohne Ärzte kommen wir natürlich trotzdem nicht aus, doch ihre Zahl ist jetzt gering, so daß ein Arzt etwa für fünftausend Einwohner zu sorgen hat. Sie kümmern sich hauptsächlich um die Patienten, die sich bei der Arbeit, bei der Jagd, im Duell oder im Krieg verletzt haben. Außerdem injizieren sie das Serum.
Früher hat es einmal zu viele Ärzte gegeben, doch inzwischen sind einige Bestimmungen in Kraft getreten, die ihre Zahl dra stisch reduzierten. Es gibt nicht nur ein Gesetz, das die Zahl der Zulassung von vornherein beschränkt, sondern das Studium ist mit zehn Jahren auch ziemlich lang und gipfelt in einer überaus schwierigen Prüfung. Danach kommt eine Probezeit. Alle diese Faktoren haben dazu beigetragen, daß wir heute nur noch wenige Ärzte haben. Entscheidend war jedoch eine Bestimmung, die den Arzt zwingt, jeden seiner Krankheitsfälle in allen Einzelheiten an das medizinische Amt seines Distrikts zu melden. Von der ersten Diagnose bis zur Genesung oder zum Tode muß die Krankheits geschichte jedes Patienten aufgezeichnet und der Behörde zugänglich gemacht werden. Wenn ein Bürger die Dienste eines Arztes in Anspruch nehmen will, kann er auf diese Weise leicht die erfolg reichen von den weniger erfolgreichen Ärzten trennen. Das Gesetz hat sich überaus positiv ausgewirkt.«
Das war ein System, das mir sehr gefiel, denn ich hatte auf der Erde meine eigenen Erfahrungen mit dem Arztstand gemacht. »Wie viele Ärzte haben die neuen Bestimmungen ›überlebt?‹ «
»Etwa zwei Prozent.«
»Der Prozentsatz guter Ärzte scheint auf Amtor größer gewesen zu sein, als er auf der Erde ist«, bemerkte ich.
Die Zeit verging nur langsam. Ich las sehr viel, aber ein aktiver junger Mann kann seine Interessen nicht allein mit Büchern stil len, zumal der Garten zu meiner Rechten lockte. Man hatte mir geraten, mich von dieser Seite fernzuhalten, aber ich befolgte den Rat nicht – jedenfalls nicht, wenn Danus abwesend war. Der Gar ten jenseits des Zauns schien allerdings die meiste Zeit verlassen zu sein, und ich mußte viele Tage warten, ehe ich sie wieder zu Gesicht bekam; sie stand hinter einem blühenden Busch und be obachtete mich.
Ich hielt mich gerade in der Nähe des Zauns auf, der vielleicht anderthalb Meter hoch war. Diesmal lief sie nicht davon, sondern blickte mich direkt an; wahrscheinlich glaubte sie, daß ich sie durch die Blätter nicht sehen konnte. Ihr Gesicht, das ich so gern be trachtet hätte, lag im Schatten.
Wie läßt sich die seltsame Anziehung erklären, die eine Frau ausüben kann? Für manche Männer gibt es nur eine Frau auf der Welt, die auf sie wirkt – und wenn es andere gibt, so begegnet sie ihnen nicht. Ich jedenfalls fühlte mich zu dem Mädchen dort drü ben hingezogen, das einer fremden Rasse auf einem fremden Pla neten angehörte; ein derart heftiges Gefühl der Zuneigung hatte ich noch nicht erlebt, und ich handelte ganz impulsiv – ich sprang über den Zaun.
Ehe die Unbekannte zurückweichen konnte, stand ich schon vor ihr. Verwirrung und Entsetzen zeichneten sich auf ihrem Gesicht ab. Ich glaubte, daß sie Angst vor mir hätte.
»Fürchten Sie sich nicht«, sagte ich. »Ich will Ihnen kein Leid tun. Ich möchte nur mit Ihnen sprechen.«
Sie richtete sich stolz auf. »Ich fürchte mich nicht vor Ihnen«, sagte sie. »Ich…« Sie zögerte und begann dann von neuem: »Wenn man Sie hier sieht, wird man Sie töten. Gehen Sie sofort wieder in Ihr Zimmer und wagen Sie es nicht, jemals wieder eine solche Ungehörigkeit zu begehen!«
Der Gedanke, daß die Angst in ihren Augen mir gegolten hatte, machte mich schwach. »Wie kann ich Sie wiedersehen?«
»Sie können mich überhaupt nicht wiedersehen«, erwiderte sie.
»Aber ich muß! Ich werde nicht nachlassen, und wenn ich dabei sterben müßte!«
»Entweder wissen Sie nicht, was Sie tun, oder Sie sind verrückt«, sagte sie, wandte sich um und wollte mich stehenlassen.
Ich ergriff ihren Arm. »Warten Sie«, flehte ich.
Sie schnellte wie eine Raubkatze herum, schlug mir ins Gesicht und zog blitzschnell einen Dolch. »Wie können Sie es wagen, Hand an mich zu legen?« rief sie. »Ich sollte Sie umbringen!«
»Warum tun Sie es nicht?« fragte ich.
»Ich hasse Sie!« sagte sie, und es klang, als meinte sie es ernst.
»Ich liebe Sie«, erwiderte ich und wußte, daß ich die Wahrheit sagte.
Bei diesen Worten wich sie
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