Venus 01 - Piraten der Venus
sichtlich entsetzt zurück, wirbelte herum und lief so schnell davon, daß ich sie nicht aufhalten konn te. Ich zögerte einen Augenblick – unentschlossen, ob ich ihr fol gen sollte oder nicht – und sprang dann wieder über den Zaun. Ich wußte nicht, ob man mich beobachtet hatte; es war mir auch egal.
Als Danus kurze Zeit darauf zu mir kam, berichtete er, daß Mintep nach mir geschickt hätte, und ich fragte mich, ob diese Auf forderung irgendwie mit meinem Abenteuer im Garten zusam menhing. Ich mußte abwarten; den Grund würde man mir schon offenbaren. Daß Danus unverändert freundlich war, konnte mich nicht mehr beruhigen, denn ich begann zu vermuten, daß die Amtorier gute Schauspieler waren.
Zwei junge Offiziere aus den benachbarten Quartieren beglei teten uns auf unserem Wege zum Jong. Ob die Eskorte ein Ehren geleit war oder nur meine Flucht verhindern sollte, wußte ich nicht. Jedenfalls plauderte man freundlich mit mir während unseres kur zen Marsches durch den Korridor. Schließlich erreichten wir den Raum, in dem der Jong wartete. Diesmal war er nicht allein; er war umgeben von einigen Männern, zu denen auch Duran, Olthar und Kamlot gehörten. Aus irgendeinem Grunde mußte ich plötz lich an ein Schwurgericht denken und fragte mich unwillkürlich, welches Urteil man über mich fällen würde.
Ich verbeugte mich vor dem Jong, der mich freundlich begrüßte, und nickte dann lächelnd den drei Männern zu, in deren Haus ich meine erste Venus-Nacht verbracht hatte. Mintep betrachtete mich eine Zeitlang schweigend; bei unserer ersten Begegnung war ich ihm in irdischer Kleidung gegenübergetreten, die ich inzwischen gegen einen vepajanischen Lendenschurz vertauscht hatte.
»Ihre Haut ist nicht so hell, wie ich zuerst angenommen hatte«, sagte er.
»Der Einfluß des Lichtes auf der Veranda hat sie getönt«, erwiderte ich. Ich konnte nicht von indirektem Sonnenlicht sprechen, da die Vepajaner den Begriff ›Sonne‹ nicht kennen.
»Wie ich hoffe, haben Sie sich bei uns wohlgefühlt«, sagte er.
»Man hat mich umsichtig und freundlich behandelt«, erwiderte ich, »und ich habe mich so wohlgefühlt, wie man es von einem Gefangenen unter diesen Umständen erwarten kann.«
Der Anflug eines Lächelns glitt über sein Gesicht. »Sie sind sehr offen«, sagte er.
»Die Offenheit ist ein Charakterzug des Landes, aus dem ich komme«, erwiderte ich.
»Wie dem auch sei – das Wort ›Gefangener‹ gefällt mir nicht.«
»Mir ebensowenig, Jong, aber mir liegt auch an der Wahrheit. Ich bin ein Gefangener gewesen und habe lange auf die Gelegen heit gewartet, Sie nach dem Grund hierfür zu fragen und Sie um meine Freiheit zu bitten.«
Er hob die Augenbrauen und lächelte dann plötzlich. »Ich glau be, Sie gefallen mir«, sagte er. »Sie sind ehrlich und mutig, oder ich müßte ein schlechter Menschenkenner sein.«
Ich bedankte mich für das Kompliment, indem ich den Kopf neigte. Aber obwohl ich nicht damit gerechnet hatte, daß er meiner Forderung ein so großzügiges Verständnis entgegenbringen wür de, wurde ich nicht unvorsichtig; die Erfahrung hatte mich gelehrt, daß die Vepajer schwer zu durchschauen waren.
»Es gibt einige Dinge, von denen ich Ihnen berichten, und eine Frage, die ich Ihnen stellen möchte«, fuhr Mintep fort. »Wir leben noch immer unter der Bedrohung durch unsere Feinde, die gelegentlich einen Vorstoß unternehmen oder ihre Spione bei uns ein zuschleusen versuchen. Drei Dinge benötigen sie, um der Vernich tung zu entgehen: wissenschaftliche Kenntnisse, und die Männer und die Erfahrung, um sie richtig anzuwenden. Aus diesem Grun de scheut man keine Mühen, unsere Männer zu entführen, die man zwingt, das Wissen für sie einzusetzen, das sie selbst nicht haben. Gelegentlich entführt man auch unsere Frauen – in der Hoffnung, intelligente Kinder zu zeugen, die die Probleme der Thoristen eines Tages lösen können.
Ihre Geschichte einer Reise über unzählige Millionen Meilen durch den Raum ist natürlich unmöglich und hat unser Mißtrauen geweckt. Wir mußten Sie für einen thoristischen Spion halten und haben Sie aus diesem Grunde unter die Beobachtung von Danus gestellt. Aus seinem Bericht geht zweifelsfrei hervor, daß Ihnen die amtorische Sprache bei Ihrer Ankunft völlig unbekannt gewesen ist, und da sämtliche bekannten Rassen auf Amtor diese Spra che sprechen, mußten wir zu dem Schluß kommen, daß Ihre Ge schichte wenigstens teilweise richtig ist. Hinzu kommen Ihre
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