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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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etwas Geheimes war, sondern weil es etwas tief in ihm Sitzendes ans Licht brachte. Das Verlangen, die Höhle zu sehen, erfüllte unterschwellig seinen ganzen Organismus, es ging ihm unter die Haut, bemächtigte sich seines Gehirns. Es wartete in seinem Hinterkopf, bis irgendeine Erinnerung – an Berge, Schatten, Sonnenlicht, Schmerz – es auslöste, wie bei einer Sucht oder einer Infektion.
    Nicht mit Gold aufzuwiegen , hatte Eberhard gesagt unter den Morgenländischen Platanen. An dem Abend war Ben nicht zum Nachdenken darüber gekommen, was das heißen sollte. Doch die Wendung allein war schon erschreckend, ein unerwartetes Detail, das ein unschönes Licht auf sie alle warf.
    Es war ein schmaler Grat, der den passionierten Archäologen vom passionierten Sammler trennte. Hier intellektuelle Leidenschaft, dort leidenschaftliche Habgier. Die besten Archäologen umtänzelten die Trennlinie, kokettierten damit, überschritten sie jedoch nie. Hier und da, in Archiven oder bei Grabungen, hatte Ben die Begierde in den Augen derer gesehen, die Gefahr liefen, der Schönheit anheim zu fallen. Die Inschrift auf einem Rubin der Moguln, der gedrehte goldene Strick eines keltischen Halsrings, das Wunder von Seahenge. In der Welt der Diskurse über Altertümer galt er stets als verwerflich, dieser Schritt. Es war das größte Vergehen, der Absturz aus dem Reich der Gedanken in das Reich des Verlangens.
    Es ist nicht mit Gold aufzuwiegen.
     
Er ging mit Natsuko aus. Eleschen hatte ihm ein Lokal in Mystras empfohlen.
    Der Abend war mild, eine Vorahnung von Sommer. Sie saßen draußen, tranken mit Safran verfeinerten Wein und warteten auf das Essen. Über die Hänge ringsum lärmten unsichtbare Bergbäche.
    Sie wollte reden, und er ließ sie. Sie erzählte ihm von Japan. Ihre Eltern besaßen ein Franchise-Unternehmen für Verkaufsautomaten, mit Betreibern in der gesamten Region Kyushu. Automaten mit Videos und Zeitschriften, Essen und Trinken und Zigaretten hatten sie reich gemacht: kaltes Bier, warme Nudelgerichte und Softpornos. Bis zu ihrem zwölften Lebensjahr hatte Natsuko ein enges Verhältnis zu ihnen gehabt, dann begann sie sich für sie zu schämen. Ihr Wohlstand basierte auf Eigennutz, er war geschmacklos. Sie hatten die Religion und die Traditionen ihrer eigenen Eltern in den Wind geschrieben. Mit den Jahren war die Scham weiter gewachsen, sie glich nicht den immer mal wieder aufkommenden familiären Peinlichkeiten bei ihren Freunden, den am Schultor wartenden Übermüttern und den Vätern in drittklassigen Firmenwagen. Natsukos Eltern hielten große Stücke auf sie, und sie hasste sich dafür, dass sie sie hasste. Sie war so früh wie möglich ausgezogen und nach Nagoya aufs College gegangen.
    Dort hatte sie ihre erste leidenschaftliche Liebesaffäre, mit einem Professor. Er hatte ihr eine Begeisterung für alles Europäische eingepflanzt, insbesondere für die Künste; die Liste der Ikonen erschien Ben sprunghaft nostalgisch – Phidias und die Beatles, Äsop und Aristoteles, Beethoven und Housman. Der Drang nach ihnen und ihren Welten hatte sie zuerst nach Berlin und Rom und schließlich nach Athen geführt.
    »Und nach Sparta.«
    »Ich habe großes Glück gehabt. Es ist ein ganz besonderer Ort.«
    »Ich weiß. So empfinde ich es auch.«
    »Ja?«
    »Ich habe in Pylos mit Eberhard geredet. Hat er euch davon erzählt?«
    Sie wurde still, auf ihre eigentümliche Weise: wie ein regloses Tier, das keine Aufmerksamkeit auf sich lenken will.
    »Du willst nicht darüber reden.«
    »Besser nicht. Ich darf nicht, glaube ich.«
    »Machst du immer, was sie sagen?«
    »Ja. Fast immer.«
    »Dann erwähne ich es nicht wieder. Außer, du willst es.«
    Von ihrem Gesicht ließ sich in der Abenddämmerung nichts ablesen.
    »Lächelst du?«
    »Vielleicht.«
    »Das kann man hier draußen kaum erkennen. Wer weiß, was ich alles verpasse. Gehen wir rein.«
    »Noch nicht. Bitte, ich find’s schön hier.«
    »Okay.«
    Der Geruch von Grillfleisch wehte zu ihnen her. Weckte eine Gier in ihm, simpel und instinktiv.
    Ich liebe dich , wollte er sagen, doch in dem Moment legte sie ihm die Hand auf die Lippen.
    »Du weißt doch gar nicht, was ich sagen wollte«, wandte er ein, wider besseres Wissen.
    »Du brauchst es nicht zu sagen.«
    »Wenn ich es aber will?«
    »Nein. Es ist wie bei einem Wunsch. Damit machst du es kaputt.«
    »Dann sag’s mir.«
    »Nein! Das ist genau dasselbe.«
    »Sag mir, ob du glaubst, dass es stimmt«, sagte er; sie

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