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Verborgen

Verborgen

Titel: Verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Hill
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– falls es eine gab – entging ihm.
     
Abends tranken sie auf dem Hauptplatz von Pylos Campari Orange unter riesenhaften Morgenländischen Platanen. Eleschen und Max lieferten sich ein Backgammon-Duell, der Georgier verfolgte jeden Zug, versuchte die Würfel zu hypnotisieren, während Eleschen ihre Glückssträhne mit Unschuldsmiene überspielte. Sylvia jagte Kakerlaken in dem Labyrinth aus Beinen und Tischen, Bäumen, Verkaufsständen und Brunnen. Eberhard und Natsuko arbeiteten sich durch die Samstagszeitungen, lasen sie von vorn bis hinten, als hungerten sie nach echtem Leben. Jason betrachtete den flammenden Sonnenuntergang, den die Insel halb verdeckte.
    »Seht euch das an.«
    »Sehr hübsch.«
    »Hübsch! Das ist wunderschön. Wie das Ende dieser beschissenen Welt.«
    »Oder wie der Beginn. Es wirkt wie aus uralten Zeiten.«
    »Von den uralten Altären bringt nicht die Asche, bringt das Feuer.«
    Eberhard rührte sich; papierdünn wie eine Gottesanbeterin, die Ellbogen auf ein großformatiges Zeitungsblatt gestützt. »Blake, oder?«
    Jason nickte und lutschte an einem Eiswürfel, kostete seinen Drink gemächlich bis zur Neige aus.
    »Den mochte ich noch nie so besonders.«
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr näher miteinander zu tun hattet.«
    »Sagt fast nie, was er meint.«
    »Aber er meint immer, was er sagt.«
    »Das meine ich ja gerade, Eb; was soll das heißen? Blake ist dermaßen esoterisch. Heutzutage wäre er voll bei dem ganzen Mumpitz mit den Kristallen und Delphinen, den Tribals und dem Bonding dabei.«
    Das Gespräch verebbte wieder für eine Weile. Jason wirkte ausnahmsweise nachdenklich und zerbiss geräuschvoll seinen letzten Eiswürfel. »Schon komisch, dass das alles mal zu Sparta gehört hat. Die ganze Strecke, auf der wir hergekommen sind.«
    »All das und noch mehr. Wobei den meisten Bewohnern Messeniens nicht klar war, wie gut sie es getroffen hatten.«
    »Gut?«, fragte Ben; Eberhard schlug seine Zeitung zu.
    »Würde ich schon sagen. Das Glück, einer großen Sache zu dienen.«
    »Unglücklicherweise als Sklaven.«
    »Oh, manche sehen das sicher anders, aber Dienen trägt seinen Lohn in sich, heißt es doch.«
    »Und, gibt’s was Neues?«, fragte Max. Eberhard schüttelte den Kopf; Jason schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Eleschen bedachte ihn mit einem schiefen Grinsen.
    »Na, wohin verdrückst du dich?«
    »Wohin Lust und Laune mich verschlagen. Gute Nacht, süße Damen. Wartet nicht auf mich.«
    »Da geht er hin, auf Beutezug«, sagte Eleschen. Max runzelte die Stirn.
    »Geh ruhig mit. Niemand hält dich auf.«
    »Nein, dann fühlt er sich bloß gehemmt. Ist außerdem nicht mein Stil.«
    Sie sah immer noch Jason auf seinem Weg zwischen Tischen und Bäumen hindurch nach, zuckte die Achseln und fing an, Bücher, Sonnenbrille und Lotion einzupacken.
    »Ab ins Bett?«
    »Ja, ich bin fix und alle. Max, gehst du mit?«
    Er stand auf und klopfte sich ab, mit einer für ihn so untypischen Unbeholfenheit, dass Natsuko sich zu Ben herumdrehte und ein Lächeln niederkämpfte.
    »Was war das denn jetzt gerade?«, fragte er, als sie weg waren. Natsuko kicherte, Eberhard seufzte verdrossen.
    »Immer dasselbe. Das Ganze ist so unnötig aufgeladen, finde ich. Ich weiß schon, Gegensätze ziehen sich angeblich an, aber die zwei scheinen einander komplett unerträglich zu finden, solange sie nüchtern sind.«
    Natsuko packte nun ebenfalls zusammen, nahm Sylvias Leine und beugte sich zu Ben hinunter, um ihm einen Gutenachtkuss zu geben. Er sah sie hinter den anderen hergehen. Wie von Jason prophezeit, hatten sie ohne Schwierigkeiten eine Unterkunft gefunden, vier schäbige Doppelzimmer mit Fenstern nach hinten hinaus, die Eleschen für weniger als den halben Hochsaisonpreis aufgetan hatte, sogar ohne Aufschlag für die Hündin.
    Eine Brise wehte Hafengeruch vom Meer zu ihnen her und fächerte die Schlagzeilen auf. Eberhard strich sie glatt, schenkte ihnen aber keine Beachtung mehr. Er saß da, als wäre er allein auf der Welt, machte keinen Versuch, ein Gespräch anzufangen.
    Neue Terroraktionen in Algerien. Anschlag vom 11. September bringt Bush in Bedrängnis. Ausschreitungen bei Fußballspiel in Athen.
    »Der Panamahut steht dir«, sagte Ben, als das Schweigen drückend wurde; Eberhard schrak hoch und fasste sich an seine Kopfbedeckung.
    »Ja? Er hat meinem Vater gehört. Ich fand ihn auch immer gut. Er hat ihn mir zur Feier meines Oxford-Stipendiums geschenkt. Dass ich das bekommen habe,

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