Verbotene Begierde (German Edition)
in einem Wendekreis vor einem Hochhausklotz endete. Das musste es sein. Die Außenlampe des Gebäudes, die die Hausnummer beleuchtet hatte, war zerbrochen, und die Eingangstür war von einem Gewirr aus Sprüngen durchzogen. Vanessa suchte auf den zahlreichen Klingeln ihren Zunamen, doch sie fand ihn nicht. Entsetzen kam auf. Wohnte ihre Schwester nicht mehr hier? Würde sie Sophie nicht finden?
Zwei Jungen stürmten im Hausflur johlend die Treppe hinab, rannten auf die Außentür zu und rissen sie auf. Geistesgegenwärtig streckte sie die Hand aus und erwischte einen der beiden am Anorak.
»Hey, nicht so schnell. Wartet mal bitte.« Sie kassierte ein entrüstetes Grunzen und misstrauische Blicke, aber die Burschen blieben stehen und beäugten sie neugierig. Sie griff in ihre vordere Hosentasche, in der sie immer einen 10-Pfund-Schein parat hielt, und zog ihn hervor. Sie wedelte damit vor der Nase des Größeren. »Lust auf ein Taschengeld?«
»Wofür?«
»Eine Information.«
»Was für eine?«
»Kennt ihr eine junge Frau mit einem kleinen Mädchen, die vor Kurzem ein weiteres Baby bekommen hat?«
Einer der Jugendlichen trat einen Schritt vor, tippte auf eines der zahlreichen Klingelschilder, auf dem kein Name stand, drehte sich um und klaubte ihr den Geldschein aus der Hand. Kreischend rannten die Jungen davon.
Vanessa presste einen Finger auf den Klingelknopf, und prägte sich seine Position ein, für den Fall, dass sie erneut hier auftauchen würde.
»Dritter Stock, zweite Tür rechts«, ertönte quäkend eine Stimme aus dem Lautsprecher, die sie trotz der furchtbaren Qualität der Sprechanlage als die ihrer Schwester erkannte. Der Summer erklang und sie drückte die Tür an ihrem schmutzigen Griff auf.
Die Wohnungstür war nur angelehnt, dennoch traute Vanessa sich nicht, die Räume zu betreten. Sie klopfte an, aber das Wimmern des Babys übertönte das Geräusch. Vanessa versuchte es noch einmal etwas lauter, doch auch jetzt blieb eine Reaktion aus. Sie nahm ihren Mut zusammen und betrat die Wohnung. Zaghaft schloss sie die Tür hinter sich.
Ein langer Flur tat sich vor ihr auf, unmöbliert und nur sparsam durch eine nackte Glühbirne an der Decke beleuchtet. Sie kam an einer offen stehenden Tür vorbei, die den Blick in ein schlichtes Badezimmer eröffnete, mit alten und teils gesprungenen Fliesen, jedoch sauber und ordentlich. Die Küche offenbarte ihr vereinzelte Schränke, eine frei stehende Spüle und einen Zweiplattenherd, der auf einer Holzplatte mit zwei daruntergeschobenen Böcken stand, einen Tisch mit drei Stühlen und einem Hochstuhl aus Plastik.
Alles war aufgeräumt, aber so ärmlich, wie sie nie zuvor eine Wohnung gesehen hatte, außer vielleicht im Fernsehen.
Sie betrat das Wohnzimmer und erblickte Sophie, die auf einem zerschlissenen Sofa saß, mit entblößter Brust, und ein Baby mit einem goldigen Flaum auf dem Kopf an sich drückend stillte. Ein hellhäutiges Mädchen saß vor ihren Füßen und spielte mit einer zerrupften Puppe.
Vanessa traten Tränen in die Augen, doch bevor sie Worte fand, erscholl schrill die Stimme ihrer Schwester.
»Mach, dass du rauskommst. Ich erwarte Besuch.«
»Aber …«
»Geh. Es ist nicht gut, wenn er …«
Sie bemerkte die aufblitzende Panik in Sophies Zügen. »Darf ich das hierlassen?« In einer hilflosen Geste hob sie die Tüten an. Sophie schüttelte den Kopf, das Gesicht angstvoll verzerrt.
»Komm morgen Vormittag wieder. Und jetzt geh! Sofort!«
Mit einem letzten Blick über das armselige Häufchen Elend drehte Vanessa sich schweigend um und ging. Traurig zog sie die Tür hinter sich ins Schloss.
*
Gedankenverloren saß er am Schreibtisch und drehte einen Bleistift in den Fingern. Mittlerweile war es ihm gelungen, zwei Getreue zu finden und ihre Ausbildung zeigte Erfolge, doch es war langwierig und erforderte viel Geduld und Mühe. Obwohl es den meisten Angehörigen seiner Rasse nicht gelang, sich über den Blutdurst hinwegzusetzen und zu lernen, hatten diese beiden es geschafft. Unter seiner Führung wuchsen ihre Fähigkeiten beständig.
Normalerweise blieben umgewandelte Vampire schwach und erlangten kein hohes Alter. Dazu kam, dass die Zahl der Vampirjäger zunahm und die Verwandelten zu dumm waren, ihnen zu entkommen. Er wusste noch, wie lange er damit zu kämpfen gehabt hatte, bis er seinen jetzigen Stand erreicht hatte. Er war selbst ein Verwandelter, doch er schrieb den Erfolg ausschließlich seiner Herkunft aus gutem
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