Verbotene Gefuehle
aussteigen konnte, öffnete sich die Haustür und ihre Mutter stürzte heraus. „Da seit ihr ja endlich, der Zirkelherr ist schon da.“ Sie wirkte furchtbar besorgt und angespannt, Anna presste wütend die Lippen aufeinander, dieses Scheusal hatte ihnen wahrscheinlich eine Szene gemacht, weil sie ihm nicht gleich zur Begrüßung entgegengeeilt waren. Sie stieg aus und umarmte ihre Mutter spontan, „Mama bitte beruhige dich, wir ...“, Davids Stimme erklang hinter ihr, ehe sie ihrer Mutter eine schlechte Ausrede auftischen konnte, „ich fürchte das war meine Schuld, ich hatte ihre Tochter auf einen kleinen Ausflug entführt, der Rückweg hat etwas gedauert, ich hoffe mein Vater hat ihnen keine Unannehmlichkeiten bereitet.“ Anna entspannte sich ein wenig und Dankbarkeit stieg in ihr auf, sie löste sich von ihrer Mutter und warf David einen warmen Blick zu, den er mit einem zärtlichen Lächeln erwiderte. Die Antwort kam allerdings von der noch immer offenen Haustür, in der nun der Zirkelherr stand, er sagte ruhig: „Bitte nur keine Aufregung, es ist eine Freude zu sehen, wie gut sich die beiden Turteltäubchen verstehen.“ Er kam auf Anna zu, blieb vor ihr stehen und legte ihr die Hände auf die Schultern. Joseph Namarra war nicht besonders groß für einen Mann und noch dazu eher schmächtig, mit dem dezenten Anzug, den bereits weißen Haaren und dem durchschnittlichen Gesicht, hätte er wie ein kleiner Buchhalter wirken können, wenn da nicht seine Augen gewesen wären. Sie waren blau wie die seines Sohnes, aber während Davids Augen stets Wärme ausstrahlten, wenn er Anna ansah, schienen die seines Vaters aus Eis zu sein, es war keine Spur von Gefühl darin. Und seine Magie umgab ihn wie ein flirrendes Energiefeld, ein Schauer rann ihr über den Rücken, dieser Mann trug seine Macht wie einen Mantel und er war bereit sie einzusetzen, daran bestand kein Zweifel. Der böse Blick ihres Vaters erinnerte sie daran, dass eine höfliche Antwort erwartet wurde, sie würgte ihr Grauen hinunter und sagte respektvoll: „Eure Anwesenheit ist eine große Ehre Zirkelherr, ich wäre natürlich hier gewesen, wenn ich früher von eurer Ankunft gewusst hätte.“ Er lachte warm auf, aber das war ein Spiel, denn seine Augen blieben kalt, „bitte Anna, wir sind bald eine Familie, nenn mich doch Joseph.“ „Natürlich“, erwiderte sie brav. „Willkommen in der Familie Anna, ich freue mich schon darauf, mehr Zeit mit dir zu verbringen.“ Er beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, in dem Moment als er ihre nackte Haut berührte zuckte das Bild der Vision in ihr hoch, sein Gesicht wurde blutrot, sie keuchte auf, und taumelte einen Schritt zurück. Ihre Eltern sahen sie entsetzt an und Joseph mustere sie misstrauisch. „Du dumme Kuh“, schimpfte sie sich in Gedanken selbst, „du verdirbst alles.“ Zum Glück war ihr Ritter in weißer Rüstung, oder besser gesagt in Jeans und Pulli zur Stelle, David war einen Herzschlag später direkt hinter ihr, umarmte sie sanft von hinten und sagte zärtlich: „Du hättest dich nach unserem magischen Versuch ausruhen sollen.“ Zu seinem Vater gewandt fuhr er fort: „Entschuldige, wir waren gerade in einer magischen Trance, als der Anruf kam, ich fürchte sie ist noch etwas durcheinander.“ Der Zirkelherr mustere nun seinen Sohn intensiv, so als ob er in seinen Kopf sehen wollte, aber was immer er suchte, er fand es nicht. Seine Miene verlor ihre Strenge, und er antwortete ruhig: „Natürlich, es ist meine Schuld, ich war einfach zu ungeduldig, bring sie doch auf ihr Zimmer, und dann fahren wir zu deinem Haus.“ Annas Vater mischte sich ein: „Ihr seit natürlich herzlich bei uns willkommen, unser Gästezimmer gehört euch.“ „Bitte nicht“, dachte Anna, alleine die Gegenwart des Zirkelherrn verursachte bei ihr eine Gänsehaut, ihn ständig in der Nähe zu haben wäre unerträglich. Zu ihrer Erleichterung sagte der: „Das ist ein großzügiges Angebot, aber ich habe in der Nachbarstadt bereits ein Zimmer und dort auch noch einiges zu erledigen. Ich werde morgen Vormittag wiederkommen, um die Details zu besprechen.“ Details? Annas Magen verschlang sich endgültig zu einem Knoten, aber ehe sie etwas Dummes sagen oder tun konnte, schob David sie zum Glück ins Haus und hoch in ihr Zimmer.
In diesem Moment hasste David seinen Vater mehr als jemals zuvor. Er hatte sich in den etwas mehr als drei Jahrzehnten, in denen er schon gezwungen war, seinen Vater
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