Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verbotene Geschichte

Verbotene Geschichte

Titel: Verbotene Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Fischinger
Vom Netzwerk:
befreundeten Propheten Baruch und Jeremia auf der Stadtmauer Jerusalems. Vielleicht erwarteten sie dort ein himmlisches Wesen, denn tatsächlich: mit »Trompetenschall« kamen »aus dem Himmel fromme Engel mit Fackeln in den Händen, und stellten sich auf die Stadtmauern.« (3,2)
    Baruch und Jeremia, die traurig waren ob der düsteren Zukunft Jerusalems, baten die Engel, eine persönliche Unterredung mit Gott führen zu dürfen. Jeremia lag dabei noch etwas Spezielles am Herzen: Er hatte den Wunsch, dass es einem Äthiopier namens Abimelech erspart werden möge, das Ende der Stadt mit ansehen zu müssen. Der Herr zeigte Verständnis für die Bitte seines Propheten und sagte:
     
     
    » S chick ihn [Abimelech, L.A.F.] zum Weinberg des Agrippa durch den Bergweg! Und ich verberge ihn, bis ich das Volk zur Stadt zurückgeführt.« (3,10)
     
    Nachdem er dieses Versprechen gegeben hatte, »ging der Herr von Jeremias in den Himmel« (3,13) zurück.
    Der im Zusammenhang mit dem Phänomen der fehlenden Zeit zentrale Teil der Geschichte beginnt mit den Worten
»Am anderen Morgen schickte Jeremias Abimelech fort«. »Durch den Bergweg« sollte Abimelech gehen und für die armen und kranken Bewohner Jerusalems einen Korb voll Feigen holen (3,15-16). Ahnungslos – denn er wusste ja nicht, dass er in den Bergen von Gott erwartet wurde – »ging er weg, wie er ihn hieß«.
    Der Herr hatte Wort gehalten und Abimelech gerade noch so rechtzeitig weggeschickt, dass er nicht Zeuge der Zerstörung der Stadt wurde. Jeremia ging mit ins babylonische Exil, Baruch blieb weinend und trauernd in Jerusalem zurück.
    Und Abimelech?
    Nachdem er die Feigen gepflückt hatte, setzte er sich erschöpft unter einen Schatten spendenden Baum, um »ein wenig auszuruhen«.
    Und schlief mal eben mehr als ein halbes Jahrhundert lang.
     
     
    » E r legte auf den Korb dabei sein Haupt, und schlummerte so sechsundsechzig Jahre und wachte nicht ein einzig Mal aus seinem Schlafe auf.« (5,2)
     
    Irgendwann wurde Abimelech doch wach – fühlte sich allerdings immer noch so müde und erschöpft, dass er gern ein wenig weitergeschlummert hätte. Und warum auch nicht? Seine Feigen waren »noch saftig«, wie ein kurzer prüfender Blick in den Korb ergab. Dann jedoch bekam er es mit der Angst zu tun. Was, wenn ihn Jeremia tadeln würde, weil er sich verspätete?

    Also ging er nach Jerusalem zurück – nicht ahnend, dass er 66 Jahre fortgewesen war. Denn an ihm und seinem Körper hatte die Zeit keinerlei Spuren hinterlassen.
    Wie groß muss daher sein Schock gewesen sein, als er in Jerusalem ankam:
     
    » D och kennt er weder diese Stadt, noch ihre Häuser, noch seine eigene Familie. [...] Dies ist gar nicht die rechte Stadt.« (5,7-8)
     
    Und was jetzt? Wo war sein Jerusalem geblieben? Man könnte es Abimelech nicht verdenken, wenn er an seinem Verstand gezweifelt hätte.
     
     
    » I ch bin verwirrt, weil ich den Bergweg ging. Ich bin gerade aus dem Schlaf erwacht. Der Kopf ist mir noch schwer; ich habe noch nicht genug geschlafen; ich bin verwirrt. Verwunderlich! Wie kann ich nur vor Jeremias sagen, ich sei verwirrt!« (5,9-11)
     
    Er »schaute nach den Merkmalen der Stadt« und stellte fest, dass dieser Ort tatsächlich Jerusalem war (5,12). Ich muss mich wohl verirrt haben, dachte er und machte sich auf die Suche nach seinen Angehörigen.
    Aber es war zum Verzweifeln. Weit und breit sah er kein einziges bekanntes Gesicht. Also begab sich Abimelech vor die Mauern der Stadt, um darauf zu warten, dass »der Herr mir diesen Schrecken nimmt« (5,13-16).
    Als sich ihm ein alter Mann näherte, nahm er die
Gelegenheit wahr und stellte ihm all die Fragen, die ihm auf der Seele brannten: wie die Stadt heiße, wo ihre Bewohner abgeblieben seien, wie es Baruch und Jeremias gehe.
    Ob er denn nicht wisse, dass Jeremias mit seinem Volk schon vor langer Zeit nach Babylon deportiert wurde?, hielt ihm der Alte entgegen.
    Abimelech war verblüfft. Und nicht nur das: Er war empört und musste an sich halten, um den Mann nicht zu »beschimpfen« oder zu »verlachen«. Er war doch nur mal eben kurz weg gewesen.
    Er erklärte dem alten Mann, dass Jeremias ihn zum Feigenholen geschickt habe und er in der Mittagshitze einen Moment lang eingeschlafen sei. Seine Feigen hätten aber an Frische und Saft nichts verloren. Wie wäre da Zeit gewesen, das Volk nach Babel zu bringen? Als Beweis für seine Behauptung zeigte Abimelech dem Alten seinen Korb mit den Feigen, die

Weitere Kostenlose Bücher