Verbotene Sehnsucht
ein Dufthauch, und er verwandelte sich in einen Mann, der sich ausschließlich von seinen körperlichen Bedürfnissen leiten ließ.
Aufgewühlt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Wo zum Teufel steckte Armstrong? Schon vor einer halben Stunde hätte er da sein sollen. Ja, wenn sein Freund wie erwartet zu Hause gewesen wäre, hätte er Missy nicht alleine gegenübergestanden.
James ließ sich auf den Stuhl sinken. Was war nur aus seinem Leben geworden? Offenbar konnte er sich nicht einmal mit ihr in einem Raum aufhalten, wenn niemand sonst anwesend war. Wirkte ihr Charme wirklich so mächtig auf ihn? Du lieber Himmel, mit wie vielen Frauen hatte er in seinem Leben nicht schon zu tun gehabt, und keine einzige hatte ihn dermaßen überwältigt, dass er vollkommen die Beherrschung verlor– und jeden Funken Verstand.
Die Erinnerung an die nackte Missy kam ihm quälend in den Sinn. Wie sie sich ihm im Bett öffnete. Mit aller Macht kehrte seine Erregung zurück, so sehr er sich auch dagegen sträubte. Im Gegenteil. Das Bild wurde nur noch klarer: Er meinte ihre Brüste zu sehen und hatte das Gefühl, sie erst vor Kurzem berührt zu haben, diese festen kleinen, dabei wohlgerundeten Halbkugeln. Dann wanderte er in Gedanken zu ihren sanft schimmernden Hüften und dem braunen Gelock, das ihre zarte Weiblichkeit schützte. Und wie sie schmeckte…
» Du siehst aus, als ob du Schmerzen hättest.«
James riss den Kopf hoch und öffnete die Augen. Er war so tief in seine Gedanken versunken gewesen, dass er Armstrongs Ankunft nicht bemerkt hatte. Wenn der wüsste, wie er an seine Schwester dachte.
Armstrong sah zwar nicht gerade derangiert, aber auch nicht wie aus dem Ei gepellt aus. Es schien, als habe er sich das Halstuch in aller Hast schief gebunden, und sein Hemd war voller Falten. Kein Zweifel, dass der Mann noch die Kleidung vom vergangenen Abend trug.
» Du siehst aus, als hättest du in den Sachen geschlafen«, brummte er. » Wo zum Teufel bist du gewesen? Ich habe dich schon vor einer halben Stunde erwartet. Bestimmt ist unser Platz auf dem Fechtboden jetzt anderweitig vergeben.« Sein Freund ließ sich in den ledernen Armsessel sinken und strich sich erschöpft übers Gesicht. » Oh, zum Teufel, unsere Partie habe ich völlig vergessen. Lady Jane hat mich bis in die frühen Morgenstunden in Atem gehalten.« Er grinste über das ganze Gesicht.
» Sie ist keine Lady«, murmelte James vorwurfsvoll.
Armstrong lachte leise. » Nein, das nicht. Kann es sein, dass ich da einen Hauch Eifersucht herausgehört habe? Du trauerst scheinbar deinem Junggesellenleben bereits nach, obwohl dir die Schlinge doch gerade erst um den Hals gelegt worden ist.«
James fand die Bemerkung nicht besonders lustig, während Armstrong sich prächtig darüber zu amüsieren schien, was den Freund noch mehr verbitterte.
Seit er alt genug war zu begreifen, was eine Heirat bedeutete und wie unerfreulich sich das Eheleben gestalten konnte, hatte er beschlossen, sich Zeit zu lassen, und erst zu heiraten, wenn er einen Erben brauchte. Er wollte nicht wie sein Vater um die Gunst der Ehefrau betteln müssen, sondern zog es vor, sich auf zeitlich begrenzte Beziehungen einzulassen. War der Zauber vorbei, verabschiedete man sich. Aber zumindest hatte er immer geglaubt, sich seine Braut selbst suchen zu können und die Ehe nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Stattdessen reichte im Alter von siebenundzwanzig ein einziger trunkener Abend, der über das Wo, Wann und mit Wem entschied. Niemals hätte er es für möglich gehalten, dass das Schicksal so grausam sein konnte.
» Geh zum Teufel«, sagte er und erhob sich. Seine Bemerkung entlockte Armstrong nur ein Lachen. » Du siehst aus, als würdest du ein Bett oder ein Bad oder beides brauchen. Zum Teufel nochmal, du hast heute Vormittag meine Zeit schon zur Genüge verschwendet. Ich sollte jetzt lieber aufbrechen.«
» Arthur erwähnte, dass Missy vorbeigeschaut hat. Hat sie dir verraten, was sie wollte?«
An der Tür blieb James abrupt stehen und warf seinem Freund einen scharfen Blick zu. Die Frage an sich war unverfänglich, nur irgendetwas in seinem Tonfall klang nach einem Hinterhalt, doch die Miene des Freundes zeigte keine Veränderung. Einmal mehr fragte sich James, ob er in letzter Zeit nicht allzu empfindlich geworden war und schon bei der Erwähnung ihres Namens überreagierte.
» Im Moment bin ich kaum die Person, mit der sie gerne redet oder der sie gar etwas
Weitere Kostenlose Bücher