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Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege

Titel: Verbotene Wege - Link, C: Verbotene Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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steigerten, voll Wut und Angriffslust. Sie durchbrachen
schrill die ruhige Nacht, und plötzlich fuhr Elizabeth auf, mit laut pochendem Herzen. Es war kein Traum, der sie bedrängt hatte. Um sie herum herrschte Dunkelheit, aber das Haus hallte wider von Rufen und Schreien. Die Geräusche klangen gedämpft zu ihr herauf, wirkten aber deswegen noch bedrohlicher. Es konnte nicht anders sein: dort unten fand ein heftiger Kampf statt.

4
    Nach den ersten Sekunden des Schreckens kam Bewegung in Elizabeth. Blitzschnell sprang sie aus dem Bett und tastete sich hinüber zu der Stelle, wo Cynthia schlief. Sie konnte kaum etwas sehen, aber schließlich stieß sie gegen etwas Hartes und fühlte dann weiche Decken unter ihren suchenden Händen. Sie begann wild darin herumzuwühlen.
    »Cynthia«, flüsterte sie, »Cynthia, wach doch auf, bitte.«
    Aber es kam keine Regung. Als Elizabeth sich langsam an die Schwärze des Zimmers gewöhnt hatte, bemerkte sie, daß das Bett vor ihr leer war. Die Tür zum Gang stand einen Spalt offen.
    Elizabeth brach sofort in Tränen aus, als sie begriff, daß Cynthia sich gerettet und sie ihrem Schicksal überlassen hatte. Ihr erster Impuls war, in den Schrank zu flüchten, aber dann schrak sie zurück vor der noch tieferen Finsternis, die darin herrschte. Schluchzend stolperte sie zur Tür, hinaus in den Flur.
    »Tante Harriet«, jammerte sie, »Tante Harriet, wo sind Sie?« Laut weinend tappte sie die Treppe hinunter. Sie vernahm Waffenklirren und plötzlich einen hohen, schrillen Schrei, gefolgt von einem greulichen Fluch. Wie erstarrt blieb sie stehen, da öffnete sich eine der Zimmertüren, und ein bärtiger Mann stürzte heraus, ein Messer in der Hand, in den Augen das wirre Blitzen des Betrunkenen. Er starrte das kleine Mädchen an, das dortbarfuß
auf der Treppe stand und ihn aus riesengroßen Augen entsetzt anblickte. Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln.
    »Ach, die hübsche Prinzessin«, sagte er, »fürchtest du dich?« Er trat einen Schritt auf sie zu. Elizabeth brüllte wie am Spieß, drehte sich um und hastete die Treppe wieder hinauf. In der Dunkelheit und in der panischen Eile fand sie die Tür zu ihrem Zimmer nicht mehr. Sie lief daran vorbei und schlug hart mit dem Bein gegen die unterste Stufe zu einer weiteren Treppe, die steil nach oben führte. Ohne zu bedenken, in welche Falle sie geriet, erklomm sie die Stufen, bis sie einen flachen Raum mit schrägen Wänden erreichte, in dem es staubig und modrig roch und der voller Gerümpel stand. Offenbar war sie auf dem Speicher des Hauses. Elizabeth lief zwischen all den abgestellten Dingen hindurch, einige Male stolperte sie und fiel beinahe hin, dann riß ihr ein irgendwo hervorstehender Nagel eine Wunde ins Bein. Sie spürte das Blut warm zum Fuß hinabrinnen, bevor sie zitternd und erschöpft hinter einem Stapel Kisten zu Boden sank. Diese schreckliche Nacht kam ihr vor wie ein furchtbarer Alptraum. Sie verstand überhaupt nicht, was eigentlich geschah, aber es mußte eine grausige Gefahr sein, die von jenen Leuten ausging, die am Abend so böse zu den Ankommenden gesprochen hatten. Sehnsüchtig wünschte sie Joanna herbei, aber vielleicht war sie schon tot. Elizabeth rollte sich zusammen und vergrub das Gesicht in den Armen. Warum konnte sie nicht einfach erwachen und feststellen, daß das alles gar nicht geschehen war?
    Gerade wollte sie sich etwas bewegen, um ihre schmerzenden Knochen etwas auszustrecken, da hörte sie ganz leise das Knarren der Treppe. Atemlos lauschte sie in die Dunkelheit. Ohne Zweifel kam dort jemand, vorsichtig schleichend, der schwarzbärtige Mann vielleicht, das Messer zwischen den Zähnen. Elizabeths Phantasie spiegelte ihr die wildesten Bilder vor, so daß sie glaubte, gleich zu sterben vor Grauen. Jetzt hatte der Fremde den Speicher erreicht und bewegte sich vorsichtig auf sie zu. Er mußte sehen können wie eine Katze, denn er stieß kein einziges Mal gegen irgendeinen Gegenstand. Zuerst sagte er nichts, aber dann vernahm sie auf einmal seine Stimme.

    »Elizabeth«, flüsterte er, sehr leise und sehr deutlich. Die Stimme kannte sie. Es war John.
    Sie sprang auf und schrie beinahe vor Erleichterung.
    »John! Hier bin ich!«
    Schon stand er neben ihr und drückte sie an sich.
    »Psst«, machte er, »nicht so laut. O Gott, wir fürchteten schon, du seist tot!«
    In Elizabeth löste sich die Erstarrung der letzten Minuten, und sie fing wieder an zu weinen. Sie preßte sich so dicht sie nur konnte an

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