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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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sich überhaupt lohnte, nach Hause zu fahren. Vermutlich schon. Die Krankentransporte dauerten meist länger als berechnet. Annika würde sich um die Aufnahme kümmern können. Außerdem brauchte sie, wenn es darauf ankam, nur fünf Minuten, um wieder in der Klinik zu sein.
    »Wo ist Gustav Stjärne?«
    »In der drei«, sagte die Hebamme, die mit einem Teller Hüttenkäse mit Banane vor sich auf der Eckbank saß.
    Ich sollte ein paar Worte mit ihm wechseln, ehe ich gehe, dachte Christina und begab sich in die drei, um ihn zu holen.
    Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt.
    In dem schwachen Licht der Nachttischlampe sah sie die Frau schwer im Bett liegen. Ihr Bauch wölbte sich riesig. Sie war, abgesehen von Gustav Stjärne, allein. Er saß mit dem Rücken zur Tür. Aber nicht stocksteif und abwartend wie sonst. Er saß vorgebeugt am Kopfende des Bettes.
    Sie blinzelte, um sich an das Halbdunkel zu gewöhnen, blieb aber auf dem Gang stehen. Mit Erstaunen beobachtete sie, wie er der Frau die Hand hielt, während er ihr mit einem feuchten Frotteehandtuch vorsichtig über die Stirn strich.
    Aus dem werde ich nicht schlau, dachte sie. Wenn sie nicht so hartgesotten gewesen wäre, hätte sie vielleicht eine Träne vergossen..
    Vorsichtig schloss sie die Tür wieder.

Der Junge
    F ilippa läuft um das große Klettergerüst im Kreis herum. Es ist aus dunklem Holz und steht schon lange im Freien. Sie weiß nicht, ob sie den Mut hat hochzuklettern. Ihr rotes Kleid reicht ihr nur halb über die Oberschenkel. Vermutlich hat sie Angst, sich beim Hochklettern die Knie aufzuschürfen. Aber sie ist auch einfach nur ängstlich. Meine Schwester ist ein Feigling.
    Ich selbst sitze in einiger Entfernung auf einer Bank und langweile mich. Ich tue so, als wäre ich gar nicht mit meiner kleinen Schwester auf dem Spielplatz.
    Ein Mädchen in gelber Regenjacke sitzt ganz oben auf dem Klettergerüst. Mir ist klar, dass Filippa auch dorthin möchte. Sie will ganz oben stehen und den ganzen Spielplatz überblicken können. Das Klettergerüst besteht aus aufeinander- und nebeneinandergestapelten Holzkisten. Wenn Filippa da raufwill, muss sie erst noch mutiger werden. Ich habe jedenfalls nicht die Absicht, mich dadurch zu blamieren, dass ich ihr raufhelfe.
    Noch schreit sie nicht. Ich beschließe, einfach sitzen zu bleiben, obwohl das wahnsinnig langweilig ist. Ich bin eigentlich zu groß für Spielplätze, jedenfalls wenn meine Freunde nicht dabei sind.
    Meine Schwester sei zu klein, um allein auf den Spielplatz zu gehen, sagt Mama. Geschwister müssten zusammenhalten, damit liegt sie mir ständig in den Ohren.
    Es ist Sonntag, und das Wetter ist nicht gut genug, um einen Ausflug zu machen, aber ausreichend gut, um draußen zu sein. Es sind ungewöhnlich viele Kinder auf dem Spielplatz. Auch Väter. Sie sind mit den Kindern zusammen. Stoßen die Schaukeln an, heben ihre Kinder von den Klettergerüsten und erwarten sie am Ende der Rutschbahn. So geht es in normalen Familien zu. Mein Papa hat das nie getan.
    Ich habe schon lange aufgehört, von einem Vater zu träumen, der Sachen mit einem unternimmt. Einen Vater zu haben, den man vorzeigen kann, den es wirklich gibt und der groß und stark ist, wäre natürlich super gewesen, aber daran ist nicht zu denken.
    Mein Papa ist etwas Besonderes. Er hat so viele wichtige Dinge zu erledigen, die anderen Menschen helfen, sagt Mama.
    Deswegen bittet Mama mich, im Haus ruhig zu sein. Kein Sterbenswort darf man sagen. Papa darf nicht gestört werden. Er braucht seine Ruhe, um sich auf seine wichtigen Aufgaben konzentrieren zu können, sagt Mama immer wieder. Sie klingt aber müde, wenn sie das sagt. Und etwas ängstlich. Aber so klingt sie immer.
    Papa sitzt in seinem Zimmer und schreibt etwas Wichtiges. Mein Papa sei sehr begabt, sagt Großmutter. Intelligent. Das ist gut. Das werde ich auch mal, wenn ich groß bin. Bedeutend und intelligent, damit die Leute zu mir aufschauen. Papa sitzt an einem großen Schreibtisch mit Papierstapeln, und die Tür ist meist geschlossen. Er konzentriert sich.
    Man weiß natürlich nie, wann er die Tür aufreißt und herausstürzt. Und man weiß nie, ob er dann froh oder wütend ist. Das weiß man nie so genau. So ist das mit Menschen, die wichtige Dinge zu tun haben. Sie hätten das Recht, ungewöhnlich zu sein, sagt Großmutter.
    »Ich verlasse mich auf meinen großen Sohn«, sagt Mama und lächelt mich an.
    Sie setzt großes Vertrauen in mich. Dass ich zusehe, dass

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