Verdacht auf Mord
nach .
Er hielt die Breiteller unter den Wasserhahn und stellte sie in die Spülmaschine. Dann steckte er die Zeitung in seine Aktentasche. Im Augenblick kam er nie dazu, etwas fertig zu lesen.
Eine Staatsanwältin aus Lund namens Didriksen leitete das Ermittlungsverfahren im Fall Bodén. Laut Gillis Jensen war diese Malin Didriksen sehr clever. Ihr Name klang, als sei er einer dänischen Fernsehserie entsprungen. Der Täter sei in Lund aufzuspüren. Davon gingen sie aus. Sie waren sich ziemlich sicher, dass es sich um einen Mann handelte. Es erforderte rohe Gewalt, einen Erwachsenen, der Todesängste ausstand und sich heftig wehrte, rücklings um den Hals zu fassen. Gewiss konnte Wut hin und wieder Berge versetzen, aber dennoch wirkte es unwahrscheinlich, dass eine Frau Jan Bodén erwürgt haben sollte.
»Falls es sich nicht um eine russische Kugelstoßerin handelt«, hatte Gillis Jensen am Telefon gesagt.
»Aber die sind ja recht dünn gesät«, hatte Claesson erwidert.
So hatten sie ein Weilchen ihren Spaß. Dazu brauchte es nicht viel.
Er trug einiges dazu bei. Geplänkel. Es machte ihm Spaß. Normalerweise wäre es ihm vermutlich ziemlich sinnlos vorgekommen.
Er setzte Klara ihren Fahrradhelm auf und sie in den Kindersitz. Sie fuhr gern Rad. Und er bewegte sich gern.
Mittlerweile arbeitete er intensiv mit Gillis Jensen zusammen. Der Zettel mit der sechsstelligen Telefonnummer war von der Spurensicherung in Schonen untersucht worden. Sie hatten ihn in Jan Bodéns Jackentasche gefunden, die Fingerabdrücke stammten nicht von ihm. Jemand schien ihm den Zettel nach dem Mord in die Tasche gesteckt zu haben. Ein abgerissenes Stück Papier, liniert, hatte Jensen gesagt. Nicht groß, etwa fünf mal zehn Zentimeter. Laut Spurensicherung stammte er nicht von einem Schreibblock. Schwarze Linien und eine etwas breitere Randlinie. Als wäre das Stück Papier von einem Formular mit Vorgedrucktem oder einem Logo, das natürlich fehlte, abgerissen worden. Eine Kopie dieses Zettels war bereits nach Oskarshamn unterwegs.
Die Fingerabdrücke waren in der Kartei der Polizei nicht vorhanden. Also eine Person ohne Vorstrafen. Die DNA-Spuren auf dem Papier waren noch nicht fertig ausgewertet.
Claesson hatte den Zettel mit der Ziffernfolge »433243« vervielfältigt. Er wollte herumfragen und nichts von vornherein ausschließen, indem er die Zahlen gruppierte.
Die meisten Zahlenkombinationen bestanden aus vier Ziffern. Sechs Zahlen waren ungewöhnlicher, ausgenommen bei Telefonnummern. Darüber hatte er schon viel nachgedacht. Sechs Ziffern wurden jedoch bei Geldschränken oder eher Panzerschränken verwendet. Sowohl bei solchen mit mechanischen Schlössern wie denen von Sargent & Greenleaf als auch bei moderneren mit elektronischen Schlössern. Wie ihm Benny Grahn, ihr eigener Kriminaltechniker, erläutert hatte. Zahlenschlösser funktionierten jeweils mit drei Zweiergruppen. Genau wie bei Telefonnummern. Jetzt bin ich wieder bei den Telefonnummern, dachte er, während er auf den Humlan zurollte. Das Einfachste drängte sich immer wieder auf. So war es oft.
Das Normale war das Normalste.
Er hatte vergessen, Gillis Jensen zu fragen, welche Fortschritte die Chiffrierungsexperten aus Enköping gemacht hätten. Er hatte dort selbst vor vielen Jahren an einem Chiffrierkurs teilgenommen, aber das meiste inzwischen vergessen. So war das eben, wenn man sich nicht ständig mit einer Sache beschäftigte. Gut, dass es Experten gab. Die Sicherheitspolizei hatte natürlich auch Leute, die sich mit Chiffrierung auskannten, aber das war Jensens Sache.
Er verspürte immer größere Lust, diesen Mann aus Schonen kennenzulernen. Bisher hatten sie sich nur telefonisch ausgetauscht, allerdings sooft, dass er meinte, den anderen zu kennen. Vielleicht würde er ja Veronika einmal nach Lund begleiten.
Vielleicht wollte er ja auch Gillis Jensen persönlich kennenlernen, weil er dann die Ermittlung des Überfalls auf Cecilia vorantreiben konnte. Obwohl er eigentlich jetzt schon wusste, was dabei herauskommen würde. Vermutlich nichts. Man hatte sie ja noch nicht einmal verhören können.
Im Humlan war es friedlich. Noch waren nicht alle Kinder eingetroffen. Er hängte Klaras Rucksack und ihre Jacke an ihren Haken, während sie sich ihre roten Gummistiefel mit gelben Punkten auszog. Sie hatte sie vor einigen Tagen bekommen und schien jetzt förmlich in ihnen zu wohnen. Regenschwere Wolken hingen über den hohen Birken, die das niedrige
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