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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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an seinem Platz steht. Polierte Möbel, viel Samt, viele kleine Lampen mit glockenförmigen Lampenschirmen sowohl in den Fenstern als auch auf den Tischchen. Gummibäume in weißen Übertöpfen. Er war sich sicher, dass sie gehäkelte Überzüge für Toilettenpapierrollen besaß. Sie schien sehr viel Zeit zu haben.
    Eva-Lena Bengtsson verhielt sich ihm gegenüber sehr skeptisch. Sie habe noch nie mit der Polizei zu tun gehabt, das schien ihr sehr wichtig zu sein, denn sie betonte es mindestens drei Mal. Sie gab ihrem Erstaunen sehr zurückhaltend Ausdruck und sprach mit ganz leiser Stimme. Ihr ganzes Benehmen ließ darauf schließen, dass sie eine vorsichtige Frau war, aber trotzdem eigenwillig. Sie wiederholte sich, als wollte sie ihm ihre Unschuld einbläuen.
    Die Vergangenheit ihres Mannes ist möglicherweise weniger unbescholten, dachte Claesson. Er musste das im Register überprüfen, sobald er wieder im Präsidium war. Vielleicht ein Strafmandat wegen zu schnellen Fahrens oder wegen Alkohols am Steuer?
    »Sind Sie schon lange Nachbarn?«, begann er vorsichtig.
    »Das sind jetzt schon einige Jahre«, erwiderte sie und schaute zur Seite, während sie nachrechnete. »Fünfzehn.«
    Dann sah sie wieder auf. Gut erhalten für ihr Alter, dachte Claesson. Als hätte sie ihre Mädchenhaftigkeit konserviert. Die Patina war jedoch ebenfalls da, in Form von faltiger Haut unter dem Kinn und kleinen Fältchen um Mund und Augen. Auch die Adern ihrer Hände waren die einer reifen Frau.
    »Wie gut kannten Sie sich?«
    Sie wurde rot.
    »Recht gut.«
    »Mir ist klar, dass das für Ihren Mann und Sie sehr bedauerlich sein muss.«
    Sie nickte. Sie war irgendwie aus dem Konzept geraten und hatte sich nun wieder beruhigt, als wäre die Zeit zum Stillstand gekommen.
    »Vielleicht auch unbehaglich?«, fuhr er fort.
    Sie räusperte sich.
    »Wir wussten kaum etwas«, murmelte sie.
    Er runzelte die Stirn.
    »Ich meine, über seine Krankheit. Jan gehörte nicht zu den Leuten, die über so etwas sprechen.«
    Claesson fand es genauso lähmend, in dieser Doppelhaushälfte zu sitzen. Das war fast noch bedrückender. Die leblose Ordnung brachte ihn zwar dazu, besonders gesittet auf dem Sessel zu sitzen, aber irgendwie tat es einem auch leid um die viele Energie, die für Staubtücher und Putzlappen aufgewendet worden war. Das Gemälde über dem beigen Sofa in einem schweren Goldrahmen zeigte eine düstere Naturszene. Ein hohes Gebirge und brausende Wasserfälle und einen Himmel, der fast so aussah wie der vor dem Fenster. Es war immer noch grau, regnete aber nicht mehr. Vielleicht würde es ja am Abend aufklaren.
    Sie hatte kein Licht gemacht. Als wollte sie sich, obwohl es erst zwei Uhr war, im Dämmerlicht verstecken. In der Stille waren in weiter Ferne die Sirenen eines Krankenwagens zu hören. Claesson saß breitbeinig da und vermied es, ein Bein über das andere zu legen, da seine Hose noch nicht ganz trocken war.
    »Aber Sie haben mit ihm noch an dem Tag gesprochen, an dem er verschwand?«
    Sie wurde genauso schnell bleich, wie sie eben noch errötet war.
    »Vermutlich war das auch der Tag, an dem er getötet wurde«, fuhr er ohne Gnade fort.
    Auf ihrem Hals tauchten rote Flecken auf.
    »Wir wissen noch nicht, wann der Mord verübt wurde. Wir vermuten, dass es an dem Tag passiert sein muss, an dem er in der HNO-Klinik in Lund war. An einem Montag, am 2. September.«
    Ihr Blick war voller Entsetzen auf ihn gerichtet.
    »Und an diesem Tag haben Sie mit ihm telefoniert.«
    Sie war weiterhin sprachlos.
    »Und zwar auf seinem Handy«, fuhr er fort.
    Dann sagte er nichts mehr.
    Sie sprang auf, ging in die Küche und drehte den Wasserhahn auf. Sie ließ das Wasser laufen und kam dann mit einem Glas wieder herein, setzte sich und nippte. Ihre Hand zitterte. Sie war keine Gewohnheitsverbrecherin und alles andere als eiskalt.
    Es hätte natürlich auch ihr Gatte gewesen sein können, der bei Bodén angerufen hatte. Aber das schien nicht der Fall gewesen zu sein. Eva-Lena Bengtsson war am Boden zerstört.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Wir haben uns die Listen mit den Anrufen geben lassen. Schließlich handelt es sich um die Ermittlung eines Mordfalls«, sagte er, als wäre sie so dumm, das nicht selbst zu begreifen.
    »Er wollte nur von sich hören lassen.«
    Ihre Stimme war so zerbrechlich wie Porzellan.
    »Und?«
    »Er erzählte von der Untersuchung«, fuhr sie fort. »Er hatte in der HNO-Klinik mit einem Professor gesprochen. Einem Spezialisten.

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