Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
Vom Netzwerk:
dreißig Jahren gekannt. Sie seien Arbeitskollegen gewesen.
    »Sie ermitteln ja in Sachen Jan. Es mag seltsam klingen, aber ich glaube, dass wir, die ihn richtig lange gekannt haben, immer noch nicht so ganz begriffen haben, was eigentlich passiert ist. Wir können einfach noch nicht fassen, dass er nicht mehr unter uns weilt.«
    So kann man das natürlich auch vorsichtig formulieren, dachte Claesson und vermied es, Peter Berg hinter seinem Farn anzusehen. Worte sind gefährlich.
    »Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, dann stehe ich Ihnen natürlich zur Verfügung. Meine Chefin Kerstin Malm meinte, sie könnten Informationen über Jans Vergangenheit gebrauchen …«
    Claesson nickte. Johansson hörte auf zu lächeln.
    »Ich will damit nicht sagen, dass es irgendwie fragwürdig gewesen wäre, aber Jan war immer recht …«
    Die beiden Polizisten warteten. Es war immer wieder faszinierend, wie sich Leute in kniffligen Situationen übereinander äußerten.
    »… recht … verschwiegen.«
    »Ach so. Hatte er Ihrer Meinung nach einen Grund, verschwiegen zu sein?«
    Claesson bemerkte, wie Peter Berg verstohlen zum Teller mit dem Gebäck schielte. Vermutlich hatte er keine Gelegenheit zum Mittagessen gehabt, weil Claesson ihn einfach mitgeschleift hatte, da er nach der Sache mit Bodéns Sohn vorsichtig geworden war. Auch George Johansson schien aufgefallen zu sein, dass Berg Hunger hatte, schob ihm den Teller mit dem Gebäck zu und goss Kaffee aus der Thermoskanne ein.
    »Milch und Zucker?«
    »Nein danke«, sagten Claesson und Berg gleichzeitig.
    »Ich weiß nicht recht«, fuhr George Johansson dann fort, »aber manche Menschen erwecken den Eindruck, als würden sie große Geheimnisse mit sich herumtragen. So ein Mensch war Jan. Aber das könnte auch daran gelegen haben, dass er etwas schüchtern war.«
    »Ach? Können Lehrer schüchtern sein?«, fragte Claesson.
    »Das mag seltsam klingen. Schauspieler sollen ja angeblich oft schüchterne Menschen sein, aber in ihrer Rolle blühen sie dann auf.«
    George Johansson vollführte mit einem Arm eine theatralische Geste.
    »Jan war sehr auf sein Äußeres bedacht«, fuhr er fort. »Vielleicht nicht immer der letzte Schrei, so schlimm war es nicht. Aber er war doch eitler, als man auf den ersten Blick hätte glauben können. Vermutlich hatte er Angst vor dem Altern. Er war immer schlank und sportlich. Er hatte wirklich keine Probleme mit einem Bierbauch!«
    Johansson hatte im Übrigen auch keinen. Er war sehnig und hatte einen dunklen Haarkranz und einen braun gebrannten Schädel. Wie von einem Lehrer zu erwarten, trug er eine Brille, ein modernes Metallgestell, das ihm das Aussehen eines Intellektuellen verlieh. Braune Augen, denen vermutlich nicht die geringste Bewegung in Dreißigergruppen entging, Jeans, aufgekrempelte Hemdsärmel, die den Blick auf sehnige und haarige Unterarme freigaben. Das Hemd aus hellblauer Baumwolle war sorgfältig gebügelt. So etwas fiel Claesson auf, der ein Faible für Hemden, aber nicht fürs Bügeln hatte. Veronika leider auch nicht.
    George Johansson wirkte im Großen und Ganzen entspannt, uneitel und nicht egozentrisch, ganz im Unterschied zu dem Eindruck, den Bodén offenbar erweckt hatte.
    »Jan sah immer zu, dass er die Klasse im Griff hatte«, fuhr Johansson fort.
    »Er konnte mit den Schülern also gut umgehen?«
    »Vielleicht auch das.«
    »Ach?«
    »Er bediente sich recht harter Methoden. Ein guter Lehrer ist demokratisch. Das war er nicht. Er versetzte die jungen Leute eher in Angst und Schrecken. Gleichzeitig war er jedoch ein guter Lehrer.«
    Immer diese Leute mit den zwei Gesichtern, dachte Claesson.
    »Wie das?«
    »Er konnte Mathematik und Physik zweifellos so erklären, dass es die Schüler verstanden, also jedenfalls die, die halbwegs motiviert waren.«
    »Und die anderen?«
    »Die überließ er vermutlich ihrem Schicksal. Aber wem bleibt heutzutage schon etwas anderes übrig, auch wenn das betrüblich ist. Es funktioniert einfach nicht mehr. Die Bandbreite ist zu groß. Alle haben darunter zu leiden. Die jungen Leute können einem leidtun, aber alle kommen einfach nicht mit. Sie wollen etwas anderes tun, als in der Schule zu sitzen. Und die Zukunft sieht, ehrlich gesagt, auch nicht allzu rosig aus. Es ist nicht leicht, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Der Arbeitsmarkt wird immer gnadenloser …«
    Claesson merkte, dass er diesen Vortrag schon oft gehalten hatte. Neben sich hörte er Peter Berg kauen. Nach Kuchen

Weitere Kostenlose Bücher