Verdacht auf Mord
immer nur im Unternehmen Familie tätig sein. Aber ihr fehlte die Energie, ihre Stimme zu erheben. Sie benötigte all ihre Kraft, um sich überhaupt auf den Füßen zu halten.
Soll er halt beleidigt sein, dachte sie und kniff die Lippen zusammen. Sieht aus wie ein trotziger Dreijähriger, wie er so dasteht und demonstrativ mit den Töpfen klappert. Mir fehlt die Kraft, um ihn auch noch zu bemuttern.
Mit Klara auf dem Arm begab sie sich ins Badezimmer und ließ Badewasser einlaufen. Danach ging sie die Treppe hinauf und holte dem Mädchen einen frischgewaschenen Schlafanzug.
Zwanzig Minuten später saß Klara mit rosigen Backen und sauberem Schlafanzug auf ihrem Kinderstuhl. Er hatte unterdessen versucht, das Essen warmzuhalten. Die Schinkensoße mit Karotten zum Reis hatte sich geklumpt. Aber er machte ihr keinen Vorwurf.
»Wollen wir essen?«
Ihre Stimme klang ausgesprochen neutral, geradezu geglättet. Aber sie sah ihm nicht ins Gesicht.
»Das Essen ist schon längst fertig.«
Er lehnte sich an die Arbeitsplatte und verschränkte die Arme.
»Das ist mir klar.«
»Entschuldige«, murmelte er und stellte den Kochtopf auf den Tisch.
Da sah sie ihn an, und er schlug die Augen nieder. Die Quälerei muss ein Ende haben, dachte sie zärtlich.
»Aber sicher!«, erwiderte sie, und ihre Mundwinkel hoben sich. Schließlich war sie nicht nachtragend.
»Mir fehlt die Kraft zum Streiten«, sagte sie leise.
Trotzdem klang sie wie eine Lehrerin mit überdeutlicher Aussprache.
Er ließ seinen Zeigefinger vorsichtig über ihre Wange gleiten, dann die ganze Hand.
»Dann lassen wir es halt.«
Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase.
»Ich verkrafte im Moment auch rein gar nichts.«
»Macht nichts«, erwiderte er lächelnd und nahm sie fest in die Arme.
Sie setzten sich. Zündeten Kerzen an. Er schenkte Wein ein. Veronika nippte, stellte das Glas dann aber hin.
»Ist der Wein nicht gut?«
»Weiß nicht. Er schmeckt etwas seltsam.«
Er hob sein Glas und trank einen Schluck. Er rollte den Wein auf der Zunge, bevor er schluckte.
»Nicht so schlecht.«
»Wahrscheinlich bin ich einfach nur müde.«
Claes’ Handy klingelte. Es lag neben der Spüle, und er streckte die Hand danach aus. Er schaute auf die Tischplatte, während er sprach. Veronika war klar, dass es etwas Wichtiges war.
»Das war Gillis Jensen aus Lund.«
»So spät noch?«
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Wusste er etwas über Cecilia?
Claes schaute auf die Uhr, die über der Tür hing. Es war fast sieben.
»Was wollte er?«
Er sah ihr in die Augen.
»Emmy Höglund ist ermordet worden.«
Veronika legte ihr Besteck beiseite. Dann rannte sie auf die Toilette und übergab sich.
Sechzehntes Kapitel
Dienstag, 24. September
G eorge Johansson öffnete mit einem Lächeln die Tür.
»Treten Sie ein«, sagte er und winkte Claesson und Peter Berg mit einer energischen Handbewegung ins Haus.
»Meine Güte, kommen Sie gleich zu zweit«, fuhr er ausgelassen fort. »Wir sind im Augenblick noch allein, meine Frau kommt erst in einer halben Stunde. Sie weiß aber, dass Sie hier sind.«
Davon gehe ich aus, dachte Claesson. Schließlich hatte George Johansson sie herbeizitiert.
Die Johanssons besaßen ein eingeschossiges Siebzigerjahre-Einfamilienhaus in der Skärgårdsgatan, nicht weit vom Strandbad Gunnarsö entfernt. Gute Lage. Auf der einen Seite Wald, auf der anderen die Schären. Die Raumaufteilung war praktisch und die Einrichtung noch original mit einem Fußboden aus Korkimitat und einer Küche aus Kiefernholz.
Vollgestopfte Wohnzimmer waren eher die Regel als die Ausnahme. Weder Claesson noch Peter Berg wunderten sich, als sie sich auf der riesigen Couchgarnitur niederließen, die von Schränken, Bücherregalen und Beistelltischen mit Glasfiguren, Keramikschalen, Spankörben und anderem Kunsthandwerk umstellt war. Peter Berg versuchte einem riesigen Farn auszuweichen, der ihm ins Gesicht hing. Auf einer Blumenbank drängten sich weitere Gewächse. Kaffeetassen aus einem dünnen Porzellan und ein Teller mit Plätzchen standen auf dem Couchtisch. Sieben verschiedene Sorten, dachte Claesson, der gerade auf Diät war. Oder mindestens drei, wenn man mal von den Zimtschnecken und dem Rührkuchen absah. Kokosmakronen, Schwarzweißgebäck und Mürbegebäck. Sie sahen überaus verlockend aus. Bei ihm zu Hause hatte es immer Plätzchen gegeben.
George Johansson sagte, er habe Jan Bodén seit
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