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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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Enttäuschung.
    »Die junge und viel versprechende Aushilfsjournalistin fühlt sich also nicht wohl?«, hatte der Redaktionssekretär sie gefragt.
    Sie hatte sich geschämt. Sitzungsreferate, Einweihungen, Sportvereine – immer etwas anderes und trotzdem immer dasselbe. Alles zu zerrissen und oberflächlich. Aber das hatte sie ihm nicht an den Kopf werfen mögen. Sie wollte mehr. Sie wollte sich vertiefen, aber wusste nicht so recht, in was. Sie wusste nur, dass es nicht die Sportvereine in Hässleholm waren.
    »Das Leben besteht aus Wiederholungen«, hatte ihre Mutter trocken gemeint, als sie sie angerufen hatte.
    »Aber ich will mich für etwas begeistern können, jedenfalls ein wenig«, hatte Cecilia beharrt.
    »Ständige Begeisterung kann sehr ermüdend sein.«
    Cecilia war die Pause natürlich aufgefallen, lang anhaltend und totenstill. Es hatte nicht einmal einen deutlichen »Ich muss es doch wissen«-Seufzer gegeben. Das Krankenhaus, die Sprechstunden, die Patienten, um diese Achse war das Leben ihrer Mutter vornehmlich gekreist. Eine gute Ärztin. Eine begabte Chirurgin. Den Rest, das, was übrig gewesen war, hatte Cecilia bekommen.
    Hatte ihre Mutter es bereut?
    »Es ging nicht anders«, hatte ihre Mutter mit ihrer pädagogischen Stimme gemeint. »Ich musste schließlich für uns beide Geld verdienen.«
    In ihrem Flehen um Verständnis hatte sie weich, fast verletzlich gewirkt. Ihre ängstlichen, unausgesprochenen Fragen waren zu ahnen gewesen. Habe ich versagt? Hast du Grund, dich über deine Kindheit zu beklagen?
    »Ich beklage mich nicht«, hatte Cecilia deswegen gesagt und ihrer Stimme einen möglichst festen und munteren Tonfall verliehen.
    »So waren nun mal die Bedingungen, sonst hätte ich etwas anderes machen müssen«, hatte Veronika ihre Verteidigung fortgesetzt.
    »Schon okay, Mama«, war ihr Cecilia ruhig ins Wort gefallen.
    Sie hatte gehofft, dass es bei dieser Unterhaltung um sie gehen würde. Um ihre unsicheren Berufsträume und die unsichere Zukunft und nicht um das schlechte Gewissen ihrer Mutter.

    Mit den Müllsäcken in der Hand trat sie auf den Hof und versuchte sich gegen den Anblick am Gartentisch zu stählen. Aber das Kaffeetrinken war zu Ende und der Tisch verlassen. Rasch warf sie die Tüten in die Mülltonne und ging dann langsam wieder nach oben. Im Durcheinander ihres Zimmers suchte sie nach ihrem Handy. Sie musste Karl Beine machen, sonst kam sie nie hier weg.
    Und da kam er auch schon und füllte mit seinen breiten Schultern die ganze Türöffnung aus.
    »Super, dass du Zeit hast«, sagte sie und wusste nicht recht, wo sie ihre Augen lassen sollte.
    Fand er vielleicht, dass es zu viel verlangt war, ihr beim Umziehen zu helfen?
    »Das hier ist easy«, erwiderte Karl, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Schließlich geht es nach unten und nicht nach oben. Und Klavier hast du doch auch keins?«
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen festen Kuss auf die Wange.

    »Soll ich uns was zu essen besorgen?«
    Sie hatten alles reingetragen, und das Garderobenbrett, das von der Wand gefallen war, als sie den schweren, afghanischen Mantel vom Trödler darangehängt hatte, war wieder in die Mauer gedübelt. Sie wagte nicht, den Mantel in den Keller zu legen, weil sich dort irgendein übles Ungeziefer über ihn hätte hermachen können.
    Sie hatte festgestellt, dass Karl wirklich ein Mann der Tat war. Nichts war ihm zu schwer oder zu mühsam. Sein weißes T-Shirt hing ihm über seine Shorts. Er hatte schmale Hüften und breite Schultern. Es wäre ihr auch recht gewesen, wenn es umgekehrt gewesen wäre. Es kam auf andere Dinge an. Auf das Lächeln. Die Augen. Die Art.
    Sie konnte nicht nein sagen, obwohl sie eigentlich keinen Hunger hatte.
    »Vielleicht etwas Joghurt.«
    »Sonst nichts? Ich meine, richtiges Essen.«
    »Ich weiß nicht, ich bin schließlich heute Abend eingeladen. Aber nimm, was du willst, ich zahle.«
    Sie suchte ihr Portemonnaie hervor, in dem sie ein paar Scheine vermutete. Sie standen nebeneinander in der ausgesprochen engen Diele.
    »Reicht das?«
    Ein Hunderter.
    »Klar! Aber brauchst du nicht auch was für morgen? Also, wenn du wach wirst? Brot, Orangensaft, Milch, Kaffee oder Tee?«
    Es klang so, als plante er ein gemeinsames Frühstück. Leider konnte sie davon nur träumen.
    »Bis dahin vergeht noch viel Zeit«, erwiderte sie und wedelte mit dem Geldschein. »Ich habe nicht mehr Bargeld. Sonst muss ich mitfahren und mit Karte zahlen.«
    Er ging.

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