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Verdacht auf Mord

Verdacht auf Mord

Titel: Verdacht auf Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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soll ich denn warten? Es könnte ihm doch was zugestoßen sein!«
    Jetzt klang sie fast ein wenig vulgär, und das kannte er von seiner Mutter nicht. Aber das war vermutlich der Stress. Wütend und aufgebracht, keine angenehme Kombination. Genauso wenig angenehm war es, dass sie ausgerechnet ihn darum bat, sich persönlich dieser Angelegenheit anzunehmen. Vielleicht appellierte sie ja an seine nachbarschaftlichen Gefühle. Er gab sich dienstlich nur ungern mit Leuten ab, die er kannte, selbst wenn sie nur in derselben Straße wohnten.
    Aber er versuchte während des Gesprächs zu überlegen, wem er die Sache aufs Auge drücken konnte, ohne sie vor den Kopf zu stoßen. Vielleicht konnte er ja doch dem Kollegen Beine machen, mit dem sie bereits gesprochen, dessen Namen sie aber vergessen hatte. Er konnte sich ja einfach nach dem Stand der Dinge erkundigen. Vermutlich herrschte Flaute. Aber dann konnte er zumindest mit gutem Gewissen behaupten, er habe sein Möglichstes versucht.
    »Es muss etwas geschehen«, beharrte die Stimme am anderen Ende.
    Genau, dachte er. Das wollen alle. Was unternommen wurde, war dann fast egal. Hauptsache, es tat sich was.
    »Ist Ihnen noch etwas eingefallen, was Sie erzählen möchten?«, hörte er sich fragen. »Schließlich kommt es vor, dass …«
    »Was denn, zum Beispiel?«
    Verdammt, dachte er. Jetzt ließ er sich doch in diese wahrscheinlich vollkommen triviale Vermisstensache verwickeln. Wie es aussah, handelte es sich ja wohl kaum um eine Entführung. Vermutlich lag der Mann unter einer Palme und schlürfte einen Cocktail. Oder er lag in den Armen seiner heimlichen Geliebten. Claesson beneidete ihn fast.
    »Es kommt vor, dass einem nach einiger Zeit noch etwas einfällt. Dinge, denen man anfangs keine Bedeutung beimaß«, erklärte er.
    Es wurde vollkommen still. Er überlegte, ob sie wohl immer noch wütend war oder einfach nachdachte.
    »Und was sollte das sein?«
    Ihre Stimme klang jetzt freundlicher. Er konnte sich immer noch kein klares Bild von dieser besorgten Ehefrau machen, aber es nahm so allmählich gewisse Konturen an.
    »Was auch immer mit dem Verschwinden Ihres Mannes zu tun haben könnte«, sagte er und sah eine korpulente Frau mit hochrotem Gesicht vor seinem inneren Auge. Sie hatte ein Doppelkinn und trug eine Perlenkette.
    Woher er das mit der Perlenkette hatte, war ihm selbst nicht ganz klar. Die einzige Frau, die er kannte, die ein sogenanntes Collier besessen und auch getragen hatte, war seine Mutter gewesen. Die Familienperlen. Sie befanden sich jetzt in Gunillas Besitz. Obwohl sie sie nie zu tragen schien.
    Es war wieder still geworden.
    »Nein«, sagte sie dann. »Nichts, was damit zu tun haben könnte.«
    Nein, nein, womit hat es dann zu tun?, dachte er.
    Aber da ihn die Sache nicht weiter interessierte, hielt er den Mund und schaute auf die Uhr. Eine Stunde würde er noch bleiben können. Nach einigen unverbindlichen Worten legte er auf.
    Die Eingewöhnungsstunden am Vormittag waren genauso schläfrig, nett und harmlos gewesen wie die des Vortags. Klara interessierte sich zwar für die anderen Kinder, aber sie war ein vorsichtiges kleines Mädchen. Sie hatte sich immer in seiner Nähe gehalten, aber nach einer Weile seine Hand losgelassen. Die bewusste Pädagogik imponierte ihm. In seiner Einfalt hatte er sich vorgestellt, dass die Kindergärtnerinnen die ganze Zeit herumrannten und zusahen, dass sich die Kinder nicht wehtaten, während sie nach Herzenslust spielten. Jetzt ahnte er, dass alles einen deutlichen Rhythmus hatte. Jeden Morgen wurden dieselben Lieder gesungen. Klara liebte das Lied von der Spinne und wiegte mit dem ganzen Körper hin und her und klatschte in die Hände. Sie war jedoch noch zu klein, um die Kletterbewegung der Spinne mit den Fingern nachzuahmen. Eine der Kindergärtnerinnen hatte eine große, zottelige, rosa Spinne, die sie das Spinnennetz hochklettern ließ. Die Kinder schrien vor Begeisterung, wenn sie sie hervorholte.
    Das überraschendste Ereignis des Tages war gewesen, dass der etwas mickrig wirkende kleine Martin einem Mädchen, das Dagmar hieß, einen Teller auf den Kopf gehauen hatte. Sie hatte zwei Minuten lang wie am Spieß geschrien, dann war es vorbei gewesen. Der Knabe hatte mehr Mumm in den Knochen gehabt, als man erwartet hätte. Aber Dagmar war nicht nachtragend gewesen.
    Alles in allem war er recht froh, dass er die Eingewöhnung hatte übernehmen müssen. Falls es bei dem einen Kind blieb, und das meiste sprach

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