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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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den Hals, um Melville unter den vielen herausströmenden Passagieren zu erkennen. Doch der kommt als letzter, ganz am Schluß der Menschenflut, einen Koffer in der linken Hand, in der Rechten seinen Stock. Sein grauer Anzug ist von der langen Reise zerknittert. Drummond begrüßt ihn und bietet sich an, ihm den Koffer abzunehmen, aber Melville will nichts davon wissen und knurrt nur: » Gleich zum Chief! Haben schon Zeit genug verloren.«
    Der Detektiv ist schlecht gelaunt. Wohl weil ich zum zweitenmal den Deutschen aus den Augen verloren habe, denkt Drummond. Schweigend gehen sie nebeneinander her, bis sie das große Steingebäude der Police Headquarters erreichen.
    Roderick Ross,der Chief Constable von Edinburgh, ist ein respekteinflößender Schotte Mitte der Vierziger, in schlichter dunkelblauer Uniform, stämmig gebaut, mit hoher Stirn und angegrautem Vollbart. Drummond findet, er sieht dem verstorbenen King Edward VII . verblüffend ähnlich.
    Er läßt seinen Blick durch den großen, bis Hüfthöhe mit dunklem Holz getäfelten Raum schweifen. Zwei hohe Fenster erhellen ihn, trotzdem wirkt er düster. Gerahmte Photograpien zieren die Wände; auf den meisten sind Gruppen uniformierter Polizeibeamter zu sehen. Hinter dem Schreibtischsessel des Chief sieht er zu seinem Erstaunen ein waagrechtes Brett an der Wand, aus dem die trichterförmigen Mündungen von sechs Sprachrohren ragen. Auf dem großen Schreibtisch steht ein moderner Telephonapparat, ein Kasten aus lackiertem Ebenholz mit blankpolierten Messingbeschlägen. Daneben ein übergroßer Tintenstand aus Bronze und Kristall, mit Nymphen verziert. Bis auf eine grüne Schreibtischunterlage ist der Tisch ansonsten leer.
    Chief Ross begrüßt Melville herzlich, sie schütteln sich die Hand, und der Detektiv nimmt im Besuchersessel vor dem Schreibtisch Platz. Drummond wird von ihm kurz als Detective-Assistant vorgestellt, bekommt aber keinen Händedruck und muß mit einem Stuhl in der Ecke vorliebnehmen. Melville kommt ohne Umschweife zur Sache. Er wuchtet seinen großen Reisekoffer auf den Schreibtisch, läßt die Schlösser aufschnappen und zieht eine dicke Aktenmappe heraus. Er schließt den Koffer wieder, stellt ihn neben den Sessel und klappt die Mappe auf. Sie enthält einen Stapel Photographien samt Beschreibung von Seiler. Melville schiebt sie dem Chief hin, der wieder hinter dem Tisch Platz genommen hat, und sagt: » Das ist unser Mann.«
    Der Chief holt einen Kneifer aus der Schublade, drückt ihn sich auf die Nase und studiert das oberste Blatt. Melville setzt ihn knapp ins Bild: » Deutscher Spion. Der Mann ist jetzt hier und schnüffelt vermutlich in Rosyth herum.« Er weist mit einer Kopfbewegung zu Drummond hin und sagt: » Unser junger Mann hier hat ihn gestern in London auf der Straße erkannt und ist ihm hierher gefolgt. Da hat er ihn dann prompt verloren.«
    » Kann dem besten Mann passieren«, erwidert der Chief, und Drummond ist ihm dankbar dafür.
    » Na, wenn er nicht schon wieder weg ist, werden wir ihn schon aufspüren.« Ross erhebt sich und tritt vor die große Karte, die fast die ganze Forthmündung zeigt, mit Edinburgh in der Mitte. » Was glauben Sie, Melville, wo er sich noch herumtreiben könnte?«
    Der Detektiv studiert die Karte mit zusammengekniffenen Augen und brummt: » Überall, wo es für Spione was zu sehen gibt, denke ich. Leith, euer Hafen. Vielleicht auch die Inseln, Leuchtfeuer, Küstenbatterien, falls ihr hier welche habt.«
    Chief Ross streicht sich nachdenklich den Bart und brummt: » Batteriestellungen gibt es reichlich. Die meisten sind aber nicht oder noch nicht bestückt.«
    Mit einem Seitenblick zu Drummond sagt er: » Ist selbstverständlich alles streng geheim. Trotzdem weiß jeder, wo sie sind. Und dann ist da auch noch die Brücke.« Er zuckt die Achseln. » Können natürlich nicht alles rund um die Uhr bewachen. Aber ich werde einen Mann nach Queensferry schicken, der soll mit den Constables dort die Fähre im Auge behalten. Von der aus sieht man nämlich die Hafenbaustelle in Rosyth recht gut.«
    » Ist mir recht«, brummt Melville. » Und wir wären Ihnen verbunden, Chief, wenn Sie uns einen Inspector oder Detektiv ausleihen würden, der sich in der Stadt auskennt und mit Drummond hier die Hotels und Pensionen abklappert. Irgendwo muß unser Freund ja unterkommen.«
    Alle in Frage kommenden Polizeistationen werden alarmiert, nach einem allein reisenden Deutschen Ausschau zu halten und sofort zu melden,

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