Verfault 2 xinxii
zufrieden war. Es war schließlich erst mein zweites Tattoo auf menschlicher Haut und da musste man Abstriche machen. Als ich mich meinem Model -ihr Name war Rebecca- langsam näherte, wurde sie wach und zog sich blitzschnell, wie eine ängstliche Katze, die man in die Ecke gedrängt hat, bis zur Wand zurück. Sie zog die Beine wie zum Schutze an und bedeckte ihre Brüste mit den Händen. Gleich würde das Kätzchen zu fauchen beginnen.
»Du verdammte Mistsau!«, waren ihre ersten, nicht gerade schmeichelhaften, Worte, die sie mir entgegenbrüllte, »lass mich endlich frei, Du Irrer!«
Ich führte meinen Zeigefinger zum Mund und lächelte: »Pssst, Becca. Ich habe Dir Frühstück gebracht. Willst Du nicht...?«, weiter kam ich nicht.
»Ich scheiße auf Dein Frühstück! Lass mich raus hier! Lass mich einfach raus!«
Ich schüttelte den Kopf: »Aber, aber. Wir sind doch noch gar nicht fertig. Heute ist Dein Rücken an der Reihe und ich habe ein wunderschönes Motiv für ihn. «
Sie schrie nun so laut und hysterisch, dass es klang, als wollte ihr zuletzt herausgerufenes Wort das erste noch überholen: »Ich bin fertig, Du Schwein! Fix und fertig! Schau mich doch an. Du hast mich völlig entstellt.« Ihre Augen wurden glasig und gleich würde sie beginnen vor Selbstmitleid zu weinen. Sie war undankbar, da ich mich sehr um sie bemühte und sie dies gar nicht zu schätzen wusste.
»Weißt Du eigentlich, wie viel Zeit und Mühe es mich kostet, Deinen Körper zu verschönern? Ich mache ein Kunstwerk aus Dir und Du schreist hier rum. Du bist ungerecht, mein Kind!«
Nun lachte sie, aber es klang eher panisch als freudig: »Verschönern? Verschönern? Ich sehe aus wie ein Monster und ich wollte zu keiner Sekunde verschönert werden. Erst recht nicht von Dir, Du scheiß Psychopath!«
Ihre Worte trafen mich nicht, schließlich war sie erst vor Minuten aufgewacht und alle Eindrücke noch sehr frisch. Schon bald würde sie ihre Einzigartigkeit erkennen und sie mit Stolz erfüllen. »Beruhige Dich, Becca. Iss erst einmal etwas und lass uns dann fortfahren.«
Ihre Stimmlage änderte sich genauso wie ihr Gesichtsausdruck, der plötzlich eher weinerlich aussah und mich an die alte Bettlerin erinnerte, die immer jammernd vor dem Supermarkt saß und die Hand aufhielt.
»Bitte hör auf damit. Schau Dir meine Beine an. Reicht das denn nicht? Lass mich frei und ich werde niemandem etwas erzählen«, sie rückte ein wenig nach vorne und breitete ihre Hände aus, sodass ich ihre wunderschönen Brüste sehen konnte, »Bitte, lass mich frei!«
Ich schüttelte erneut den Kopf. Energischer als vorhin und hielt ihr die Müslischale entgegen, die sie mir wütend aus der Hand schlug. Sie zerbrach auf dem Boden und der gesamte Inhalt versaute den klinisch-reinen Bodenbelag. Ich spürte Wut in mir aufkommen, die sich zuerst am Zucken meiner Augenlider bemerkbar machte. Vielleicht hätte ich diese Wut noch im Zaum halten können, aber ihre nächsten Worte waren zu viel. Selbst für einen beherrschten Zeitgenossen, wie ich einer war. Aus meinem weinerlichen Model wurde wieder die Furie.
»Weißt Du, was das Schlimmste an der ganzen Situation ist? Weißt Du das?«, sie erwartete eine Antwort, aber ich stand nur stumm vor ihr, »Du bist kein Künstler, Du Spinner! Und Du kannst nicht tätowieren. Du bist nur ein beschissener Psychopath, du verdammter Wichser!«
Das war genug! Diese Beleidigungen trafen mich und ich empfand sie als rundweg ungerechtfertigt. Dieses Luder! Was verstand sie schon von Kunst? Andere zahlten tausende von Euro für solche Tattoos und sie beschwerte sich noch! Ich musste sie zurechtweisen und ich griff mir die Sprühflasche Isopropanol, mit der ich normalerweise die Oberflächen desinfizierte. Ich schraubte den Sprühaufsatz ab und schüttete den gesamten Inhalt über
Weitere Kostenlose Bücher