Verfault 2 xinxii
selbst in ihnen eine Hauptrolle spielte.
»Versuch wieder zu schlafen, Schatz. Mama schläft jetzt auch weiter«, die dritte Lüge innerhalb von einer Minute, denn ich würde nicht mehr einschlafen. Ich wollte nicht mehr einschlafen, weil ich Angst davor hatte. Ich ging nach einigen Minuten leise nach unten, setzte mich in die dunkle Küche und kochte mir einen Kaffee. Ich schwitzte immer noch und begann zu zittern, so sehr hatte mich dieses verdammte Trauma erneut mitgenommen. Ich war schwer traumatisiert und auch nach mehreren Aufenthalten in Spezialkliniken, ist es nicht besser geworden.
Der Unterschied zwischen einem herkömmlichen Albtraum und einem Trauma ist gar nicht so schwer zu erklären, auch wenn es unmöglich ist, es als Nichtbetroffener nachzuempfinden. Ein Trauma ist ein nicht verarbeitetes Erlebnis, das furchtbar und oft prägend war. Eine schwere psychische Verletzung, die man nicht oder nur schwer loswird. Während dieser Phasen erlebe ich das schreckliche Erlebnis immer wieder neu. Ich durchlebe die Vergangenheit und sie zerstört mich. Die Psychopharmaka, die ich in hoher Dosis nehme, benebeln mich, lassen mich fühlen, als würde ich durch Watte laufen und mich abstumpfen. Aber der seelischer Schock besteht immer noch. Es ist minimal besser geworden, aber nach diesen Phasen bin ich so fix und fertig, dass es mir schwer fällt, überhaupt noch objektiv zu urteilen.
Der Kaffee war zu laff geworden und ich schüttete ihn weg. Ich machte mir einen Neuen, diesmal deutlich stärker und zündete mir eine Zigarette an. Ich hatte meinen Job verloren, da ich nicht mehr belastbar und ständig müde war. Ich hatte meinen Freund verloren, der mit der ganzen Situation nicht klar kam, dieser Feigling. Nun lebte ich mit meinem Sohn alleine und schaute, dass ich so gut es ging über die Runden kam. Zum Glück konnte ich im Haus meiner Eltern wohnen, was vieles vereinfachte. Tagelang lag ich nur im Bett und war nicht fähig aufzustehen oder etwas zu unternehmen. Da war ich froh, wenn sich jemand um Niklas und den Haushalt kümmerte. Meine Mutter war ein Engel in dieser Beziehung und die Einzige, die mich verstand.
Vor 6 Jahren war mein Leben noch völlig in Ordnung gewesen und viele hätten mich darum beneidet. Ich hatte einen guten Job als Pharmazeutin und einen Freund, mit dem ich mich auf unser erstes Kind freute. Ich war glücklich, denn bisher waren alle größeren Schicksalsschläge an mir vorbeigezogen. Wir besaßen ein Haus, eine Katze und lebten wie Verliebte und dazu beste Freunde. Dann wurde alles anders. Die häufigsten Ereignisse, die Traumatisierungen hervorriefen, stellten schlimmste Erlebnisse dar, wie Vergewaltigungen, Kriege, Geiselnahmen oder auch Naturkatastrophen, bei denen man beispielsweise mit hunderten Toten konfrontiert wurde. Bei mir war es eine andere Situation.
Am Morgen des 02. Juni 2006 setzen bei mir im 8. Monat unerwartet die Wehen ein und mein Freund fuhr mich auf direktem Wege in die nächste Klinik. Ursprünglich war eine natürliche Geburt geplant, aber wie mir der leitende Arzt mitteilte, hatte sich mein Sohn nochmal gedreht und es würde schwierig werden, auf diesem Wege zu entbinden. Da nicht viel Zeit blieb und eine Entscheidung getroffen werden musste, entschied ich mich für einen Kaiserschnitt unter Vollnarkose. Es wurde alles vorbereitet, ich wurde in den OP-Saal geschoben und bekam dort meine Anästhesie.
Als ich erwachte, fiel es mir nicht leicht etwas zu erkennen, aber ich nahm Musik wahr und diese Stück ist heute noch ein Trigger für Panikattacken übelster Sorte. Im Hintergrund lief »Walking on Sunshine« und ich vermutete, in meinem Krankenzimmer zu sein. Aber da war ich nicht! Als ich meine Umgebung
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