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Verflixtes Blau!

Verflixtes Blau!

Titel: Verflixtes Blau! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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hatte eine Schrotflinte für die Jagd.«
    » Sie waren ihm ein guter Bruder«, sagte Lucien, dessen Hand noch immer auf Theos Schulter lag. » Der beste, den man sich vorstellen kann.«
    » Danke, Lucien.« Van Gogh zog ein Taschentuch aus seinem Jackett und wischte damit kurz unter seinen Augen entlang. » Tut mir leid. Offenbar bin ich immer noch nicht darüber hinweggekommen. Ich finde sicher Platz für dein Bild, Lucien. Lass mir etwas Zeit, einige Drucke auszulagern und ein paar Bilder zu verkaufen.«
    » Nein, das ist nicht nötig«, sagte Lucien. » Ich muss noch an ihr arbeiten. Ich wollte Sie nur fragen, Sie als Experten: Meinen Sie, ich sollte ihr ein Tuch um den Hals malen? Ich dachte an Ultramarin, um den Blick darauf zu lenken.«
    » Der Blick dieser Frau lenkt den Blick des Betrachters, Lucien. Sie brauchen kein Tuch. Ich will Ihnen nicht vorschreiben, wie Sie malen sollen, aber für mich sieht dieses Bild fertig aus.«
    » Danke«, sagte Lucien, » das war mir eine Hilfe. Trotzdem möchte ich noch an der Struktur des Überwurfs arbeiten, auf dem sie liegt.«
    » Dann bringst du es mir wieder? Bitte. Es ist wirklich ein außergewöhnliches Bild.«
    » Das will ich tun. Danke, Theo.«
    Lucien nickte Henri zu, gab ihm Zeichen, sein Ende der Leinwand anzuheben.
    » Moment«, sagte Henri. » Theo, hast du schon mal vom Farbenmann gehört?«
    » Du meinst Père Tanguy? Selbstverständlich. Ich habe Vincents Farben immer bei ihm oder Monsieur Mullard gekauft.«
    » Nein, nicht Tanguy und nicht Mullard, ein anderer. Möglicherweise hat Vincent den Mann erwähnt.«
    » Nein, Henri, tut mir leid. Ich weiß nur von Monsieur Mullard und Père Tanguy in der Rue Pigalle. Ach, und Sennelier bei der École des Beaux-Arts natürlich, aber mit dem habe ich nichts zu tun. Außerdem müsste es im Quartier Latin ein gutes Dutzend geben, bei denen sich die Studenten versorgen.«
    » Ah ja, danke. Alles Gute, mein Freund.« Henri schüttelte Theo die Hand.
    Theo hielt ihnen die Tür auf. Er war froh, dass sie gingen. Er mochte Toulouse-Lautrec, Vincent hatte ihn auch gemocht, und Lucien Lessard war ein netter Kerl, immer freundlich, und es schien, als mauserte er sich zu einem ganz anständigen Maler. Es gefiel ihm nicht, sie anzulügen, doch seine Loyalität hatte stets vordringlich Vincent zu gelten.
    » Das Bild ist kein Mist«, sagte Lucien.
    » Ich weiß«, sagte Henri. » Das war nur Teil meines Täuschungsmanövers. Ich bin von königlichem Blute. Die Täuschung ist eine der mannigfaltigen Gaben, die uns in die Wiege gelegt sind, neben der Arglist und der Hämophilie.«
    » Dann findest du also nicht, dass mein Bild Mist ist?«
    » Nein, es ist superb.«
    » Ich muss sie finden, Henri.«
    » Himmel, Arsch und Zwirn! Lucien, sie hätte dich fast umgebracht!«
    » Hättest du denn von Carmen lassen können, als wir dich das erste Mal von ihr weggeholt haben?«
    » Lucien, genau darüber muss ich mit dir sprechen. Gehen wir ins Le Mirliton. Wir setzen uns hin und trinken was.«
    » Was passiert mit dem Bild?«
    » Das nehmen wir mit. Bruant wird begeistert sein.«
    Von einem Eingang auf der Rückseite der Sacré-Cœur aus beobachtete sie, wie die beiden ihr Bild zur Tür der Galerie hinaustrugen. Sie torkelten wie synchronisierte Trunkenbolde, mitten auf der Straße, seitwärts, versuchten, die schmale Seite der Leinwand in den Wind zu halten. Als die beiden um die Ecke verschwanden, lief sie die Stufen hinab, über den kleinen Platz hinweg direkt in Theo van Goghs Galerie.
    » Mon Dieu!«, rief sie. » Wer ist dieser Maler?«
    Theo van Gogh blickte von seinem Schreibtisch auf und sah eine blasse, brünette Schönheit im veilchenblauen Kleid, die mitten in seiner Galerie in sexuelle Ekstase zu geraten schien. Er war sicher, sie noch nie zuvor gesehen zu haben, und doch kam sie ihm seltsam bekannt vor.
    » Die hat mein Bruder gemalt«, sagte Theo.
    » Er ist brillant! Haben Sie noch mehr von seinen Bildern, die ich mir ansehen könnte?«

16
    Man spricht es Bas’tahrd
    S chau an, da kommt ja der große Maler Toulouse-Lautrec in Begleitung eines nichtsnutzigen, namenlosen Bastards!«, rief Aristide Bruant, als sie das dunkle Cabaret betraten. Er war ein ernster, untersetzter Mann mit ausladendem Hut, der hohe Stiefel trug wie ein Kanalarbeiter, dazu einen schwarzen Umhang mit leuchtend rotem Schal. Er war zwei Teile Talent, drei Teile Eitelkeit und fünf Teile Lärm. Das Le Mirliton gehörte ihm, und Toulouse-Lautrec war

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