Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
ihre ganze Selbstbeherrschung aufwandte, um nicht vor ihm zusammenzubrechen. Das würde sie jetzt noch durchstehen, und dann, wenn er gegangen war, würde sie sich mit den Nägeln die Haut vom Leib kratzen, zitternd vor der Kloschüssel kauernd bittere Galle erbrechen, dann würde sie vielleicht zum Messer greifen und es sich ins Herz jagen. Er durfte sie keinesfalls alleine lassen. »Wo ist eigentlich Ihr Mann? Kann man ihn irgendwo erreichen?«
Sie zuckte zusammen, als ob sie sich gerade erst erinnerte, verheiratet zu sein, einen Mann zu haben, den Vater ihrer Kinder. Ein Blick auf die Uhr. »Seine Maschine müsste in einer halben Stunde landen.«
Wie sollte sie ihrem Mann beibringen, was sie angerichtet hatte? Dühnfort entschloss sich zu warten, bis Mikas Vater hier war. Und plötzlich ärgerte er sich über das Mitgefühl, das er ihr entgegenbrachte. Sie war die Ursache für zwei Selbstmorde, einen Mord und … ja, das sah er so … auch für Mikas tödlichen Unfall.
Sie hatte etwas ins Rollen gebracht, das sich von Anfang an nicht beherrschen ließ, das sich von ihr nicht kontrollieren ließ und sich zu einer tödlichen Lawine entwickelt hatte, und das einzig und allein, weil sie keine Grenzen kannte. Er hatte keine Lust, sich ihre Rechtfertigungen anzuhören. Er wollte Antworten.
»Frau Eckel, wir wissen, dass Sie sich als Sascha ausgegeben haben, und können das auch beweisen. Mich interessiert nicht, warum Sie das getan haben. Das kann ich mir denken. Ich will wissen, warum Sie nicht aufgehört haben, nachdem Isa und Mika sich versöhnt hatten und das Video gelöscht war. Spätestens da war der Zeitpunkt gekommen, diesen Rachefeldzug zu beenden.«
Ihre Schultern straffen sich, ihr Rücken wurde gerade. Erhobenen Hauptes würde sie das hinter sich bringen. »Weil ich es nicht gewusst habe. Mika hat mir nichts davon gesagt. Genauso wenig, wie sie mir etwas von diesem unsäglichen Video verraten hat. Lukas hat mich darauf aufmerksam gemacht.« Für einen Moment schloss sie die Augen, fuhr sich mit der Hand darüber. »Dieser fette, undisziplinierte, vorlaute und unerzogene Fratz, der sich Mikas Freundin nannte und diese Freundschaft mit keinem Atemzug verdient hat, hat meine Tochter vor aller Welt lächerlich gemacht und gedemütigt, und Mika hat das einfach weggesteckt und so getan, als würde sie das nicht verletzen.« Keuchend holte sie Luft. »Doch ich habe gesehen, wie sehr sie getroffen war, wie sehr sie sich schämte. Es hat mir so wehgetan. Diese rotzfreche Schlampe sollte am eigenen Leib erfahren, wie sich das anfühlt. Deshalb habe ich das getan. Ich wollte immer nur das Beste für meine Kinder.«
Dieser Satz machte Dühnfort wütend. »Das Beste! Ein Inferno haben Sie angerichtet in Ihrer Selbstherrlichkeit. Ein Todesengel sind Sie! Sie haben nichts als Unglück und Verderben gebracht. Wie kam Isas Vater eigentlich auf die Idee, Daniel sei Sascha? Ist das auch auf Ihrem Mist gewachsen?«
»Ich habe keine Ahnung, wie er darauf gekommen ist. Das ist völlig abstrus.« In einer theatralisch abgeschmackten Geste presste sie die Hand aufs Herz, wie zum Schwur. Dühnfort war kurz davor, sie zu schütteln und anzuschreien, dass sie sich dieses billige Schmierentheater sparen sollte. Doch er beherrschte sich.
81
Als Alexa sich endlich am späten Nachmittag bei Alois meldete, passte ihm das eigentlich gar nicht. Simon durfte heute nach Hause. Evi wollte ihn nach Ende ihrer Schicht abholen, und er hatte ihr versprochen, sie zu fahren. In einer Stunde musste er los. Dennoch hatte er auf Alexas Anruf ungeduldig gewartet, denn zunächst waren die Kollegen von Rauschgift an der Reihe, sich mit Bram und Anike zu beschäftigen. Das war ihr Fall. Doch ihr Deal lief, das hatte Alexa ihm zugesichert, als sie die Festnahmen letzte Nacht noch bei einem Absacker im Schumann’s gefeiert hatten. »Wir nageln sie fest, und dann bieten wir ihnen einen kleinen Strafnachlass an, falls sie dir den entscheidenden Tipp geben können.«
Doch erst einmal verweigerten die beiden jede Aussage und schienen darauf zu bauen, dass man ihnen nur das Dealen nachweisen konnte. War ja auch zu dumm gelaufen, sich ausgerechnet die Bullen als Geschäftspartner zu holen. Doch Alexa wollte mehr. Sie wollte den beiden, oder zumindest Bram, die Herstellung von Ecstasy nachweisen. Dann würde es richtig eng, und die Motivation für eine Kooperation würde steigen. Als sie sich nun endlich meldete, klang sie sehr vergnügt.
»Lust auf
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