Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
verwendet«, fuhr Buchholz fort. »Das sind keine Leichtgewichte und außerdem unhandlich. Zum ständigen Führen sind sie nicht geeignet. Die findest du hauptsächlich bei Jägern zur Nachsuche oder bei Sportschützen. In dieser Richtung würde ich die Augen offen halten.«
»Sehr schön. Wie sieht es mit DNA aus?«
Buchholz fuhr sich mit einer Hand über den mächtigen Schädel und erklärte, dass die Auswertung der Speichelspuren an den Zigarettenkippen noch bis morgen dauern würde.
»Aber wir haben noch etwas Interessantes gefunden. Oben neben den Zigarettenkippen und hinter den Dämmstoffrollen gibt es Spuren von Profilsohlen mit einem typischen Merkmal. Am rechten Schuh fehlt an einem Stollen ein Stück, und zwar hinten in der Rundung. Größe etwa 45, könnte auch 44 oder 46 sein. Spuren desselben Schuhs finden sich auch unten in der Nähe der Säule und am Ausgang zum Petunienweg. Und das ist ein echter Treffer.« Buchholz deutete auf ein Foto an der Wand. »Der Mutterboden ist am Rand der Baustelle zu einem Wall aufgeschoben. Dort gibt es eine bazige Stelle, und in der habe ich das Schätzchen entdeckt.«
Dühnfort war zufrieden. Das entwickelte sich doch alles sehr erfreulich.
Im selben Moment öffnete sich die Tür zum Besprechungszimmer. Alois kam herein. Er sah völlig fertig aus.
15
Angst war ein Gefühl, das Alois eigentlich fremd war. Selbst als Kind hatte er sich selten gefürchtet. Beinahe alles ließ sich erklären und so die Angst in den Griff bekommen. Dunkle Schatten waren der Abwesenheit von Licht geschuldet. Nichts verbarg sich darin. Unheimliche Geräusche kamen vom Wind, der bei Sturm in die Dachsparren fuhr und die alten Balken ächzen ließ, oder von den Dielen, die unter den Schritten seiner Eltern knarrten. Keine Monster, keine Ungeheuer. Die gab es nur in den Büchern, die er so gerne las. Der Angst vorm dicken Mani, der den Schwachen auf dem Heimweg von der Schule auflauerte, war er mit einem Karatekurs begegnet. Das Blatt hatte sich gewendet. Schon bald hatte der Mani Schiss vor ihm gehabt. So ging das. Man stellte sich der Angst und tat was dagegen. Doch diesmal war alles anders. Simon war krank, und eine nie gekannte Furcht breitete sich in Alois aus. Papa, mein Hals tut so weh . Simons Blick, der nicht hielt, die roten Wangen im weißen Gesicht. Verdacht auf virale Meningitis. Das hatte Evi gesagt. Fragend hatte er sie angesehen. Was heißt das? Das ist doch nicht schlimm, oder? Hirnhautentzündung. Bei diesem Wort hatte sein Verstand auf Standby geschaltet und jede Zelle seines Körpers mit Angst geflutet. Der Arzt in der Klinik hatte beschwichtigt. Kein Grund zur Sorge. Selbst wenn das eine Meningitis sein sollte, lässt sie sich gut behandeln. Am besten, Sie gehen jetzt zur Arbeit. Evi hatte zugestimmt. Ich rufe dich an, wenn der Befund da ist. Jetzt mach dich nicht verrückt. Leichter gesagt als getan, dachte er und setzte sich an den Besprechungstisch. Der Fall würde ihn hoffentlich ablenken. »Entschuldigt meine Verspätung.« Er warf einen Blick in die Runde.
»Wie geht es Simon?«, fragte Tino.
»Verdacht auf Hirnhautentzündung. Das ist eine nicht so seltene Komplikation nach Mumps und lässt sich gut behandeln.« Das klang so klar und kalkulierbar, und doch erschien es ihm wie Mut machendes Pfeifen im Dunkeln.
»Wenn du ein paar Tage Urlaub nehmen willst …«
»Nicht nötig. Der Junge ist in guten Händen, und Evi ist schließlich Krankenschwester. Die haben das im Griff. Wie ist der aktuelle Stand in unserem Fall?«
Tino fasste ihn zusammen. Sah doch prima aus. Sie mussten nur den Fahrzeughalter finden, und dann würde das ein Heimspiel werden. Darauf würden sich die Ermittlungen jetzt konzentrieren. Wem gehörte der Wagen, wer trug den Schuh mit dem beschädigten Profil? Die Rekonstruktion von Daniels letzten Stunden hatte jetzt sicher nicht erste Priorität, und darüber war Alois froh. Denn gestern, nach Evis Anruf, war er gleich zu ihr gedüst, in die kleine Wohnung, die sie zusammen mit Simon ganz in der Nähe ihres Arbeitsplatzes bewohnte. Recht weit war er mit seiner Recherche also nicht gekommen. Dennoch fragte Tino danach. Logisch. Nicht anders zu erwarten. Sein Chef war ein Gründlicher.
Alois zog sein Notizbuch hervor und checkte dabei noch mal schnell sein Handy. Keine SMS von Evi.
Hastig überflog er seine Notizen. »Daniel hat außer seiner Oma keine Angehörigen. Bis vor einem Jahr hat er zusammen mit ihr ein altes Siedlungshäuschen in
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