Verflucht seist du: Kommissar Dühnforts fünfter Fall (German Edition)
mochte sie. Sie waren Freunde. Außerdem bahnte sich da etwas zwischen ihr und diesem Affen an. Dr. Niklas Welte. Natürlich war der gestern auch noch herbeigeeilt. Da hatte Simons Herz bereits wieder geschlagen. Ganz ruhig und gleichmäßig, eine wunderschöne Kurve auf dem Monitor, die Alois die Tränen in die Augen trieb. Welte hatte ihn ignoriert, schlaue Sprüche losgelassen, Evi den Arm um die Schulter gelegt und sie mit seinem Medizinerlatein zugemüllt. Wie er Evi angesehen hatte, alles klar. Er war scharf auf sie, und sie hatte seinen Arm nicht abgewehrt. So what? Sie war frei zu tun, was sie wollte. Aber bitte nicht mit diesem Blender und Angeber.
Hoch über ihnen krächzte ein Rabe. Sie ließen Gebüsch und Unterholz hinter sich und erreichten eine Lichtung von knapp zweihundert Metern Durchmesser. »Hier ist es.« Christian wies mit den gefesselten Händen auf die freie Fläche. Vertrocknetes Gras, Blaubeergestrüpp, Himbeerranken, Moospolster und die Gerippe umgestürzter Bäume, die schon seit Jahrzehnten hier vor sich hin rotteten. Weiter hinten befand sich ein mannshoher Stapel Meterholz. Den steuerte Christian nun an. »Hier haben wir die Büchsen aufgestellt, und von dort drüben haben wir geschossen.«
Etwa sechzig Meter Distanz, schätzte Alois. Er wies Christian an zu warten und sah sich um. »Und denke nicht mal daran, abzuhauen.« Hinter dem Stapel fand er aufgeplatzte und deformierte Blechdosen. Pizzatomaten und weiße Bohnen. Absplitterungen an etlichen Bäumen. In einem entdeckte er ein Geschoss. Die Jungs hatten ein Rad ab, hier rumzuballern. Alois untersuchte den Platz, von dem aus sie die Büchsen ins Visier genommen hatten, und fand etliche Patronenhülsen zwischen Brombeeren und Moos. Eine lag auf einem Ameisenhaufen. 7,65 Browning. Das Kaliber passte zur Walther. Wenn es hier ein .44er Kaliber gab, dann steckte das Projektil in einem Baum. Das sollte Buchholz sich ansehen.
Alois kehrte zu Christian zurück, der am Holzstapel lehnte. »Wie oft wart ihr hier?«
»Fünf oder sechs Mal.«
»Immer zu zweit?«
Christian nickte. »Phillip hat keine eigene Waffe, und ich habe kein Auto. Wenn wir hierher wollten, waren wir aufeinander angewiesen.«
»Und ihr habt nur zur Gaudi geschossen? Oder war es nicht eher so, dass Phillip lernen wollte, wie man mit einer Waffe umgeht?«
»Am Anfang war es Neugier und Spaß. Doch dann hat ihn der Ehrgeiz gepackt. Er wollte besser schießen als ich. Und ich bin nicht schlecht.«
»Hast du ihm die Pistole auch mal geborgt?«
»Nur wenn wir hier waren. Er hat sie nie alleine gehabt.«
»Hat er mal davon gesprochen, sich eine Waffe zuzulegen?«
Christian hob seine Handgelenke. »Können wir darauf nicht verzichten? Ich haue nicht ab. Echt.«
»Wäre auch dämlich von dir, denn ich erwische dich, und außerdem platzt dann unser kleines Geschäft.« Er nahm Christian die Handschellen ab und wiederholte seine Frage, ob Phillip dran gedacht habe, sich eine Pistole zu besorgen.
»Er hat mal davon gesprochen. Das war aber nicht ernstgemeint.«
»Warum nicht?«
»Weil er selbst gesagt hat, dass das Quatsch ist und dass wir unseren Schießstand hier aufgeben sollten, bevor wir erwischt werden.«
»Hast du mal darüber nachgedacht, ob Phillip Daniel erschossen hat?«
»Er hatte keinen Grund. Gut, Daniel hat uns beklaut, aber Phillip brauchte das Geld nicht. Es konnte ihm egal sein.«
»Daniel hat euch auch erpresst …«
»Und Phillip ihn. Das hat sich aufgehoben.«
Alois wiederholte die Frage. Christian zog sich auf den Holzstapel hoch und setzte sich, seine Beine baumelten, er überlegte offenbar, was schwerer wog. Ehrlichkeit oder Loyalität. Die Loyalität siegte nicht. »Doch, der Gedanke ist mir schon gekommen. Ich traue es Phillip aber nicht zu. Eigentlich.«
»Eigentlich? Und weiter.«
»Wenn er auf Ecstasy ist und runterkommt, dann ist er manchmal ganz schön schräg drauf. Ziemlich aggressiv. In so einem Moment würde ich ihm alles zutrauen. Aber Phillip hat keine Waffe.«
Wenn dieser Schießplatz hier erst einmal gefilzt ist, sehen wir weiter, dachte Alois. Er zog das Handy aus der Tasche, um Buchholz anzurufen. Der Akku war leer. Mist! Das passierte ihm sonst nie, doch gestern Nacht hatte er nicht mehr daran gedacht. Verärgert steckte er das Mobilteil wieder ein. Gut, dass er Tino eine Mail geschrieben hatte, was er am Vormittag vorhatte.
»Okay. Ich denke, das war es für heute. Und jetzt zurück zu dem Punkt, an dem wir gestern
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