Verfluchte Seelen
herum, während Sheldon im Takt zu
Skillet
mit dem Kopf wippte.
Es war eine angenehme Autofahrt. Melanie war in einem kleinen engen Apartment in der Stadt aufgewachsen. Sie hatten keinen Garten gehabt. Keine frische Luft. Nur eine konstante Geräuschkulisse. Als sie nach North Carolina gezogen war, hatte sie nachts den Fernseher laufen lassen, weil die ungewohnte Stille sie vom Schlafen abhielt.
Aber inzwischen liebte sie diese Stille. Natürlich war es nervig, dass die einzigen Geschäfte, die nach Mitternacht noch geöffnet hatten, Walmart und ein paar Tankstellen waren. Aber die frische Luft, der klare Sternenhimmel und die Landschaft …
Wie aufs Stichwort erfassten die Autoscheinwerfer in diesem Moment zwei Rehe, die neben der Straße ästen.
Bastien legte den Arm um sie.
Als sie aufsah, stellte sie fest, dass er sie lächelnd betrachtete.
»Ich wünschte, dieser Moment würde niemals enden«, sagte sie.
»Mir geht es genauso«, gestand er und verschränkte seine Hand mit der ihren, die immer noch damit beschäftigt war, mit seinen Fingern herumzuspielen.
Schließlich bog Richart in die lange Auffahrt zu Davids Haus. Er parkte hinter einem glänzenden schwarzen Prius und schaltete den Motor ab. Der Skillet-Song brach mitten im Satz ab.
Melanie hatte keine richtige Lust hineinzugehen. Chris hatte sich garantiert inzwischen ordentlich in Rage geredet und forderte Bastiens Kopf auf einem Silbertablett. In dieser Nacht hatte sie einfach keine Geduld für diese Art von Spielchen.
Den beiden Unsterblichen ging es offenbar genauso, denn keiner von ihnen machte Anstalten, aus dem Wagen zu steigen. Allerdings wechselten sie einen düsteren Blick im Rückspiegel.
»Was ist los?«, fragte sie.
»Es ist so still«, erklärte Bastien.
Richart nickte.
Aller kindlicher Übermut schien plötzlich von Sheldon abzufallen, und er zog zwei Zehn-Millimeter-Pistolen. »Hier draußen oder im Haus?«
Mit dem Kinn deutete Richart auf das Haus. »Da drin.«
Plötzlich war ein Summen zu hören, als sich der Vibrationsalarm eines Handys einschaltete. Bastien beugte sich vor und zog das Telefon aus seiner Gesäßtasche. Nachdem er einen Blick auf das Display geworfen hatte, zogen sich seine Augenbrauen zu einem dunklen Strich zusammen.
Er drehte das Handy so, dass Melanie einen Blick darauf werfen konnte. Die SMS war von Darnell:
Kommt rein, setzt euch und haltet den Mund.
Mit David sollte man sich heute Nacht besser nicht anlegen.
Warum war David so aufgebracht? War er es allmählich leid, Bastien ständig verteidigen zu müssen, während der es immer wieder darauf anlegte, die anderen Unsterblichen zu reizen?
Melanie hoffte inbrünstig, dass Letzteres nicht der Fall war.
Bastien hob das Handy, damit auch Richart und Sheldon die Nachricht lesen konnten. Richarts Gesicht blieb ausdruckslos, während er und Bastien einen Blick wechselten. Sheldon hingegen wirkte ziemlich nervös.
Melanie wusste nicht, was sie erwartete, als die vier aus dem Auto stiegen und das Haus betraten.
Alles war genauso wie beim letzten Treffen, sogar die Sitzordnung. Es gab nur einen auffälligen Unterschied: Keiner sagte ein Wort.
Am Kopf der Tafel saß David zurückgelehnt in seinem Stuhl, mit dem rechten Ellbogen stützte er sich auf dem Tisch ab. Sein dunkles, gut aussehendes Gesicht war so regungslos, dass es aussah, als wäre es in Stein gemeißelt. Im Gegensatz zu den übrigen Anwesenden, deren Jagdkluft von der nächtlichen Jagd beschmutzt war, war sein schwarzes langärmliges Oberteil sauber und trocken, und seine prachtvollen Rastazöpfe waren ordentlich zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden, der bis hinunter zu seiner Hüfte reichte.
Darnell saß neben ihm, und sein Gesichtsausdruck bekräftigte noch einmal die Warnung, die er ihnen per SMS geschickt hatte.
Niemand sagte ein Wort, während Melanie, Bastien und Richart (der sein mitgebrachtes Essen sicherheitshalber im Auto zurückgelassen hatte) und Sheldon sich dem Tisch näherten und die vier leeren Stühle neben Étienne einnahmen.
Seth’ Stuhl blieb leer.
Darnell zog sein Handy heraus, tippte eine Nachricht und steckte es zurück in seine Gesäßtasche.
Urplötzlich ertönte die Melodie von »Mack the Knife« im Zimmer.
Sarah, die Melanie gegenübersaß, zog ihr Handy aus der Tasche und presste es gegen ihr Ohr. »Hallo? … Okay. Danke.«
Kurz nachdem Sarah ihr Telefon wieder verstaut hatte, materialisierte sich Seth im Zimmer.
Melanie fand es sehr nett von ihm,
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