Verfolgt im Mondlicht
hast.«
»Ich hab nicht drauf rumgehackt.«
»Vielleicht nicht. Trotzdem mag ich es nicht.«
Sie gingen ein paar Schritte schweigend nebeneinander her. »Danke, dass du nichts sagst«, meinte Kylie schließlich.
Sie setzten ihren Weg durch den dichten Wald fort, nur begleitet von den steten Geräuschen der Nacht. Dann war es wieder Kylie, die die Stille brach: »Lucas war nicht allein mit Fredericka.«
»Ja, das hab ich mir auch gedacht. Aber …«
»Aber was?«
»Ich weiß auch nicht. Ich meine, ich hab irgendwie das Gefühl, dass es vielleicht falsch war, dich zu der Sache mit Lucas zu ermutigen.«
»Falsch?« Kylie packte Della am Arm. »Meinst du, es war falsch, Lucas hinterherzugehen oder mit ihm zusammen zu sein?«
Della runzelte die Stirn. »Beides.«
»Wie kommst du denn darauf?«, frage Kylie. Es verletzte sie, dass Della so etwas sagte – besonders jetzt, da ihre Gefühle sowieso schon so durcheinander waren.
»Es ist ja nicht so, dass ich Lucas nicht leiden kann. Aber er ist ein Werwolf und du ganz offensichtlich nicht. Ich gebe zu, ich dachte ja, dass du einer bist. Aber heute Abend, als du von Werwölfen umgeben warst, ist mir total klargeworden, dass du anders bist. Und nach dem, was seine Großmutter gesagt hat und jetzt auch noch sein Vater, glaube ich, dass seine Familie und sein Rudel sich dir in den Weg stellen werden.«
»Er hat mir gesagt, dass es ihm egal ist, was die anderen sagen.« Und das glaubte Kylie auch. Wirklich.
Della sah plötzlich traurig aus, und Kylie fühlte mit ihr.
Della seufzte. »Das hat Lee auch gesagt. Und schau dir an, was aus uns geworden ist.«
Das ist nicht das Gleiche.
Während Kylie auf der Veranda auf Lucas wartete, dachte sie darüber nach, was Della gesagt hatte und über ihren überhaupt so grauenhaften Tag.
Sie hatte mit ihrer Mom gesprochen, der sie versichern musste, dass es ihr gutging. Sie hatte mit Holiday gesprochen, die dasselbe von ihr verlangt hatte. In dem Moment klingelte ihr Handy schon wieder. Derek – zur Abwechslung –, der garantiert auch dasselbe hören wollte.
»Hey, ich wollte nur mal kurz hören, wie’s dir geht«, sagte er.
Schon komisch, dass sie ihn so gut einschätzen konnte. Sie wusste, wie er sich fühlte, ohne dass er etwas sagen musste, und so wusste sie auch, warum er sie anrief. »Es ist alles okay bei mir.«
»Wenn du jemanden zum Reden brauchst oder so – ich bin für dich da.« Er klang so wehmütig, dass ihr ganz schwer ums Herz wurde.
»Ich weiß«, antwortete sie. »Und ich weiß es zu schätzen.«
»Bist du in der Sache mit dem Geist weitergekommen?«
»Noch nicht.« Kylie konnte die Frustration in ihrem Tonfall nicht unterdrücken.
»Hast du mal mit Holiday darüber geredet?«, fragte er.
»Ja, kurz«, erwiderte Kylie. »Aber ich war nicht … na ja, ich hab ihr nicht alles erzählt.«
»Verdammt!«
»Was?«
»Es ist ihr Gesicht, oder? Der Geist sieht aus wie Holiday, hab ich recht?«
Kylie schloss die Augen. »Ja, aber bitte sag ihr nichts. Ich versuche erst, noch mehr herauszufinden, bevor ich Holiday etwas davon sage.«
»Ist sie denn in Gefahr? Hat das … irgendwas zu bedeuten?«
»Ich hab sie indirekt gefragt, und sie meinte, dass es unwahrscheinlich ist, dass es etwas Schlimmes bedeutet. Aber …«
»Aber was?«
»Es ist nur so gruselig«, gab Kylie zu. »Sie als Geist zu sehen, obwohl sie nicht tot ist.«
»Ja, das stell ich mir auch voll gruselig vor. Und du solltest damit nicht allein klarkommen müssen. Ich bin für dich da. Ich hab zwar keine Ahnung, wie ich dir helfen kann, aber wenn ich etwas tun kann, sag Bescheid.«
»Danke.« Sie lehnte sich an die Hüttenwand und in dem Moment überkam sie eine eisige Kälte. Geisterkälte.
»Und ich erwarte von dir nichts im Gegenzug«, betonte Derek. »Ich hab akzeptiert, dass wir nur Freunde sind.«
»Danke.« Der Geist, der aussah wie Holiday, stand über sie gebeugt und machte ein angestrengtes Gesicht. »Ich sollte jetzt besser auflegen.«
»Was ist los?«, wollte Derek wissen und Kylie fragte sich, ob er gerade ihre Emotionen lesen konnte.
»Ach … hab nur grad Gesellschaft bekommen.«
»Lucas?« Sein Tonfall machte unmissverständlich klar, was er von dem Werwolf hielt.
»Nein. Der Geist.«
»Oh. Dann lass ich dich mal in Ruhe. Aber Kylie …«
»Ja?« Sie stand auf, weil sie es nicht leiden konnte, wenn der Geist so auf sie hinabschaute.
»Ich bin für dich da.« Er meinte es wirklich ernst.
»Ich weiß.«
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