Verfolgt im Mondlicht
nicht so gut zeigen. Weißt du nicht mehr, wie sie dich immer ermuntert hat, dich wieder mit Perry zu versöhnen, als du so sauer auf ihn warst?«
»Ja, schon«, räumte Miranda ein, klang aber nicht allzu überzeugt. »Ich hab immer das Gefühl, gar nicht über Perry reden zu können, wenn sie dabei ist. Ich meine, ich verstehe das ja mit Lee, und ich will nicht, dass sie sich schlecht fühlt. Aber ich fände es schon schön, wenn ich mit ihr über mein Leben reden könnte. Und im Moment dreht sich mein Leben nun mal um Perry. Jetzt mal ehrlich, ich hab es satt, immer aufpassen zu müssen, was ich sage.«
»Ich glaub, du machst dir zu viele Gedanken. In ein, zwei Tagen wird alles wieder normal sein, und ihr beide könnt euch wie gewohnt an die Kehle gehen, ohne dass es irgendetwas mit Perry zu tun hat.«
Miranda atmete hörbar aus. »Du tust so, als würden wir uns die ganze Zeit streiten.«
»Nicht die ganze Zeit«, meinte Kylie. »Nur die meiste Zeit.«
Miranda zuckte die Achseln. »Egal. Also, was meinst du, kannst du mir helfen, Socke einzufangen, damit ich den Zauberspruch ausprobieren kann? Perry hat mir eine Stunde beim Üben zugeschaut. Ich will das jetzt hinkriegen.« Miranda wirkte geknickt. »Ich fühl mich sonst wie ein Loser.«
»Du bist aber kein Loser.« Kylie schaute auf den Boden. »Komm her, Socke. Komm her, Kleiner.«
Miranda ließ sich neben Kylie auf die Matratze fallen. »Ich fühl mich aber manchmal so, besonders wenn mich meine Hexenschwestern damit aufziehen. Ich bin voll die Null als Hexe.«
»Sie ziehen dich mit Socke auf?«, fragte Kylie erstaunt.
»Ja. Und ich kann es ja verstehen. Das hab ich echt vermasselt.«
»Ach, vergiss die.« Kylie winkte ab. »Du solltest dir ’nen Zauberspruch suchen, mit dem du ihnen Legasthenie hexen kannst. Dann sollen die mal sehen, wie sie damit klarkommen.«
»Sie meinen es ja nicht böse«, entgegnete Miranda.
»Aber es tut dir trotzdem weh.« Kylie war sauer auf die anderen. Sie hasste es, wenn sich jemand über ihre Freunde lustig machte. Die meisten taten das nur, um sich selbst besser zu fühlen.
Miranda stand wieder auf. »Aber sie machen doch nur Spaß.« Sie kniete sich vors Bett und tippte mit den Fingerspitzen auf den Boden. »Hierher, Katerchen.«
Mirandas Worte schienen von den Schatten im Zimmer aufgesaugt zu werden. Kylie ließ einen Fuß vom Bett baumeln und bewegte mit der Ferse die Stoffbordüre, die vom Bettrahmen bis zum Boden reichte.
Sie wartete darauf, dass Socke ihre Ferse attackieren würde. Doch stattdessen fühlte sie eine eisige Kälte, die unter dem Bett hervorzuwabern schien. Eine eisige Kälte, die Kylie nichts Gutes ahnen ließ.
Sie schaute Miranda an. »Warum wartest du nicht einfach draußen und ich … ich bring ihn dir dann. Der kommt bestimmt erst raus, wenn du weg bist.« Irgendwie schien der Raum plötzlich dunkler zu werden. Kylie hoffte, dass Socke der Einzige war, der sich unter dem Bett versteckte.
Miranda rappelte sich auf. »Ich versteh echt nicht, warum er mich nicht leiden kann«, murmelte sie, verließ aber folgsam das Zimmer.
Kylie stand vorsichtig auf und behielt die Bordüre immer im Blick. »Socke?«
Doch kein kleines Stinktier streckte den Kopf unter dem Bett hervor. Kein leises Geräusch ertönte, das ihr sagte, dass es ihm gutging.
Kylie holte tief Luft und ließ sich auf die Knie nieder. Sie starrte den bewegungslosen Stoff an. Sie widerstand der Versuchung, dagegenzupusten. Aus irgendeinem Grund wollte sie sehen, dass sich etwas bewegte; die Unbeweglichkeit des Materials kam ihr nicht richtig vor. Nichts kam ihr hier gerade richtig vor.
Sie streckte die Hand nach dem Baumwollstoff aus, um ihn anzuheben. Sie betete, dass darunter nur ein verschrecktes Stinktier zum Vorschein kommen würde. Kylies Finger berührten schon fast den Stoff, als sie ein flüsterndes Geräusch – wie ein Stöhnen oder einen erstickten Schrei – von unter dem Bett hörte. Sie riss die Hand zurück. Ihr stockte der Atem. Das klang aber gar nicht nach Socke.
Eine eisige, unnatürliche Kälte kam unter dem Bett hervorgekrochen und stieg in kühlen Wolken auf. Kylie war wie gelähmt vor Furcht. Sie schielte zurück zur Tür. Sie wünschte, sie könnte einfach abhauen. Doch das ging nicht. Ihr Instinkt sagte ihr, dass Socke nicht allein unter diesem Bett war.
Immer noch auf allen vieren schob sie sich langsam rückwärts. Wie oft hatte sie als kleines Mädchen Angst vor einem Monster unter ihrem Bett
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